Sie ersetzen keine ausgewogene Ernährung, können aber Nährstoffdefizite ausgleichen: Ein Ernährungsberater erläutert im Interview, was für und gegen Nahrungsergänzungsmittel spricht.

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Ob online, in der Drogerie oder in der Apotheke: Nahezu überall sind inzwischen Nahrungsergänzungsmittel zu finden. Der Griff zu den Kapseln ist schnell getan und auch im Netz schwärmen viele von der angeblich wundersamen Wirkung. Martin Auerswald, Biochemiker, Ernährungsberater und Autor des Buchs "Fakten-Check Nahrungsergänzungsmittel" (Herbig Verlag), hat sich des umstrittenen Themas angenommen.

Das spricht für Nahrungsergänzungsmittel

Gesunde Ernährung reicht nicht: "Grossangelegte Studien wie die Nationale Verzehrstudie II sowie die Praxis zeigen, dass jeder Mensch Nährstoffdefizite aufweist. Über die Ernährung kann theoretisch der Nährstoffbedarf zu 100 Prozent gedeckt werden, in der Praxis ist dies jedoch schwierig, da sich unser Lebensstil, unsere Ernährung und unsere Lebensmittel heute grundlegend von denen unserer Vorfahren vor 100, 1.000 oder 100.000 Jahren unterscheidet."

Gezielt die Gesundheit beeinflussen: "Nahrungsergänzungen geben uns die Möglichkeit, zusätzlich zu Ernährung und Lebensführung positiv unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden zu beeinflussen. Neben dem Ausgleichen von Nährstoffdefiziten können verschiedene Naturheilmittel wie etwa Curcumin, OPC oder die Heilpilze Reishi und Löwenmähne genutzt werden, um dem Körper bestimmte Informationen und Reize zu geben und damit die Gesundheit zu fördern."

Jeder Körper ist einzigartig und hat individuelle Bedürfnisse: "Je nach Genetik und Lebensführung hat unser Körper individuelle Bedürfnisse, die zu unserem Nährstoffbedarf beitragen. So erhöhen die Einnahme von Medikamenten, Stress, Vorerkrankungen, Schlafmangel, häufige Flugreisen, Übergewicht oder Leistungssport den Verbrauch von Nährstoffen im Körper - und damit auch den Bedarf."

Das spricht gegen Nahrungsergänzungsmittel

Schlechtes Gewissen wird beruhigt: "Viele Menschen sehen Nahrungsergänzungen leider als Möglichkeit, das Gewissen zu beruhigen und von ungesunden Gewohnheiten wie häufigem Rauchen, Alkohol oder Fast Food abzulenken. Sie dienen hier sozusagen als Ersatz für eine gesunde Ernährung und Lebensführung - sollten dies aber nicht."

Gefahr der fehlenden Regulierung: "Der Markt für Nahrungsergänzungsmittel ist in Deutschland leider nur sehr locker reguliert. Die Zulassung neuer Präparate ist verhältnismässig leicht und die Kontrollen sind zu wenig, um qualitativ minderwertige Produkte zu erkennen und aus dem Verkehr zu ziehen. So kann ein Hersteller fragwürdiger Produkte mit gutem Marketing schnell viel Geld verdienen und die Gesundheit der Verbraucher gefährden. Hier ist eine bessere Regulierung und Aufklärung über Qualitätsprodukte wichtig."

Gefahr der fehlenden Aufklärung: "Wird nur unzureichend über Nahrungsergänzungen, ihr Nutzen, Qualität und Einsatz aufgeklärt, besteht die Gefahr, dass sie nicht korrekt eingesetzt werden. Genau wie Sport oder eine gesunde Ernährung kann man Nahrungsergänzungen 'richtig' und 'falsch' machen - eine flächendeckende Aufklärung und Schulung von Gesundheitspersonal könnte hier eine nachhaltige Lösung sein."  © 1&1 Mail & Media/spot on news

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