• Studien haben gezeigt, dass das Coronavirus den Geruchs- und Geschmackssinn schwächen kann.
  • Nach rund 15 Prozent aller Coronafälle stellt sich zudem ein Tinnitus ein.
  • Bislang kann nur vermutet werden, dass Sars-CoV-2 direkt ins Ohr gelangt.

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Das Coronavirus Sars-CoV-2 kann den Geruchs- und Geschmackssinn schwächen. Zudem haben Studien belegt, dass das Virus in die Netzhaut des Auges gelangen und dieses infizieren kann. Inwiefern Sars-Cov-2 die Ohren schädigen kann, ist bislang nicht vollständig geklärt. Jedoch wurden nach der Covid-Erkrankung vermehrt Beschwerden festgestellt.

So kam eine Meta-Analyse von Forscher der University of Manchester in England zu dem Schluss, dass durch eine Infektion auch das Hörorgan negativ beeinflusst werden kann. Die Wissenschaftler haben 56 Studien betrachtet und deren Daten ausgewertet. Das Ergebnis zeigte, dass in Folge von 14,8 Prozent der untersuchten Corona-Erkrankungen ein Tinnitus festgestellt wurde. In 7,6 Prozent trat zudem ein Hörverlust auf. Bei 7,2 der Fälle gingen die Beschwerden zusätzlich mit Gleichgewichtsproblemen und Schwindel einher.

Die genannte Meta-Analyse kennt auch Hals-Nasen-Ohrenarzt Bernhard Junge-Hülsing: "Die Studie ist seriös und glaubwürdig", so sein Fazit. "Die Häufigkeit der Symptome wird auch an anderen Stellen und seit der Pandemie in ähnlicher Höhe und Ausprägung berichtet", erklärt der Facharzt.

Gelangt das Coronavirus direkt ins Ohr?

Allerdings ist bislang wissenschaftlich unklar, ob Ohrgeräusche und Hörsturz infolge der Virusinfektion direkt auftreten oder ob sie eine Folge des körperlichen Stresses sind, den Sars-CoV-2 auslöst. "Man kann nicht mit Sicherheit sagen, ob der Körper durch die Coronainfektion unter Stress steht und dadurch Tinnitus ausgelöst wird, oder ob die Ohrgeräusche durch die Virusinfektion an sich kommen", sagt Junge-Hülsing. "Ich nehme an, dass das Virus auch direkt aufs Ohr gehen kann", so der Experte.

Hörschnecke kann nur nach Tod auf Sars-CoV-2 untersucht werden

Aber: "Man hat bislang bei keinem lebenden Patienten nach der Infektion das Virus direkt im Ohr nachgewiesen", so Junge-Hülsing. Die Hörschnecke könne man histologisch erst nach dem Tod des Patienten öffnen und untersuchen, da er sonst ertauben würde. "Auch im Mittelohrsekret wurde bisher das Virus offenbar nicht nachgewiesen, regelhaft jedoch durch die normalen Abstriche im Nasenrachen. Daher gelangt es vermutlich auch über die Ohrtrompete ins Mittelohr", so der Hals-Nasen-Ohrenarzt.

Wahrscheinlich sei dies auch, weil Sars-CoV-2 bislang an 83 Stellen im Körper nachgewiesen wurde. Dadurch ist seiner Ansicht nach eine direkte Viruseinwirkung ebenso möglich, wie immunologische Vorgänge, die durch die Infektion angestossen werden. Solche können zum Beispiel auch durch andere Viren wie Varizella-Zoster, das Windpocken oder die Gürtelrose im Ohr auslösen kann, reaktiviert werden.

Depression und Erschöpfung durch Long Covid begünstigt Tinnitus

Sicher ist hingegen, dass psychischer sowie körperlicher Stress und Depressionen Tinnitus sowie einen Hörsturz auslösen können. "Wenn man durch Long oder Post Covid müde und erschöpft ist, werden viele auch depressiv und Tinnitus ist ein klassisches Zeichen für die Verstärkung einer Depression", so der HNO-Arzt. "Stress in jeder Form spielt bei der Entstehung von Tinnitus immer eine Rolle. Depressionen verstärken Tinnitus und Tinnitus ist ein Leitsymptom von Depressionen und Burn-out bzw. Erschöpfung jeder Art." Daneben könnten auch Flüssigkeitsmangel, körperliche Schmerzen und Verspannungen sowie anderer krankheitsbedingter Stress Tinnitus auslösen oder verstärken.

Tinnitus: Bei Piepen im Ohr innerhalb von 72 Stunden zum Arzt gehen

Patienten mit neu auftretenden Ohrgeräuschen oder plötzlich schlechterem Hören sollten innerhalb der ersten 48 bis 72 Stunden eine HNO-Praxis aufsuchen. Dort können Untersuchungen wie eine Ohrmikroskopie, Hörtestung, Tinnitus-Bestimmung und gegebenen Falls eine Gleichgewichtsbestimmung durchgeführt werden. Bestätigen sich der Tinnitus oder ein Hörsturz kann mit Cortison behandelt werden. In vielen Fällen wird so verhindert, dass die Ohrgeräusche oder Hörstörungen dauerhaft bestehen bleiben.

Über den Experten:
Dr. Bernhard Junge-Hülsing arbeitet als niedergelassener HNO-Arzt. Zudem ist er Landesvorsitzender des HNO-Berufsverbandes in Bayern und als Ärztlicher Koordinator zur Bewältigung der Corona-Pandemie im Landkreis Starnberg aktiv.

Verwendete Quellen:

  • tandfonline.com: One year on: an updated systematic review of SARS-CoV-2, COVID-19 and audio-vestibular symptoms (22 März 2021)
  • hno-aerzte-im-netz.de: Mehr Hörstürze während der Corona-Pandemie
  • Max-Planck-Gesellschaft: Sars-CoV-2 geht ins Auge
  • Universität Münster: SARS-CoV-2 geht ins Auge: Coronavirus infiziert die menschliche Netzhaut und kann sich darin vermehren
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