Obwohl sie bereits die ersten Symptome spüren, kennen viele Frauen den Begriff der Perimenopause nicht. Diese Phase beginnt oft unbemerkt und kann starke körperliche Beschwerden und sogar Depressionen auslösen. Eine Ärztin erklärt, warum selbst Fachpersonal die Perimenopause oft nicht erkennt und wie Betroffene Hilfe bekommen.
Hitzewallungen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen: Die Wechseljahre gelten als eine Phase, in der Frauen mit vielen Beschwerden zu kämpfen haben. Meist irgendwann ab 50, wenn die letzte Periode ausbleibt, geht es los – so zumindest eine weit verbreitete Annahme.
"Die Wechseljahre beginnen jedoch schon lange vor der letzten Monatsblutung", erklärt Judith Bildau, Fachärztin für Frauenheilkunde. "Statistisch geht es bei den meisten Frauen mit etwa 45 Jahren los. Bei manchen Frauen auch schon mit 40 oder, bei einem kleinen Teil, sogar Ende 30." In dieser Zeit beginnt im Körper eine massive hormonelle Umstellung, ähnlich der Pubertät.
Perimenopause: Was ist das?
Diese Zeit vor dem Ausbleiben der letzten Periode, die gewöhnlich eine Zeitspanne von mehreren Jahren umfasst, wird als Perimenopause bezeichnet (die Vorsilbe "peri" kommt aus dem Griechischen und bedeutet "um etwas herum"). Die Menopause, die oftmals mit dem Begriff "Wechseljahre" gleichgesetzt wird, bezeichnet dagegen lediglich die letzte Monatsblutung einer Frau. Die Perimenopause ist also eine Übergangsphase zwischen dem gebärfähigen Alter und der Menopause und läutet die Phase der Wechseljahre (Klimakterium) ein.
Erst wenn zwölf Monate lang keine Blutung folgt, beginnt nach der Menopause die Phase der Postmenopause. "Die Begriffe 'Menopause' und 'Perimenopause' werden häufig durcheinander geworfen. Nicht nur von Medien und Laien, sondern auch von Ärztinnen und Ärzten", so Bildau. "Das sorgt für zunehmende Verwirrung bei den Frauen und dafür, dass sie oftmals auch nicht die nötige Beachtung und geeignete Unterstützung erhalten."
Das sei dramatisch, so die Ärztin, denn der Leidensdruck in der Perimenopause sei für viele Frauen enorm hoch: "Man geht davon aus, dass rund ein Drittel aller Frauen massive Beschwerden während der Perimenopause hat, ein weiteres Drittel hat leichte oder mittelschwere Beschwerden. Nur ein Drittel ist beschwerdefrei", so Bildau.
Lesen Sie auch
Da die Hormonspiegel der Sexualhormone Progesteron und Östrogen in der Perimenopause nicht gleichmässig abfallen, sondern stark schwanken, treten die Symptome auch meist nicht durchgehend auf, sondern häufig nur punktuell. Darauf können wieder beschwerdefreie Phasen folgen.
Die Konsequenzen im privaten, aber auch beruflichen Kontext sind teils fatal: Viele Frauen fallen lange im Beruf aus oder können ihn nicht mehr ausüben, zwischenmenschliche Beziehungen leiden oder zerbrechen.
Symptome der Perimenopause häufig falsch gedeutet
"Viele Frauen leiden zunächst an diffusen Beschwerden und können sie gar nicht richtig einordnen. Sie schlafen zum Beispiel schlechter, haben verstärkt PMS (Prämenstruelles Syndrom; Anm.d.Red.), weniger Energie und Probleme bei der Konzentration. Relativ häufig kommen auch Knochen- und Gelenkschmerzen hinzu. Und natürlich kommt es auch oft zu Hitzewallungen und nächtlichem Schwitzen", sagt Bildau.
Viele Frauen gehen jedoch erst einmal nicht davon aus, dass ihre Probleme mit den Hormonen zusammenhängen. "Der Irrglaube, dass die Wechseljahre erst dann beginnen, wenn der Zyklus unregelmässig wird, ist weit verbreitet", so Bildau. Die Frauen stehen meist voll im Berufsleben, haben häufig erst kürzlich noch Kinder entbunden. Hinzu kommt, dass viele Frauen mit dem Begriff der Perimenopause nicht vertraut sind und über wichtige Veränderungen in ihrem Körper in dieser Phase nicht ausreichend Bescheid wissen.
Studie: Perimenopause erhöht Depressionsrisiko
Dabei können die Folgen der hormonellen Umstellung einschneidend bis lebensverändernd sein. Eine Studie ergab, dass die Perimenopause das Depressionsrisiko bei Frauen um bis zu 40 Prozent erhöht. "Der sinkende Spiegel der Sexualhormone hat nicht nur einen Einfluss auf den Körper, sondern auch auf die Psyche", erklärt Bildau.
Umso wichtiger sei es, dass Frauen, die mit ihren Beschwerden ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen, verstanden und ernst genommen werden, so die Ärztin: "Es ist nicht wahnsinnig schwer, die Perimenopause zu diagnostizieren. Das Problem ist vielmehr, dass die Veränderungen und die Symptome weder im Medizinstudium noch in den Facharztausbildungen gelehrt wurden oder werden. Das führt dazu, dass die Frauen im besagten Alter erst einen wahren Arztmarathon absolvieren müssen, bis sie auf eine Person stossen, die ihnen endlich sagt, dass ihre Knochen- und Gelenkschmerzen kein Rheuma, ihre Schlafstörungen keine Depression und ihre Vergesslichkeit keine Demenz sind."
Diagnostiziert werden kann die Perimenopause im Allgemeinen durch das Alter der Frau und die Beschreibung der Beschwerdesymptomatik. Eine Hormonanalyse kann das Bild verfestigen, wobei die Werte meist sehr schwankend und nicht zu einhundert Prozent verlässlich sind. Nach einer Diagnose gibt es viele verschiedene Therapieoptionen, die auch individuell kombiniert werden können.
"Es ist wichtig, dass jede Frau die für sie passende Therapie erhält", betont Bildau. "Einerseits geht es hier um eine Anpassung von Lebensstilfaktoren und um eine angepasste Ernährung mit ausreichend wichtigen Mikronährstoffen. Ausserdem sollten die Frauen unbedingt Sport, insbesondere den Muskelaufbau, in ihren Alltag integrieren." Ergänzend können pflanzliche, hormonelle und medikamentöse Therapien gegen die belastenden Beschwerden zum Einsatz kommen.
Korrektur: In einer früheren Version des Artikels stand fälschlicherweise, die Vorsilbe "peri" komme aus dem Lateinischen. Richtig ist, dass sie aus dem Griechischen kommt. Wir haben das korrigiert.
Über die Gesprächspartnerin
- Dr. med. Judith Bildau ist Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtsmedizin, Expertin für Gendermedizin, Spezialistin für Hormonersatztherapie, Autorin sowie Unternehmensberaterin im Bereich der Mitarbeiterinnen-Gesundheit. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt auf der Verhütungsberatung für Frauen jeden Alters und der Beratung und Begleitung von Frauen in ihren Wechseljahren.
Weitere Quellen
- Frauenaerzte im Netz: Wechseljahre & Wechseljahresbeschwerden
- Science direct: The risk of depression in the menopausal stages: A systematic review and meta-analysis
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.