- Omikron hat für Rückschläge bei der Forschung an Medikamenten gegen Corona gesorgt, doch es gibt auch gute Nachrichten.
- Tabletten sollen bald in der Apotheke erhältlich sein, auch gibt es Mittel in Form von Spritzen.
- Allerdings ersetze all das nicht die Impfung, betonen Experten.
Seitdem vor knapp zwei Jahren die ersten Corona-Patienten Deutschlands in München behandelt wurden, ist das Virus spürbar mutiert. Die neue Variante Omikron verbreitet sich besonders schnell. Sie ist so verändert, dass sich Geimpfte und Genesene häufiger anstecken als bei der Delta-Variante. Zudem versagen bei Omikron bestimmte, aufwendig entwickelte Medikamente. Doch einige neuere Präparate machen durchaus Hoffnung.
Zuerst die ernüchternden Nachrichten: Nach einer im Fachmagazin "Cell" veröffentlichten Studie, an der deutsche Teams aus Göttingen, Hannover, Braunschweig und Erlangen beteiligt waren, scheinen mehrere Präparate bei Omikron ihre Wirksamkeit einzubüssen. Dabei geht es laut Mitteilung der Uni Erlangen um die meisten der zugelassenen und gegen frühere Varianten wirksamen Medikamente auf Antikörper-Basis.
- Antikörper bildet der Körper nach einer Impfung oder Infektion. Sie können das Virus binden und es ausschalten. Antikörper können auch biotechnologisch hergestellt werden, um damit Infizierte zu behandeln. Weil das Omikron-Virus gegenüber früheren Varianten deutlich verändert ist, können Antikörper - körpereigene oder als Medikament hergestellte - die Infektion aber nicht mehr so gut bekämpfen.
Casirivimab und Imdevimab, Etesevimab und Bamlanivimab: Auf diesen Antikörper-Präparaten ruhte zunächst Hoffnung. Bei früher Gabe sollten sie schwere Verläufe verhindern. Bei Omikron gilt die Wirkung nun als reduziert.
"Werkzeugkasten" gegen Corona besser gefüllt denn je
Studien zufolge hemmt aber das neue Antikörper-Präparat Sotrovimab Omikron. Dieses empfiehlt auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Der Chefarzt der Infektiologie an der München Klinik Schwabing, Clemens Wendtner, der 2020 die ersten Corona-Patienten in Deutschland behandelt hatte, sieht den medikamentösen "Werkzeugkasten" insgesamt besser gefüllt als je zuvor. Das vielversprechende Präparat Sotrovimab soll Ende Januar für die stationäre Therapie zur Verfügung stehen.
Während die Antikörper-Gabe nur in einer frühen Phase der Krankheit hilft, bleibt das entzündungshemmende Dexamethason später bei schwerem Verlauf die Standard-Behandlung. Weiter verabreicht werden auch sogenannte Interleukin-6-Antagonisten, die auch die Entzündungsreaktion blockieren und die ursprünglich für rheumatische Erkrankungen entwickelt wurden, und sogenannte Januskinase-Inhibitoren wie Baricitinib. Dieses Mittel wird schon länger auch bei COVID-19 angewendet und wird nun auch von der WHO empfohlen. Zudem werden weiter Blutverdünner verabreicht, um Thrombosen, Schlaganfällen und Infarkten vorzubeugen.
Paxlovid und Molnupiravir: Erste Pillen gegen Corona bald in der Apotheke
Hoffnungen ruhen auch auf neuen antiviralen Arzneimitteln wie Paxlovid und Molnupiravir - die ersten Pillen gegen Corona, die in wenigen Wochen auf Rezept in den Apotheken erhältlich sein sollen. Das stimme ihn optimistisch, sagt Wendtner: "Da ist ein Quantensprung eingetreten."
Auch der Pandemie-Beauftragte des Klinikums rechts der Isar der TU München, Christoph Spinner, sieht gute Chancen in den neuen Medikamenten. Molnupiravir werde "als Kapsel zweimal täglich über fünf Tage eingenommen und wirkt auch gegen die Omikron-Variante." In Kürze werde Paxlovid als weitere orale Therapie-Option hinzukommen. Es schützt laut Spinner ebenfalls vor Omikron - und bis zu 90 Prozent vor schweren Verläufen.
Remdesivir, ursprünglich gegen das Ebolavirus entwickelt und 2020 gegen Corona zugelassen, wird laut Spinner weiter eingesetzt. "Es wirkt ebenso gegen Omikron und zeigte in einer neuen Studie einen etwa 80-prozentigen Schutz vor schweren Verläufen." Anders als die orale Therapie mit Paxlovid und Molnupiravir muss Remdesivir weiter intravenös als Kurzinfusion gegeben werden. Das geht aber ambulant.
Der Bund hatte Remdesivir-Vorräte für Deutschland gesichert. Nun schafft er eine Million Einheiten Paxlovid an. Die neuen Pillen - Paxlovid und Molnupiravir - sind teuer. Rund 700 Dollar kostet die fünftägige Behandlung. Auch die Tabletten müssen früh genommen werden, um die Viren zu bremsen.
Evusheld wird vorbeugend gespritzt - keine Alternative zur Impfung
Vor allem vorbeugend soll das Antikörper-Präparat Evusheld eingesetzt werden - das laut Hersteller Astrazeneca auch gegen Omikron wirksam ist. Es muss nicht wie bisherige Antikörper im Krankenhaus über die Vene verabreicht werden, sondern kann einmalig in den Muskel gespritzt werden. "Das wirkt sechs Monate", erläutert Wendtner, warnt aber, hier eine Alternative zur Impfung zu sehen. Das Medikament ist erheblich teurer, vor allem aber regt es den Körper nicht dazu an, eigene Antikörper zu bilden. Es sei nur geeignet für Menschen, die eine Impfung nicht vertragen oder keine Antikörper bilden können.
Von dem Antikörper-Medikament Ronapreve (Casirivimab und Imdevimab), bei dem auch das Paul-Ehrlich-Institut bei Omikron eine reduzierte Wirksamkeit sieht, hatte sich der Bund 150.000 Dosen gesichert. Dann lag das Mittel kaum genutzt auf Halde. Das Ablaufdatum rückte näher, als es in der Prophylaxe bei besonders gefährdeten Menschen ein Revival erlebte. Nun ist klar: "Dieser Antikörper ist ein Auslaufmodell, er wird bei Omikron nicht mehr verwendet werden können", sagt Wendtner. Wie viele Dosen noch in Schränken lagern, ist offen.
Unter Hochdruck wird unterdessen weiter an neuen Medikamenten gearbeitet. Etwa wird an der Technischen Universität München (TUM) an einem Spray geforscht, das Lungenschäden bei COVID-19 eindämmen soll. (Sabine Dobel, dpa/af)
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