Von Müdigkeit über Hautausschlag bis hin zu Verstopfung: Darmparasiten müssen als potenzielle Sündenböcke für alle möglichen Symptome herhalten. Doch wie häufig – und wie gefährlich – ist Parasitenbefall wirklich? Und was bringen Hausmittel, die vor allem in den sozialen Medien angepriesen werden?
Müdigkeit, Kopfschmerzen, Depressionen, Zähneknirschen, Durchfall, Verstopfung, Husten, Hautausschlag: Die Liste der Symptome, die laut zahlreichen Social-Media-Posts auf Parasiten hindeuten können, ist lang.
Julia Walochnik kann über diese Online-Panikmache nur den Kopf schütteln. "Das ist völlig unwissenschaftlich und reine Geldmacherei", sagt die Parasitologin der Medizinischen Universität Wien. Den "Parasiten-Trend" kennt sie allerdings schon aus Zeiten vor Instagram, TikTok und Co.
Bereits in den 90ern galten Parasiten in gewissen (esoterischen und alternativmedizinischen) Kreisen als Ursache für alle möglichen Krankheitssymptome. Das liege wohl auch daran, dass Parasiten eine so diffuse Gruppe sind, schätzt Walochnik.
Würmer, Läuse und Einzeller: Parasiten sind vielfältig
Parasiten sind nämlich ein Sammelbegriff für alles, was in und auf uns lebt und dabei nicht in die Kategorien Bakterien oder Pilze fällt. Innerhalb des Sammelbegriffs "Parasiten" gibt es drei verschiedene Gruppen:
- Zu den sogenannten Ektoparasiten zählen unter anderem Läuse, Milben oder Flöhe. Sie eint, dass sie auf bzw. in der Haut ihres Wirts leben.
- Dann gibt es die Gruppe der Einzeller, der häufigste unter ihnen: Toxoplasma gondii.
- Die grösste Gruppe sind die Würmer.
Aufgrund dieser Vielfalt könne man nicht sagen, man sei "von Parasiten" befallen, sagt Julia Walochnik. "Es handelt sich um völlig unterschiedliche Organismen mit unterschiedlichen Lebenszyklen, die nicht alle zu einer Erkrankung führen."
Ob und welche Parasiten tatsächlich auch Probleme machen, komme immer auch auf den gesundheitlichen Gesamtzustand des Menschen an, so Walochnik. Gut angepasste Parasiten würden dem Menschen so wenig wie nötig schaden, um möglichst lange in ihm weiterleben zu können und so ihre eigene Population zu erhalten.
Darmparasiten sind meistens Reise-Mitbringsel
Wenn Nicht-Mediziner auf Social Media von Parasiten reden, dann geht es in der Regel um Darmwürmer. Der "erfolgreichste" unter ihnen ist der Spulwurm. Schätzungen zufolge sind weltweit eine Milliarde Menschen befallen. Hierzulande ist er aber durch gute Hygiene ausgestorben, sagt Walochnik. Überhaupt seien die meisten Parasitosen (also durch Parasiten ausgelöste Krankheiten) bei uns Reise-Mitbringsel aus Ländern mit niedrigen Hygienestandards.
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Das grösste Übertragungsrisiko für Darmparasiten ist gegeben, wenn menschliche Fäkalien in die Lebensmittelkette oder ins Trinkwasser gelangen. Das passiert vor allem in Ländern ohne Kanalisation oder dort, wo Felder mit menschlichen Fäkalien gedüngt werden. Aber auch wenn das Küchenpersonal sich nach dem Toilettengang nicht die Hände wäscht, kann es zur Übertragung von Darmparasiten kommen.
Der häufigste Darmwurm in Europa ist der Madenwurm. Madenwurmbefall ist eine typische Kinderkrankheit, die Schätzungen zufolge jedes dritte Kind einmal im Leben durchmacht. Das sei zwar lästig, aber bei richtiger Behandlung nicht weiter gefährlich, ordnet Walochnik ein.
Die richtige Behandlung von Darmparasiten: Finger weg von Einläufen
Das typische Symptom für Madenwurmbefall ist starker Juckreiz am Darmausgang. Andere Darmparasiten machen sich in erster Linie mit Symptomen wie Durchfall oder Bauchschmerzen bemerkbar. Vor allem, wenn sich diese Symptome eher langsam entwickeln und nicht mit Fieber einhergehen, weist das auf einen Parasiten hin, erklärt Walochnik.
Die gute Nachricht ist: Die meisten Darmparasiten kann man in einer Stuhlprobe sehr leicht nachweisen und auch gut therapieren. Wer also unter anhaltenden Darmbeschwerden leidet oder bei sich Parasitenbefall vermutet, sollte sich an seinen Hausarzt wenden.
Wovon die Parasitologin stark abrät, sind Hausmittel zur Parasiten-Austreibung. Es gibt keine wissenschaftliche Evidenz für die Wirksamkeit von etwa Papayakernen, Oregano oder Kokosöl in dieser Hinsicht. Dass viele Pflanzen ein positives Darmgefühl machen, weiss auch Walochnik. Aber für die Behandlung seien sie ungeeignet, da jeder Parasitenbefall eine individuelle, abgestimmte Therapie benötige.
Vor radikaleren Massnahmen wie aggressiven Einläufen warnt Walochnik sogar. "Das ruiniert die Darmschleimhaut und das Darm-Mikrobiom. Im schlimmsten Fall geht dann die Darmschleimhaut in Fetzen ab – und sieht dabei aus wie ein Wurm."
Über die Gesprächspartnerin
- Julia Walochnik ist Parasitologin und Professorin am Institut für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin, Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie an der Medizinischen Universität Wien.
Verwendete Quellen
- aerzteblatt.de: Diagnostik und Therapie des Madenwurmbefalls
- msdmanuals.com: Parasiteninfektionen
- news-medical.net: Parasites in human waste fertilizers alarm health experts
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