Noch vor drei Jahren war Sophia Thiel mollig, wog 80 Kilo bei einer Körpergrösse von 1,72 Metern. Heute dagegen ist die 20-Jährige als Bodybuilderin und Fitnessmodel tätig. Im Interview verrät Sophia, wie sie das geschafft hat und wieso Frauen mit Muskeln nicht männlicher, sondern sexy aussehen.
Frau
Sophia Thiel: Haben Sie gerade "Sie" gesagt? Ich bin gerade mal 20 Jahre alt – bitte "Du" sagen. (lacht)
Ich habe damals etliche Diäten versucht, weil ich mich nie wohlgefühlt habe. Am Anfang habe ich mich sehr aufs Hörensagen verlassen: Ich muss hungern, um abzunehmen; ich muss richtig viel Ausdauertraining machen, um effektiv und schnell abzunehmen. Aber das ist meistens nicht der Fall.
Man sollte mit Essen abnehmen und mit einem Sport, durch den man sich gut fühlt und der den Körper formt. Und es gibt keinen Sport, bei dem man seinen Körper direkter formen kann als beim Fitness- beziehungsweise Krafttraining.
Bekommst Du manchmal zu hören, dass Du für eine Frau zu viele Muskeln hast?
Ja, natürlich - aber sehr selten. Das kommt meistens von denjenigen, für die das alles fremd ist. Man sieht aber sehr stark, dass der Trend bei Frauen zur fitten Figur geht und weg von den Magermodels – was total super ist.
Das Ganze soll ja nachhaltig sein. Kein Aspekt des Lebens sollte leiden und man sollte sich wohl in seiner Haut fühlen. Es kommen immer mehr Mädchen zu mir, die sagen, dass es erst ungewohnt war, sich jetzt aber richtig toll anfühlt.
Macht eine fitte Figur in Deinen Augen glücklicher?
Auf jeden Fall. Man muss immer darauf achten, dass man den Sport in sein Leben integrieren kann, sich rundum wohl in seiner Haut fühlt und auf nichts verzichten muss.
Du sagst, man muss auf nichts verzichten. Kannst Du alles essen, was Du möchtest?
Ich habe mittlerweile gar kein Verlangen mehr nach "Schrott-Lebensmitteln", weil es mir damit nicht gut geht. Man denkt ja immer, dass ungesunde Sachen wie Fast Food oder Schokoriegel eine Art Belohnung sind, weil sie einem gut tun. Aber letzten Endes fühlt man sich mit einer gesunden Ernährung besser als nach einer heftig-deftigen Mahlzeit.
Wenn ich Gelüste zum Beispiel auf etwas Süsses habe, dann bereite ich gesunde Alternativen zu und teile die dann auch gleich in meinem YouTube-Channel. Süsse Sachen müssen nicht immer gleich eine Sünde sein.
Darf man sich trotzdem ab und zu eine richtige Figur-Sünde gönnen?
Auf jeden Fall – sofern man sich danach gut fühlt und nicht etwa schuldig. Bei gesunder Ernährung geht es darum, was man jeden Tag macht – und nicht an einem. Wenn man ab und zu mal schummelt, ist das vollkommen in Ordnung.
Du hast den Magertrend erwähnt, der im schlimmsten Fall Magersucht fördern kann. Besteht in Deinem Fall die Gefahr der Sportsucht?
Sucht ist es für mich dann, wenn man sich zum Sport zwingt, obwohl der Körper sich dagegen sträubt. Mir geht es durch Sport aber einfach besser. Wenn man sich regelmässig bewegt, fühlt man sich wohler in seiner Haut. Das ist Teil meines Lebens geworden – ich muss mich zu nichts zwingen.
Wo liegen für dich die Grenzen?
Wenn die Gesundheit darunter leidet. Oder wenn man andere belastet mit dem, was man tut, zum Beispiel Familie und Freundeskreis.
Viele Frauen scheuen Muskeltraining, weil sie Sorge haben, schnell zu muskulös zu werden. Ist dieses Risiko gegeben?
Nein, definitiv nicht. Das habe ich am Anfang auch gedacht, weil man sofort dieses abschreckende Bild vor Augen hat: Durch Krafttraining sehen Frauen ja aus wie Männer. Aber so funktioniert das nicht. Die Natur hat es so festgelegt, dass es bei Frauen eine sehr frühe Grenze gibt.
Wenn man mit Kraftsport anfängt, sieht man nicht von heute auf morgen aus wie Arnold Schwarzenegger. Man muss hart dafür kämpfen, dass man Ergebnisse sieht.
Und der weibliche Körper formt sich eigentlich immer weiblicher: Wenn man sich zusätzlich gesund ernährt, bekommt man durch Muskeltraining einen flacheren Bauch, der Po wird grösser, die Arme strukturierter. Aber extreme Muskeln bei Frauen - das passiert auf natürlichem Wege nicht.
Wie lange hat es gedauert, bis Du Ergebnisse gesehen hast?
Erst als ich beschlossen habe, an meinem ersten Wettkampf teilzunehmen. Das war nach etwa einem oder eineinhalb Jahren Training. Ein Sixpack beginnt mit der Ernährung. Ich habe damals zum ersten Mal meine Ernährung strukturiert und auf meine speziellen Bedürfnisse abgestimmt.
Kannst Du durch den Muskelaufbau heute mehr Kalorien zu dir nehmen als früher?
Meinen genauen Kalorienbedarf habe ich nicht im Kopf. Aber er liegt etwa bei 2.000 Kilokalorien pro Tag. Ein Plus ist auch in Ordnung, denn man sollte ja mehr essen, wenn man Muskulatur aufbauen möchte. Mein absolutes Minimum bisher waren 1.600 Kilokalorien während der Wettkampfvorbereitung.
Das macht man aber nur für eine kurze Periode – wie bei mir vier Wochen lang vor dem Wettkampf. Für den Alltag ist das nicht geeignet. Bei vielen Frauen ist ja gerade das Problem, dass sie zu wenig essen.
Man muss wissen, wie viel der Körper verbraucht, vor allem beim Sport – der ist eine Fettverbrennungsmaschine. Die Muskeln fressen so viele Kalorien, dass man den Bedarf nach oben schrauben muss.
Welche Tipps gibst Du Frauen, die alles ein bisschen straffen wollen, aber auch keinen zu grossen Verzicht üben oder fünfmal die Woche trainieren wollen?
Solche Fragen bekomme ich täglich. Deswegen habe ich ein Programm entwickelt, das man zu Hause oder im Fitnessstudio machen kann. So integriert man das Training Schritt für Schritt in den Alltag, denn eine Umstellung von heute auf morgen ist sehr radikal. Wenn es dann nicht sofort klappt, ist man meist frustriert.
Auch die Ernährung sollte man schrittweise umstellen. Wie und warum, habe ich ebenfalls in meinem Programm gebündelt.
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