- Bei einem Lipödem ist die Fettverteilung im Körper gestört.
- Vermehrtes Fett an Armen und Beinen schmerzt körperlich, aber auch seelisch.
Unzählige Diäten und Sport - und trotzdem bleibt das Fett an Beinen und Armen. Dann handelt es sich möglicherweise um Lipödem. Betroffene leiden unter starken Schmerzen - körperlich sowie seelisch. Denn was für Aussenstehende oft nur ein körperlicher Makel ist, bedeutet für sie einen langen Leidensweg.
Die genauen Hintergründe der Erkrankung, die fast ausschliesslich bei Frauen auftritt, sind noch nicht vollständig geklärt. Prof. Manuel Cornely ist Facharzt für Dermatologie und Venerologie in Köln und forscht seit 1992 zum Lipödem. Er erklärt es so: Es handele sich um eine angeborene Fettverteilungsstörung. Getriggert werde diese durch hormonelle Veränderungen in der Pubertät, in der Schwangerschaft und in der Menopause.
Lipödem macht Fettabbau unmöglich
Die Betroffenen haben dicke Beine und laut Cornely in 90 Prozent der Fälle auch dicke Arme, während der Rumpf, die Füsse und die Hände schlank sind - beziehungsweise es dort möglich ist, durch Diäten und Sport Fett abzubauen. An den Beinen und Armen ist das bei Betroffenen nicht möglich, wie Cornely erklärt. Zudem haben die Betroffenen bei leichtem "Druck" Schmerzen. Dieser Druckschmerz setze an den Armen meist einige Jahre später ein als an den Beinen.
Die Erkrankung wird in drei Stadien unterteilt, wie Mojtaba Ghods erklärt. Er ist Leiter der Arbeitsgemeinschaft Lipödem in der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen.
Im ersten Stadium ist die Haut noch glatt, die Unterhaut der Beine und Arme meist aber bereits verdickt. Im zweiten Stadium ist die Haut knotig und uneben und die Extremitäten sind verdickt. Im dritten Stadium sind Arme und Beine dick, uneben und das überschüssige Gewebe wölbt sich in Form sogenannter Wammen häufig an den Innenseiten der Knie hervor. Ghods betont: "Die Schmerzen sind nicht stadienabhängig."
Lipödem könnte genetisch bedingt sein
Wie der individuelle Verlauf sein wird, lässt sich schwer absehen, sagt Cornely. Wer beispielsweise ein Lipödem Stadium eins habe, habe nicht automatisch fünf oder zehn Jahre später eines im Stadium zwei oder drei. Aber: "Die Entwicklung ist nicht rückläufig." Hilfreich könne es sein, sich die Frauen in der eigenen Familie mit einer ähnlichen Körperform anzusehen. "Das ist oft ein Blick in die Zukunft", erklärt Cornely.
Er ist sich sicher, dass das Lipödem genetisch bedingt ist. Für Betroffene bedeute die Erkrankung enorme Einbussen in der Lebensqualität und habe Auswirkungen auf das ganze Leben - von der Freizeitgestaltung bis hin zur Familienplanung. Daher ist Cornely wichtig, seine Patientinnen ernst zu nehmen und ihnen gegenüber zu betonen: "Sie sind nicht schuld."
Was sind die Behandlungsmöglichkeiten bei Lipödem?
Die konservative Behandlung des Lipödems nennt sich Komplexe Physikalische Entstauungstherapie (KPE) und beinhaltet die manuelle Lymphdrainage, die Kompression sowie Bewegungstherapie und Hautpflege. Die KPE soll den Abtransport der Lymphe unterstützen. Konservative Therapie lindere zwar die Beschwerden, beseitige sie aber nicht dauerhaft, so Cornely. "Eine endgültige Behandlung ist die operative Entfernung des Lipödem-Fettgewebes."
Die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) tragen die Kosten für die konservative Therapie wie Lymphdrainage und Kompressionsbehandlung. Die Liposuktion - so der Oberbegriff für operative Fettabsaugungen - fällt bislang nicht in ihren Leistungskatalog, da für diese Methode bisher keine ausreichende Evidenz für einen Nutzenbeleg vorlag, wie Janka Hegemeister vom GKV-Spitzenverband erklärt.
Es gibt allerdings eine Ausnahme: Vorerst bis Ende 2024 werden Patientinnen, die ein Lipödem Stadium drei haben, unter bestimmten Bedingungen operativ auf Kosten der Kassen behandelt. Bis dahin soll eine Studie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA), der über den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen entscheidet, Aufschluss über den Nutzen der Liposuktion geben.
Ansonsten müssen Patientinnen die Kosten für die OP selbst tragen: Laut Cornely betragen diese in seiner Klinik 5.700 Euro pro Eingriff. (spot/dpa)
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