• Wegen der neuen Omikron-Variante arbeiten Hersteller an angepassten Impfstoffen, die in einigen Monaten zur Verfügung stehen könnten.
  • Was nützt es, einem gesunden Kind jetzt den bisherigen Impfstoff zu verabreichen?
  • Das sagen Experten.

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Die Corona-Impfungen für Fünf- bis Elfjährige laufen in dieser Woche in Deutschland an. Die Omikron-Variante und die von Impfstoffherstellern angekündigte Arbeit an einem angepassten Vakzin dürfte für manche Eltern die Frage aufwerfen, wie sinnvoll die Impfung mit dem bisherigen Impfstoff bei einem gesunden Kind jetzt ist. Fachleute sind geteilter Meinung.

Experten geben Überblick: Das sollten Eltern ihrer Ansicht nach tun

Kinderärzte

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte rät zu Corona-Impfungen bei Fünf- bis Elfjährigen entsprechend der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko). "Nicht auf Omikron-Impfstoff warten!!!", teilte der Verband am Donnerstag mit.

Die Organisation stellte damit eine missverständliche Formulierung vom Vortag richtig. In einer dpa-Meldung hatte es geheissen, Eltern könnten je nach Alter und Gesundheit ihrer Kinder aus Sicht des Berufsverbands auf einen möglicherweise von Frühjahr an verfügbaren Omikron-Impfstoff warten.

Man rate entsprechend der Stiko-Empfehlung zur Impfung von Kindern mit Risikofaktoren für einen schweren COVID-19-Verlauf oder mit Angehörigen mit hohem Risiko, hiess es. "Ausserdem kann nach individueller Aufklärung bei entsprechendem Impfwunsch auch gesunden jungen Kindern ohne Risikofaktoren ein Impfangebot gemacht werden", stellte der Verband klar.

Infektiologin

Die Fachärztin für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie Jana Schroeder (Stiftung Mathias-Spital, Rheine) rät davon ab, auf die potenzielle Verfügbarkeit eines angepassten Impfstoffs in einigen Monaten zu spekulieren. Noch habe Deutschland ein Problem mit der Delta-Variante. "Die Impfung wirkt gegen sie deutlich besser als gegen Omikron. Es ist momentan auch noch unklar, ob Omikron Delta völlig verdrängen wird."

Bisher gebe es zwar noch keinerlei Daten, wie gut die Impfung bei einer Omikron-Infektion noch vor schweren Verläufen schütze: "Von den dafür wichtigen T-Zellen ist aber bekannt, dass sie im Vergleich zu Antikörpern stabiler auch auf Varianten reagieren." Das heisst: Auch gegen Omikron wird ein Schutz vor schweren Verläufen angenommen.

"Erste Beobachtungen über schwere Verläufe bei Kindern aus Südafrika sollten wir ernst nehmen, auch wenn sich solche Befürchtungen bei früheren Varianten nicht bewahrheitet haben", sagte Schroeder. "Eine Häufung schwerer Fälle könnte Zufall sein – oder auch nicht. Bis es dazu klare Erkenntnisse aus Studien gibt, wird es Monate dauern. So rasant wie sich das Virus ausbreitet, haben wir nicht die Zeit darauf zu warten, sondern sollten unsere Entscheidungen auch anhand von Daten aus dem laufenden Infektionsgeschehen treffen."

Schroeder verweist auch auf Daten aus den USA, wo nach fünf Millionen verwendeten Dosen des abgeschwächten Impfstoffs für Fünf- bis Elfjährige laut Gesundheitsbehörde CDC noch keine Fälle von Herzmuskel- und Herzbeutelentzündungen gemeldet worden seien.

Kinder-Lungenfachärztin

Auch wenn viele Eltern fürchteten, dass der Schutz der Impfstoffe nicht mehr so gut sei: "Die Impfstoffe schützen sehr gut gegen die noch dominante Delta-Variante und bieten auch einen gewissen Schutz vor Omikron. Das ist in jedem Fall besser, als keinen Schutz zu haben", sagt Oberärztin Folke Brinkmann von der Universitätskinderklinik Bochum. Sie rate eher zur Impfung als zur Infektion - und führt auch einen Nutzen für das Alltagsleben der Kinder an: Geimpfte müssten zum Beispiel nicht in Quarantäne. "Wie infektiös die neue Omikron-Variante im Endeffekt ist und wie schwer sie Kinder betrifft, ist momentan allerdings noch unklar." Der Nutzen der Corona-Impfung für das einzelne Kind sei zwar nicht so gross wie bei alten Menschen, beispielsweise bei über 80-Jährigen, sagt Brinkmann. Auf der Station würden aber trotz der insgesamt geringeren Krankheitslast auch nicht vorerkrankte Kinder wegen Covid-19 oder dem Entzündungssyndrom PIMS behandelt. "Einzelne erwischt es schwer." Auch mit Spätfolgen wie geringer Belastbarkeit und Herzrasen hätten in der Altersgruppe einige Kinder zu kämpfen. Solche Erkrankungen infolge der Infektion seien auch von anderen Viren bekannt und sollten aus Sicht Brinkmanns ernstgenommen werden, auch wenn sich die Häufigkeit bei Kindern bisher nicht sicher beziffern lasse.

Brinkmann geht davon aus, dass Forschungsergebnisse aus den USA und Israel in Bezug auf die Impfung nicht vorerkrankter Kinder bereits in Kürze vorliegen werden. Dies werde dann auch Einfluss auf eine eventuell aktualisierte Stiko-Empfehlung haben.

Impfkommission

"Letztendlich sollte Omikron für Eltern kein Kriterium in der Impfentscheidung sein, da noch zu viele Ungewissheiten damit verbunden sind", sagte Stiko-Chef Thomas Mertens vorige Woche der dpa. Auch erste Meldungen aus Südafrika über schwere Verläufe bei Kindern seien noch nicht so belastbar. Es brauche mehr Zeit und gut angelegte Studien für die Bewertung.

Stiko-Mitglied und Kinderarzt Martin Terhardt sagte hingegen am Montag im ARD-Mittagsmagazin: "Wenn Eltern den Wunsch haben, ihr Kind zu schützen, dann ist es sicherlich sinnvoll, die Impfung jetzt durchzuführen und nicht auf eine neue Variante des Impfstoffes zu warten. Denn der ist ja erst für März angekündigt und ob der dann sofort für Kinder zugelassen wird, wissen wir auch nicht. Insofern glaube ich, dass das Abwarten aus diesem Grund keine Idee ist."

In dieser Woche sollte der Einsatz des schwächer dosierten Impfstoffs für Fünf- bis Elfjährige in Deutschland beginnen. Wegen der stark mutierten Omikron-Variante, die in mehreren Ländern zunehmend Infektionen hervorruft, haben Impfstoffhersteller angekündigt, an angepassten Vakzinen zu arbeiten. Bisher ist aber noch nicht sicher, ob diese tatsächlich nötig werden. Biontech hatte auch angekündigt, dass ein neuer Impfstoff bei einem etwaigen Anlaufen der Produktion im März auch nicht gleich massenhaft zur Verfügung stehen würde.

Erwachsene sollten Experten zufolge wegen ihres höheren Corona-Risikos die Möglichkeit zur Booster-Impfung wahrnehmen. Damit würden Antikörper-Spiegel im Blut wieder angehoben. Dies gilt als wichtig auch für den Schutz vor Omikron. (dpa/mgb)

Hinweis: Eine frühere Version dieses Artikels enthielt die missverständliche Formulierung des Kinder. und Jugendärzteverbands, nach der Eltern von Fünf- bis Elfjährigen auf den Omikron-Impfstoff warten sollten. Dies stellte der Verband am Folgetag richtig.
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