Übergewicht ist gefährlich: Studien zufolge steigt mit den Pfunden das Risiko für Folgeerkrankungen, während die Lebenserwartung sinkt - im Schnitt um fast drei Jahre! Mit diesen Werten erkennen Sie, ob Ihre Leibesfülle noch normal oder schon bedenklich ist.

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Die abendliche Tüte Chips auf der Couch, die Liebe zur Schokolade oder der innere Schweinehund, wegen dem man statt regelmässigem Sport lieber gemütlich liegen bleibt: Fast jeder hat Vorlieben, die Speckröllchen mit sich bringen können. Doch was, wenn das Gewicht immer weiter steigt und die Pfunde nicht mehr schwinden wollen? Ab wann ist man leicht übergewichtig und wo fängt das krankhafte Übergewicht, die sogenannte Adipositas, an?

Sorge an Übergewicht berechtigt

Die Sorge ist berechtigt, denn unsere Gesellschaft wird immer dicker. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren 2017 stattliche 53 Prozent der Bevölkerung in Deutschland übergewichtig - 16 Prozent davon sogar in krankhaftem Ausmass. Dabei ist die Tendenz steigend: In den letzten 20 Jahren ist die Zahl der übergewichtigen Menschen hierzulande um 6,4 Millionen Betroffene gestiegen.

Die Masse der überschüssigen Pfunde belastet den Körper nicht nur erheblich, sondern senkt auch die Lebenserwartung. Das ergab eine im Oktober 2019 erschienene Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Ihr zufolge reduzieren auf Adipositas und Übergewicht zurückzuführende Krankheiten die Lebensdauer im Schnitt um fast drei Jahre. Je nach Schweregrad sind es sogar bis zu zwölf Jahre, schreibt die Deutsche Adipositas-Gesellschaft (DAG).

Laut OECD kann bis zum Jahr 2050 in den Industrienationen und Schwellenländern mit 92 Millionen auf starkes Übergewicht zurückzuführenden, vorzeitigen Todesfällen gerechnet werden.

BMI definiert Übergewicht

Um Übergewicht zu erkennen und einzustufen ist bis heute der sogenannte Body-Mass-Index (BMI) entscheidend. Er gibt Aufschluss über das Verhältnis der Körpergrösse zum Gewicht.

Berechnet wird der BMI anhand der Formel:

BMI= Körpergewicht / (Körpergrösse)²

Hier ein Beispiel für eine 84 Kilogramm schwere und 1,65 Meter grosse Frau:

1,65 x 1,65 = 2,72

BMI = 84 : 2,72 = 30,9

"Ab einem Body-Mass-Index von über 30 spricht man von Adipositas Grad eins", erläutert Dr. Stefanie Gerlach, Vorstandsmitglied der DAG. Unter Übergewicht fällt gemäss der Definition der Weltgesundheitsorganisation schon ein BMI von 25 bis 29,9. Ein BMI über 35 entspricht einer Adipositas-Erkrankung von Grad zwei. Bei einem BMI von mehr als 40 handelt es sich um Grad drei.

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Der BMI steht immer wieder in der Kritik, weil er hinsichtlich der Verteilung von Körperfett und Muskelmasse nicht aufschlussreich ist. So kann es sich auch schon bei einem BMI unter 30 um zu viel ungesundes Bauchfett, die sogenannte abdominale Adipositas handeln.

Deshalb sollte zusätzlich zum Body-Mass-Index auch der Taillenumfang ermittelt werden. "Die Fettanlagerungen direkt im Rumpfbereich sind für den Stoffwechsel besonders ungünstig. Sie können auch bei leichtem Übergewicht zu gross sein", so Gerlach.

Kritisch wird das Bauchfett bei Frauen mit einem Taillenumfang grösser als 88 Zentimeter und bei Männern ab 102 Zentimetern. Um den Taillenumfang zu messen, legen Sie ein Massband zwischen den oberen Beckenrand und den unteren Rippenbogen.

Umgekehrt kann der BMI Sportlern, die über viel schwere Muskelmasse und wenig Körperfett verfügen, fälschlicherweise Übergewicht attestieren. Für diese Personengruppe ist eine professionelle Körperanalysen zum Beispiel im Fitnessstudio empfehlenswert. Dort kann die genaue Körperfettmasse betrachtet und im Verhältnis zu Muskel- und Knochenmasse sowie zum Wasseranteil analysiert werden.

Normaler Körperfettanteil bei Männern geringer

Allgemein gilt ein Körperfettanteil (KFA) von 21 bis 33 Prozent bei Frauen zwischen 20 bis 39 Jahren als normal. Mit zunehmendem Alter erhöht sich der Normalwert um zwei bis maximal drei Prozent. Bei Männern zwischen 20 und 29 Jahren gilt ein KFA von acht bis 20 Prozent als normal.

Jedoch ist auch der KFA nur bedingt aussagekräftig. So haben Profisportler oftmals einen extrem niedrigen Körperfettanteil von zehn bis zwölf Prozent. Bei Bodybuilder kann er bei Wettkämpfen sogar bei fünf Prozent liegen. Dabei gilt ein KFA ab unter 24 Prozent bei Frauen, bei Männern ab acht Prozent als niedrig. Deshalb ist es wichtig, den KFA in Relation zur Muskelmasse zu betrachten.

Neben dem BMI, dem Taillenumfang und dem KFA kann die Waist-to-Height-Ratio (WHtR), das Verhältnis von der Taille zur Körpergrösse, Aufschluss über die körpereigene Fettverteilung geben.

Sie wird berechnet anhand der Formel:

WHtR = Taillenumfang / Körpergrösse

Der kritische Bereich liegt bis zu einem Alter von 40 Jahren bei einer WHtR grösser 0,5. Ab 50 Jahren bei 0,6. Die WHtR lässt im Gegensatz zum BMI mehr Rückschlüsse auf das schädliche Bauchfett und die Körperform zu. Allerdings berücksichtigt die WHtR den Faktor Gewicht nicht. Die Waist-to-Height-Ratio wird von Experten als Alternative zum BMI diskutiert, bislang allerdings ohne sich als offizielles Mass zur Definition von Übergewicht durchzusetzen.

Alle vier genannten Methoden haben ihre Schwächen. Wer weder Athlet noch Profisportler ist, kann jedoch anhand der Berechnung seines BMIs plus seinem Taillenumfang oder der WHtR die Antwort darauf finden, ob bei ihm schädliches Übergewichtig vorliegt. Bei weiteren Unstimmigkeiten ist die Körperanalyse sowie die Beratung durch einen Fitnesstrainer oder Arzt empfehlenswert.

Übergewicht begünstigt über 60 Folgeerkrankungen

Was Übergewicht so gefährlich macht, sind seine Folgen. Ein BMI ab 30 sowie zu viel Bauchfett gelten als Risikofaktor und Auslöser für insgesamt über 60 weitere Krankheiten. "Dazu gehören die Gefahr einer Fettleber, Diabetes Typ 2, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen aber auch solche des Knochenapparates, etwa ein Drittel der Krebsleiden und psychische Erkrankungen wie Depressionen", sagt Gerlach.

Bei krankhaftem Übergewicht handelt es sich um eine chronische Erkrankung. Es gibt aber therapeutische Möglichkeiten, die Krankheit in Schach zu halten. Zu ihnen zählen Verhaltens- und Ernährungstherapie, der Besuch von Selbsthilfegruppen, regelmässige Bewegung, ärztliche Kontrollen sowie mögliche Operationen wie eine Magenverkleinerung.

Verwendete Quellen:

  • Statistisches Bundesamt: Zahl der Woche, 53 Prozent der Erwachsenen waren 2017 übergewichtig
  • Statista: Anteil von Übergewichtigen in Deutschland nach Bundesländern in den Jahren 1999 bis 2017
  • Gespräch mit Dr. Stefanie Gerlach, Vorstandsmitglied und Mediensprecherin der Deutschen Adipositas-Gesellschaft
  • Deutsche Adipositas-Gesellschaft (Hrsg..): Medienleitfaden Adipositas
  • Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD): Tackling obesity would boost economic and social well-being
  • Weltgesundheitsorganisation (WHO): Body-mass-index
  • Klassifikation Körperfett, basierend auf Gallagher et al., American Journal of Clinical Nutrition, Vol. 72, Sept. 2000
  • Bergische Universität Wuppertal. Institut für Sportwissenschaft: WHtR statt BMI?
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