Fleisch gehört für viele regelmässig auf den Speiseplan. Doch es herrscht Uneinigkeit darüber, ob dieses Lebensmittel bedenkenlos gegessen werden kann oder ob es der Gesundheit schadet. Denn Ernährungsstudien kommen zu widersprüchlichen Ergebnissen, und Verbrauchern fällt es schwer, den Überblick zu behalten. Wir klären mit einer Expertin, worauf es ankommt.

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Hierzulande wird gerne Fleisch gegessen. Doch obwohl es dem Körper wichtige Nährstoffe liefert, steht Fleisch im Verdacht, Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und auch Krebserkrankungen zu begünstigen. Wer sich gesund ernähren möchte, sollte Fleisch und Fleischwaren deshalb nur in Massen zu sich nehmen. Darüber waren sich Wissenschaftler in den letzten Jahren häufig einig.

"Fleisch ist grundsätzlich ein gesundes Lebensmittel und hat eine hohe biologische Wertigkeit. Wenn das Verhältnis von Obst, Gemüse und Fleisch passt, kann man guten Gewissens Fleisch essen. Die meisten konsumieren aber viel zu viel Fleisch, und ein 'Zu-viel' ist nie gut für die Gesundheit", sagt Monika Bischoff, Diplom-Ökotrophologin und Leiterin des Zentrums für Ernährungsmedizin und Prävention am Krankenhaus Barmherzige Brüder in München.

Studienlage zu Fleisch führt in die Irre

Im Oktober vergangenen Jahres stufte ein internationales Forscherteam den Verzehr von rotem Fleisch überraschenderweise als gesundheitlich unbedenklich ein. In unterschiedlichen Untersuchungen fanden die Wissenschaftler nur schwache Hinweise darauf, dass ein geringer Fleischverzehr die Sterblichkeit an möglichen Herz-Kreislauf-Erkrankungen vermindere.

Zu einer Reduktion des Verzehrs von Fleisch oder daraus hergestellten Fleischwaren rieten sie dementsprechend nicht. Viele Wissenschaftler und Institutionen hielten das für verantwortungslos und veröffentlichten daraufhin Gegendarstellungen.

Aktuell kommt eine im Februar veröffentlichte US-Studie (JAMA Internal Medicine) zu dem Ergebnis, dass nicht nur rotes Fleisch, sondern auch verarbeitetes Fleisch und helles Hühnerfleisch das Risiko erhöhen, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu erleiden.

Bei dieser Studie wurden die Gesundheitsdaten und Krankheitsverläufe von knapp 30.000 Studienteilnehmern über den Zeitraum von 19 Jahren beobachtet, die Angaben zu Ernährungsweisen machten die Teilnehmer selbst.

Das Forscherteam belegte unter anderem, dass der Verzehr von zwei Portionen verarbeitetem Fleisch pro Woche die Wahrscheinlichkeit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung um sieben Prozent erhöht - im Vergleich zu einer fleischlosen Ernährung.

Darum unterscheiden sich Ernährungsstudien

Wie kann es sein, dass Studien zu derart unterschiedlichen Ergebnissen kommen? Bei Untersuchungen hinsichtlich ernährungsmedizinischer Aspekte handelt es sich in der Regel um Beobachtungsstudien. Hierbei werden die Studienteilnehmer angewiesen, über einen bestimmten Zeitraum Buch darüber zu führen, wie sie sich ernähren.

Um welche Lebensmittel es sich aber im Detail handelt, ob sie zum Beispiel rotes, fettiges oder ein helles, mageres Stück Fleisch, Schinken oder verarbeitete Wurstwaren zu sich nahmen, wird dabei in der Regel nicht abgefragt. Oder ob das Fleisch nur leicht erhitzt oder länger auf den Grill gelegt wurde - auch wenn solche Faktoren erheblichen Einfluss auf das Ergebnis der Studie haben können.

Zudem fliesst in die Bewertung häufig nicht mit ein, ob die Teilnehmer einen gesunden Lebensstil pflegen oder während der Studienzeit rauchen und Alkohol trinken.

"Bei Ernährungsstudien kann es keine eindeutigen Aussagen geben. In Bezug auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder andere Krankheitsbilder spielen viele äussere Faktoren und auch die genetische Veranlagung eine Rolle. Das Problem ist, dass Studien selten hinterfragt werden und Laien in der Regel nicht zuordnen können, welche Studien tatsächlich geeignet sind", sagt die Ernährungswissenschaftlerin.

Je nachdem, welche Aspekte in Beobachtungsstudien ausgewertet werden, kann das Ergebnis unterschiedlich ausfallen. Die tatsächliche Aussagekraft der Untersuchungen ist dementsprechend oft nicht klar einzuordnen.

Obst und Gemüse wichtig für gesunde Ernährung

Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass viele Krankheitsbilder wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Entzündungen oder Krebsarten auch durch einen übermässigen Fleischkonsum verursacht oder verstärkt werden können. Bischoff rät deshalb dazu, sich beim Verzehr von Fleisch an den Angaben der "Planetary Health Diet" zu orientieren.

Wissenschaftler geben hier Empfehlungen für eine Ernährung, die die Gesundheit des Menschen und die Umwelt schützt. Die Tagesration an rotem Fleisch sollte demnach 14 Gramm nicht übersteigen, bei Geflügel sind es 29 Gramm.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) verweist in ihren zehn Regeln für vollwertige Ernährung darauf, nicht mehr als 300 bis 600 Gramm Fleisch pro Woche zu essen. Vor allem Obst und Gemüse sollte täglich konsumiert werden.

"Wer Fleisch essen möchte, dem empfehle ich ein gewachsenes Stück Fleisch, das noch nicht verarbeitet wurde. Wichtig ist auch die schonende Zubereitung, denn beim Erhitzen entstehen krebserzeugende Stoffe", sagt die Expertin.

Verwendete Quellen:

  • Interview mit Monika Bischoff, Diplom-Ökotrophologin und Leiterin des Zentrums für Ernährungsmedizin und Prävention am Krankenhaus Barmherzige Brüder in München
  • Studie Fleischkonsum im "Annals of Internal Medicine"
  • Studie Fleischkonsum im "JAMA Internal Medicine"
  • Bundeszentrum für Ernährung: "Planetary Health Diet"
  • Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.: Die Aussagen der NutriRECS Experten zum Verzehr von rotem und verarbeitetem Fleisch
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