Es liegt nun in der Hand der EU-Kommission, ob sie den Anbau der gentechnisch veränderten Maissorte 1507 erlaubt. Während sich Österreich klar dagegen ausgesprochen hat, enthält sich Deutschland seiner Stimme - die Regierung ist sich nicht einig, ob Genmais auf europäischen Feldern wünschenswert ist oder nicht. Damit steht sie nicht alleine da. Bei kaum einem Thema gehen die Meinungen derart auseinander. Seit Jahren schon streiten Wissenschaftler, Politiker und Umweltschützer um die Gentechnik in der Landwirtschaft.

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Darum geht es diesmal

Der Genmais 1507 klingt nach einer wahren Wunderpflanze: Er ist resistent gegen Unkrautvernichtungsmittel und produziert ausserdem selbst ein Gift, das ihn gegen Schädlinge schützt. Allerdings hat der Mais diese Eigenschaften nicht durch herkömmliche Züchtung erhalten. Stattdessen wurden dieser Sorte Gene eingepflanzt, die vom Bakterium Bacillus thuringiensis stammen. Er wird darum auch Bt-Mais genannt.

Das sagen die Befürworter

Ein Hauptargument für den Mais 1507: Er kann Insektengift selbst produzieren. Dadurch müssen weniger Pestizide gespritzt werden. Das schone wiederum die Umwelt, sagen die Befürworter: Es würden effektiv nur die Schädlinge getötet, die auch den Mais angreifen. Zudem werden gleichzeitig die oft zusammen mit dem Schädlingsbefall eintretenden Pilzinfektionen der Maispflanze verhindert, sagt Wolfgang Friedt, Experte für Pflanzenzüchtung an der Universität Giessen. Dadurch würde der Mais weniger mit Pilzgiften belastet.

Ein weiteres Argument für den Mais 1507: Da er sich selbst gegen Schädlinge schützt, bewahrt er damit auch die Bauern vor Ernteausfällen. Überhaupt wird Gentechnik oft damit verteidigt, dass sie weltweit die Erträge steigern und so gegen Hungersnöte helfen könne. Bei bestimmten Pflanzen wie Weizen oder Reis trifft das auch zu. In diesem Fall jedoch ist der Mais vor allem für Tierfutter und Biogasanlagen vorgesehen. Profitieren würden vor allem die Bauern. In den USA, wo der Genmais schon seit Jahren angebaut wird, haben die Farmer in den untersuchten drei Bundesstaaten dadurch einen Gewinn von mehr als drei Milliarden Dollar gemacht, fand eine Studie heraus. Weil die Population der Schädlinge allgemein zurückging, profitierten davon auch Bauern, die selbst keinen Genmais anbauten.

Die Befürworter bringen zu guter Letzt gerne an, dass eine Gefährdung von Mensch, Tier oder Umwelt bislang noch nicht nachgewiesen worden sei. Tatsächlich hat auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) den Mais 1507 für weitgehend unbedenklich erklärt.

Das sagen die Gegner

Die Kritiker bemängeln immer wieder, dass es zu wenige verlässliche Studien darüber gebe, welche Auswirkungen gentechnisch veränderte Pflanzen tatsächlich auf die Umwelt haben. "Es ist ein grosses Freisetzungsexperiment mit unbekanntem Ausgang", sagt Christoph Then vom gentechnik-kritischen Verein Testbiotech. Die Daten würden nicht ausreichen, um zu sagen, wie gefährlich der Mais 1507 nicht nur für Schädlinge, sondern auch für andere, geschützte Schmetterlingsarten oder Bienen ist. Greenpeace bemängelt, dass nicht klar sei, wie hoch der Giftanteil in den einzelnen Pflanzenteilen genau ist. Die Befürchtung: Über die Wurzeln könne das Gift in die Gewässersysteme oder in die Erde gelangen und dort das Bodenleben stören.

Zudem befürchten die Kritiker gesundheitliche Folgen für uns Menschen. Eine Studie weist zum Beispiel auf Nierenschäden bei Ratten hin, die mit Genmais gefüttert worden waren. Sie ist jedoch umstritten. Eine andere Gefahr ist realistischer: Dass Genpflanzen das Risiko für Allergien und chronische Entzündungen steigern. Durch die Einpflanzung von fremdem Erbgut entstünden ungewollte Stoffe, die für den Menschen schädlich sein könnten, sagt Then.

Angst haben die Gegner auch vor einer unkontrollierten Verbreitung des Genmais. Einmal freigesetzt liesse er sich nicht aus der Umwelt zurückholen, bemängelt Greenpeace. Dadurch würde die gentechnik-freie Landwirtschaft gefährdet. Zwar gibt es Abstandsregeln für den Anbau, doch Pollen und Bienen halten sich nicht an solche Begrenzungen.

Das könnte die Landwirte, die auf Genmais verzichten wollen, in Bedrängnis bringen. Sie müssten grosse Anstrengungen unternehmen, um Verunreinigungen zu vermeiden. Überhaupt sei die Entwicklung für die Bauern fraglich, sagt Then. Denn das gentechnisch veränderte Saatgut sei patentiert und sehr teuer. Zudem besteht die Gefahr, dass die Landwirte zunehmend abhängig von einem Anbieter werden. In den USA zum Beispiel vertreibt der Konzern Monsanto sowohl das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat als auch die dagegen resistente Maissorte.

Und noch eine Gefahr besteht: Dass sich der Vorteil ins Gegenteil verkehrt. Dann nämlich, wenn die Schädlinge resistent gegen das Gift des Mais 1507 werden. In diesem Fall müsste doch wieder gespritzt werden. Diese Gefahr sieht auch die EFSA. Die Genmais-Gegner fordern darum, die Schädlinge lieber mit herkömmlichen Methoden zu kontrollieren, zum Beispiel mit gründlichem Pflügen.

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