Der unterschiedliche Umgang mit Männern und Frauen in der Medizin führt häufig dazu, dass Frauen benachteiligt werden. Das ist auch bei der Krebsvorsorge und -behandlung der Fall. Expertinnen und Experten gehen in einer aktuellen Studie davon aus, dass zwei Drittel der Krebstode bei Frauen bei besserer Betreuung verhindert werden könnten.
Frauen sind nach zahlreichen Studien weltweit in der Krebsvorsorge, -diagnose und -behandlung gegenüber Männern im Nachteil. Eine neue Kommission will das ändern. Die "Lancet Kommission Frauen, Macht und Krebs" stellte sich diese Woche in der Fachzeitschrift "The Lancet Global Health" vor. Die Ko-Vorsitzende, Ophira Ginsburg vom Nationalen Krebsinstitut in den USA, verlangte die "sofortige Einführung eines feministischen Ansatzes für Krebs."
Krebs gehört nach einer parallel dazu im selben Fachjournal erschienenen Studie in praktisch allen Ländern der Welt zu den drei wichtigsten Todesursachen bei Frauen unter 70. Die Autorinnen und Autoren kommen zu dem Schluss, dass zwei Drittel der Krebstodesfälle von Frauen entweder durch die Beseitigung von Risikofaktoren oder durch eine frühere Diagnose vermieden werden könnten. Die Frauen könnten überleben, wenn sie nach einer Krebsdiagnose optimal betreut würden. Auch der Umgang mit Krebspatientinnen müsse sich ändern, verlangt die Kommission.
Keine ausreichende Aufklärung von Frauen über Krebs-Risikofaktoren
Frauen seien nicht nur von Brust- oder Gebärmutterkrebs betroffen. 300.000 Frauen unter 70 sterben im Jahr weltweit an Lungenkrebs und 160.000 an Darmkrebs, und in einigen Ländern sterben mehr Frauen an Lungen- als an Brustkrebs, so die Kommission. Im Jahr 2020 seien zwei Drittel der rund drei Millionen diagnostizierten Krebsfälle unter 50 Frauen gewesen. Über die gesamte Lebensspanne und alle Krebsarten hinweg sei das Risiko bei Frauen und Männern etwa gleich.
Frauen hätten schlechtere Chancen, früh und gut gegen Krebs behandelt zu werden, so die Kommission. Wenn Frauen krank seien, zögerten sie den Arztbesuch manchmal hinaus, um sich um die Familie zu kümmern. Studien hätten gezeigt, dass Krebspatientinnen öfter über mangelnde Schmerztherapie klagten als Männer.
Frauen seien auch nicht genügend über die Krebs-Risikofaktoren Tabak, Alkohol, Adipositas (Fettleibigkeit) und Infektionen aufgeklärt. Zum Beispiel hätten 2019 in Grossbritannien nur 19 Prozent der Frauen, die eine Mammografie für Brustkrebserkennung durchführen liessen, gewusst, dass Alkohol einer der grössten Risikofaktoren für Brustkrebs ist.
Fokus beim Umgang mit Krebs eher auf Männern
Dass sich in vielen Ländern meist Frauen um kranke Angehörige kümmern, führe auch dazu, dass weniger Frauen Führungspositionen in Krebsforschung, -behandlung und -strategieentscheidungen einnehmen. Das wiederum verstärke das gängige Muster, dass der Fokus im Umgang mit Krebs oft zu wenig auf Frauen liege, schreibt die Kommission.
Regierungen müssten ihre Politik ändern und Gesundheitsdienste mehr Fokus auf Frauen legen, verlangt die Kommission. Mitglieder sind Experten unter anderem zu Krebsforschung, -vorbeugung und -behandlung sowie Wirtschaft- und Sozialpolitik. Sie sollen Vorschläge für Regierungen und Gesundheitssysteme erarbeiten, um die Benachteiligung von Frauen zu beenden. (dpa/cze)
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