Während so manche Branche in den vergangenen Jahren mit Umsatzeinbrüchen oder gar ums Überleben kämpfen musste, ist die Fitness-Industrie stark wie nie zuvor. Millionen Deutsche strömen regelmässig in die Studios, um ihren Körper zu stählen und sich als Ausgleich zum Büroalltag fit zu strampeln. Dieses sportliche Interesse beschert den Studio-Betreibern Milliardenumsätze, Tendenz steigend. Um das Aufstreben der Branche nicht zu teuer zu bezahlen, gibt es beim Vertragsabschluss für den Einzelnen allerdings einiges zu beachten. Wir haben Fakten und Tipps um das boomende Geschäft mit der Fitness zusammengetragen.

Mehr zum Thema Gesundheit

Das Angebot stimmt

Der Fitness-Markt in Deutschland wächst seit den 1980er Jahren kontinuierlich und so steigen nicht nur die Mitgliederzahlen, auch die Auswahl an Studios nimmt zu. Längst gibt es nicht mehr nur individuelle "Muckibuden" mit sehr unterschiedlicher Ausstattung, sondern auch Ketten, die sich die Ertüchtigung von Körper und Seele auf die Fahnen geschrieben haben. Dabei geht der Nutzungstrend von der vordergründigen Muskeldefinition hin zum präventiven Kraft- und Ausdauertraining. Vom Lehrling bis zum Rentner: Jeder versucht, den eigenen Körper in Form zu halten, oft bei mehreren Trainingseinheiten in der Woche. Zugleich dienen die exzellent ausgestatteten Studios als willkommener Treffpunkt. Zur Verfügung stehen nicht nur eine Vielzahl an spezialisierten Fitnessgeräten, sondern oft auch Cafés und Restaurants, Saunen, Schwimmbäder und Tennisplätze.

Das zunehmende Interesse der Deutschen an einer gesunden Lebensweise kommt der Fitnessbranche zugute, nützt aber auch dem Einzelnen. So ist die Auswahl an Studios gerade in den Grossstädten derart gewachsen, dass lange Anfahrtswege der Vergangenheit angehören. Auch bei den Öffnungszeiten hat es Bewegung gegeben. Während man beim Einkaufsversuch nach 20 Uhr in den meisten Bundesländern noch vor verschlossenen Türen steht, herrscht hinter den Scheiben der Fitness-Giganten rund um die Uhr reges Treiben. 24 Stunden täglich, 365 Tage im Jahr - und das teilweise für monatlich nur 35 Euro. So oder doch so ähnlich lockt so mancher Anbieter seine Kunden. Mit Erfolg, denn das Konzept stimmt: Es ermöglicht den Ausgleich zum oft zu langen und bewegungsarmen Arbeitsalltag.

Und so lässt sich nicht nur der Freizeit-Bodybuilder sonst längst auch der träge "Büromensch" individuelle Trainingspläne erstellen und arbeitet die speziell für ihn geprägten Ziele minutiös an den Geräten ab. Chipkarten und andere elektronische Datenspeicher halten Erfolge und Versagen fest. Sie sagen was zum Abarbeiten bleibt, erstellen Grafiken, die ein Fernbleiben ebenso spiegeln wie besonderes Engagement und das Wahrnehmen zusätzlicher Kurse und Entspannungsofferten. Stechuhren einer Freizeitindustrie, die ticken wie aus dem Arbeitsalltag gewöhnt. Statt Managern kommen am Ende des Trainingszyklus die Fitnesstrainer mit ihrer Auswertung. Nur Bonuszahlungen gibt es hier noch nicht.

Zahlen

Die Unternehmensberatung Deloitte und das Institut für Demoskopie Allensbach stellen in Ihren aktuellen Erhebungen und Studien zur Situation der deutschen Fitnesswirtschaft übereinstimmend fest, dass ungefähr 7,5 Millionen Deutsche sich aktiv in den mehr als 7.000 Fitness-Anlagen des Landes betätigen. Immerhin 3,2 Millionen von ihnen besuchten nach Angaben von Allensbach mehrmals in der Woche ein Studio. Auch ein Vergleich der Jahre 2011 und 2012 zeigt, dass sich die Mitgliederzahlen in den Fitnesseinrichtungen leicht erhöht haben. Ein Trend, der allen Krisen zum Trotz seit Jahren anhält.

Laut Deloitte waren 2005 bereits stolze sechs Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung aktiv, 2011 ist diese Zahl auf über neun Prozent gestiegen. Damit sind die Fitnesstreibenden sogar den Freizeit-Kicker zahlenmässig überlegen.

Den grössten Mitgliederstamm können die Ketten McFit - mit dieser Kette, die auch europaweit die Nase vorn hat, startete vor 15 Jahren die "Discount-Fitness" - und Fitness First Germany verbuchen. Die Branche hat Potential und macht gute Umsätze: 2011 wurden etwa vier Milliarden Euro erwirtschaftet. Das war den Deutschen ihre sportliche Fitness wert.

Nicht alle Landesteile sind gleichmässig am Fitnesstrend beteiligt. Überdurchschnittlich sind sowohl die Mitglieder- als auch die Studiozahlen in den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg. Betrachtet man die Bundesländer, liegen Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern weit vorn. Hier befinden sich laut der Deloitte-Studie mehr als die Hälfte aller Fitnessanlagen. Trauriger sieht es in den östlichen Ländern aus, in denen die Mitgliederzahlen nur zwischen vier und sechs Prozent der Bevölkerung liegen.

Wenn Sie einen Vertrag abschliessen

Für Neueinsteiger zählen zuerst die räumlichen Gegebenheiten und die Kursangebote, aber auch der Vertrag mit dem Studio ist wichtig. Um die Alltagstauglichkeit des eigen guten Vorsatzes prüfen zu können, empfiehlt sich eine kurze Vertragslaufzeit, selbst wenn diese Variante zunächst teurer ist. Bei Monatsbeiträgen etwa zwischen 17 und 100 Euro geht es für Wankelmütige beim verfrühten Ausstieg um viel Geld. Sich selbst über die dauerhafte Zahlungsverpflichtung zur Fitness zu zwingen, klappt erfahrungsgemäss nicht lange. Da sind die Erfolgsaussichten schon höher, wenn man den Einstieg in die Fitesswelt mit Gleichgesinnten teilt. Denn wer das gemeinsame Training "schwänzen" will, müsste so stets auch eine Verabredung absagen.

Lesen Sie den Vertrag bis ins Kleingedruckte genau: Bei Billiganbietern kostet teilweise sogar das Duschen extra und der Inklusiv-Service neben der Gerätenutzung ist gering. Gehobene Angebote bieten dagegen Sauna, Schwimmbad, Wellness und Handtücher im Paket inklusive. Auch die Getränke vom Automaten sind oft im Preis eingeschlossen, was bei regelmässiger Nutzung im schweisstreibenden Geschäft durchaus ins Gewicht fallen kann. Hier lohnt es, im Vorfeld genauer zu schauen und abzuwägen.

Streitfälle

Die Studios sind in ihren Verträgen gewissen gesetzlichen Regeln unterworfen, auch wenn dies längst nicht immer beachtet wird. Wer seinen Kunden beispielsweise untersagt, Getränke oder Power-Snacks mitzubringen, überschreitet seine Kompetenzen. Auch das Akzeptieren pauschaler Leistungsänderungen darf im Vertrag nicht verlangt werden. Ebenso wenig lassen sich Haftungen bei Diebstahl oder Verletzungen durch Fehler an den Geräten ausschliessen. Die Stiftung Warentest rät allen Sportwilligen, die Verträge sehr genau auf unzumutbare Klauseln zu prüfen.

Ein häufiger Zankapfel zwischen Studio und Kunden ist der vorzeitige Ausstieg aus dem laufenden Vertrag. Hier bekommen die Betroffenen seit Februar Rückendeckung durch ein Urteil des Bundesgerichtshofes (Aktenzeichen XII ZR 42/10), demzufolge in verschiedenen Situation ein Sonderkündigungsrecht besteht. Als Gründe gelten zum Beispiel eine schwerwiegende Erkrankung, eine Schwangerschaft, ein Umzug oder eine Änderung des Angebots beziehungsweise der Räumlichkeiten des Fitnesscenters. Im letztgenannten Fall sollte allerdings zuerst eine Abmahnung geschrieben werden, die dem Studio die Möglichkeit zum Reagieren lässt. Die persönliche Entscheidung, dem allzu anstrengenden Training wieder den Rücken zu kehren, rechtfertigt dagegen keinen Vertragsausstieg.

Wie immer empfehlen Verbraucherschützer, eine Kündigung als Einschreiben mit Rückantwort abzuwickeln.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.