Trotz der allgemeinen Krankenversicherungspflicht in Deutschland ist nicht jeder Mensch krankenversichert. Das zeigt auch der aktuelle Fall um den schwer erkrankten Schauspieler Heinz Hoenig. Was für Betroffene zu tun ist und was die Gründe für eine fehlende Krankenversicherung sind, zeigt unser Überblick.
Eigentlich herrscht in Deutschland seit 2009 eine allgemeine Krankenversicherungspflicht. Eigentlich. Dennoch waren laut Statistischem Bundesamt 2019 mehr als 60.000 Menschen nicht krankenversichert. Hierbei handelt es sich zwar um einen Anteil von weniger als 0,1 Prozent der Gesamtbevölkerung. Dabei handelt es sich vor allem um Selbstständige und Erwerbslose.
Welche Folgen es haben kann, nicht krankenversichert zu sein, zeigt derzeit der prominente Fall rund um den schwer erkrankten Schauspieler
Das Beispiel Hoenigs zeigt: Wer nicht krankenversichert ist, kann bei einer Erkrankung keine ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen oder muss die teils hohen Kosten der Behandlung selbst tragen. Doch wie kann es überhaupt dazu kommen, dass Menschen – trotz Versicherungspflicht – nicht versichert sind und was ist für Betroffene zu tun? Ein Überblick.
Auch wenn die Zahl der Nicht-Versicherten in Deutschland zuletzt gesunken ist (2015 waren es laut Statistischem Bundesamt noch 79.000 Personen; die Daten werden alle vier Jahre erhoben – Anm. d. Red.), liegt die Dunkelziffer laut "Ärzteblatt" deutlich höher. Schätzungen zufolge sollen in Deutschland zwischen einer halben und einer Million Menschen keine Krankenversicherung haben.
Das steckt hinter der Krankenversicherungspflicht
Die Regelung, die besagt, dass jeder Mensch mit festem Wohnsitz in Deutschland dazu verpflichtet sei, eine gesetzliche oder private Krankenversicherung abzuschliessen, gilt seit 2009. Im Falle einer schweren Krankheit sind Versicherte mit Blick auf umfangreiche und kostspielige medizinische Behandlungen finanziell abgesichert.
Hier kommt das sogenannte Solidaritätsprinzip ins Spiel, das besagt "Die Gesunden helfen den Kranken". Bedeutet: Gesunde fangen Erkrankte und finanziell Wohlhabende die weniger gut Verdienenden im Fall einer gesundheitlichen Herausforderung auf. Dabei haben Menschen mit einem Einkommen von knapp 6.000 Euro brutto im Monat die Möglichkeit, sich privat zu versichern, weil die Versicherungspflicht in einer gesetzlichen Krankenkasse entfällt.
Welche sind die Gründe für eine fehlende Krankenversicherung?
Dass Menschen in Deutschland nicht krankenversichert sind, kann verschiedene Gründe haben. Wie etwa MDR berichtet, erhalten Arbeitende aus dem EU-Ausland von Leiharbeitsfirmen nicht immer eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Hinzu kommen Personen ohne legalen Aufenthaltsstatus, die in der Folge keinen Zugang zum Gesundheitssystem haben, sowie Wohnungslose ohne Postadresse.
Doch auch der deutsche Durchschnittsbürger kann von einem fehlenden Schutz durch die Krankenversicherung betroffen sein. Laut "Ärzteblatt" sind davon häufig deutsche Staatsbürger betroffen, "die aufgrund von Insolvenzen oder Einkommensausfällen ihre Krankenversicherungsbeiträge nicht mehr bezahlen können". Hinzu kommen "EU-Bürger, die über kein sozialversicherungspflichtiges Anstellungsverhältnis verfügen". Auch Personen aus Drittstaaten, die keinen aufenthaltsrechtlichen Status haben, sind betroffen. Für sie gestaltet sich die Situation noch herausfordernder, weil sie nur unter seltenen Umständen in das System integriert werden können.
Verbraucherzentrale: Nicht-Versicherte sollten sich "schnell kümmern"
Der Fall des Schauspielers Heinz Hoenig zeigt, dass es schnell teuer werden kann, wenn die Betroffenen oder ihre Angehörigen selbst für die ärztlichen Behandlungen oder Operationen aufkommen müssen. Wer trotz Versicherungspflicht keine Krankenversicherung hat, sollte sich laut Verbraucherzentrale "schnell kümmern" und mit einer Klärung der Versicherung nicht warten, bis eine Erkrankung oder ein Notfall eintritt.
Wer unversichert ist, in der Vergangenheit aber Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse war, sollte sich laut der Verbraucherzentrale bei seiner früheren Krankenkasse melden. Denn: Unabhängig vom Gesundheitszustand muss die frühere Krankenkasse Betroffene wieder aufnehmen.
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Wie kommen Nicht-Versicherte zurück in die gesetzliche Krankenkasse?
Der Weg zurück in die Krankenversicherung ist möglich, kann die Betroffenen aber vor Herausforderungen stellen. Denn: Wollen Nicht-Versicherte ihre Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse wieder aktivieren, können hohe Kosten entstehen. Die Krankenkasse kann die versäumten Beiträge wieder einfordern und auch Zuschläge für jeden nicht gezahlten Monat übernehmen, ordnet die Verbraucherzentrale ein.
Diese Forderungen können auch dann geltend gemacht werden, wenn die Betroffenen im besagten Zeitraum keinerlei medizinische Behandlung in Anspruch genommen haben. Sind gesetzlich Krankenversicherte mit ihren Zahlungen zwei Monate im Rückstand, können die Leistungen der Kasse ruhend gestellt werden.
Es gibt aber Regeln, die die Höhe der Beitragsschulden beeinflussen können: Wurden die Krankenkassenbeiträge nicht vorsätzlich vorenthalten, entfallen die Ansprüche der Versicherung nach vier Jahren. Bei vorsätzlich vorenthaltender Beitragszahlung bestehen sie für 30 Jahre. Erst wenn die Versicherten die ausstehenden Schulden vollends beglichen oder eine Ratenzahlung vereinbart haben, kann die volle Leistung der Versicherung wieder in Anspruch genommen werden.
Medizinischer Notfall und kein Versicherungsschutz: Was nun?
Was aber, wenn – wie im Fall von Heinz Hoenig – eine medizinische Handlung lebenswichtig ist, aber kein Versicherungsschutz besteht? Der Schauspieler war privat krankenversichert. In seinem konkreten Fall würde das die Rückkehr in die private Krankenversicherung und eine Tilgung der nicht geleisteten Beiträge bedeuten. Bei einer erneuten Versicherung müsste er für die ersten sechs Monate ohne Versicherung die volle Prämie zahlen, danach wäre nur noch ein Sechstel des Beitrags fällig.
Wie der Fall Heinz Hoenig zeigt, können Spendenaktionen dabei helfen, die Kosten für die Behandlungen zu erzielen. Doch nicht jeder Mensch verfügt über das soziale und medienwirksame Netzwerk einer solchen gemeinnützigen Spendenaktion.
Die internationale katholische Hilfsorganisation Malteser etwa bietet eine Erstversorgung für Menschen ohne Krankenversicherung an. Laut Website der Organisation richtet sich das Angebot an "alle Menschen, egal welcher Herkunft – Bürgerinnen und Bürger aus EU-Mitgliedsländern, Besucherinnen und Besucher aus anderen Ländern, aber auch Studierende, die die Regelstudienzeit überschritten haben oder Selbstständige, die ihre private Krankenversicherung nicht mehr zahlen können".
Verwendete Quellen
- destatis.de: Krankenversicherungsschutz
- ärzteblatt.de: Menschen ohne Krankenversicherung: Ein oft übersehenes Problem
- bundesgesundheitsministerium.de: Solidarität
- mdr.de: Viele Erntehelfer ohne Krankenversicherung
- verbraucherzentrale.de: Nicht krankenversichert - was tun?
- malteser.de: Medizin für Menschen ohne Krankenversicherung
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