Das posturale Tachykardie-Syndrom, kurz POTS, scheint bei Post-COVID-Patienten vermehrt aufzutreten. Welche Symptome sind typisch und was hilft Betroffenen?

Mehr zum Thema Gesundheit

Mit einer steigenden Zahl von Post-Covid-Fällen rückt das sogenannte posturale Tachykardie-Syndrom, kurz POTS, vermehrt in den Fokus der Forschung. Zwar kann es auch ohne bekannte Ursache wie eine Primärerkrankung auftreten, jedoch wird es häufiger nach einer Infektion mit bestimmten Bakterien oder Viren diagnostiziert – wie eben Sars-CoV-19.

Was ist POTS?

Bei POTS handelt es sich um eine Störung des autonomen Nervensystems. Dieses steuert die lebenswichtigen Vitalfunktionen wie Atmung, Blutdruck und Herzschlag. Was genau POTS auslöst, ist noch nicht abschliessend wissenschaftlich geklärt. Unterschieden werden zwei Formen:

  • Primäres POTS: Die Beschwerden treten ohne bekannte Ursache wie etwa eine Grunderkrankung auf.
  • Sekundäres POTS: Tritt im Rahmen von Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Influenza auf.

Symptome von POTS

Die Symptome von POTS sind vielseitig. POTS-Patienten und -Patientinnen klagen insbesondere nach dem Wechsel aus einer liegenden in eine stehende Position über verschiedene Beschwerden wie Schwindel, Benommenheit, Zittern oder Herzrasen. Bei Erwachsenen mit POTS nimmt die Herzschlagfrequenz um mindestens 30 Schläge pro Minute zu.

Auch können Atemprobleme wie Kurzatmigkeit oder Hyperventilation, Schwitzen, Sehstörungen, Brustschmerzen, Angstgefühle und eine allgemein verminderte Belastungstoleranz auftreten. Nach dem Hinlegen verschwinden die Beschwerden bei den meisten wieder.

POTS und Post-COVID – gibt es einen Zusammenhang?

Durch die Corona-Pandemie ist POTS stärker in den Fokus der Wissenschaft gerückt. Studien deuten darauf hin, dass POTS häufiger bei Post-COVID-Patienten und -Patientinnen auftritt. Ob es einen Zusammenhang zwischen Post-COVID und POTS gibt, wird noch wissenschaftlich untersucht.

Bei POTS handelt es sich jedoch nicht um ein neues Symptom. In der medizinischen Literatur wurde es erstmals in den 1990er-Jahren erwähnt. POTS als eigenständiges Syndrom zu erkennen, war für Mediziner nicht leicht, da die typischen Beschwerden auch mit vielen anderen Erkrankungen einhergehen.

Auffällig war, dass viele Patientinnen und Patienten nach viralen oder bakteriellen Infektionen wie dem Epstein-Barr-Virus oder Influenza die typischen Beschwerden entwickelten. Auch scheinen Frauen zwischen 15 und 50 Jahren öfter betroffen zu sein als Männer.

Was passiert bei POTS im Körper?

Neben den typischen Symptomen ist für POTS charakteristisch, dass die Herzfrequenz nach dem Aufstehen oder bei längerem Stehen für das jeweilige Alter unangemessen steigt, der Blutdruck jedoch weitestgehend unverändert bleibt.

Durch die erhöhte Herzschlagrate oder schnelles Atmen versucht der Körper, den Kreislauf zu regulieren. Er will das Blut aus dem unteren Teil des Körpers nach oben pumpen – eigentlich Aufgabe der Venen in den Beinen. Diese ziehen sich bei POTS jedoch nicht ausreichend zusammen, da sie entsprechende Nervensignale nicht erhalten. Die Versuche, den Kreislauf durch Atmung oder Herzschlag zu regulieren, führen zu Beschwerden wie Schwindel oder Herzrasen.

Wie wird POTS diagnostiziert?

Um das posturale Tachykardie-Syndrom von Krankheitsbildern mit ähnlichen Symptomen abzugrenzen, ist eine sogenannte Differenzialdiagnose nötig. Sind Gefäss- und Herzerkrankungen wie Herzrhythmusstörungen ausgeschlossen, kann mit verschiedenen Methoden wie der Kipptischuntersuchung die Kreislaufregulation untersucht werden.

Bei dieser wird die betroffene Person auf einem beweglichen Tisch fixiert. Blutdruck und Puls werden erst in liegender, dann in aufgerichteter Position gemessen. Auch eine mögliche Belastungsintoleranz, die häufiger bei Post-COVID-Patienten festgestellt wird und mit extremer Erschöpfung (Fatigue) einhergeht, sollte untersucht werden.

Wie gefährlich ist POTS?

Die Symptome können als beängstigend wahrgenommen werden, es handelt sich jedoch nicht um ein schwerwiegendes Krankheitsbild. Da Schwindel, Schwäche, Angstzustände oder im schlimmsten Fall Ohnmacht jedoch Risiken mit sich bringen können, beispielsweise im Strassenverkehr oder durch Stürze, sollten die Symptome unbedingt ernst genommen und medizinisch abgeklärt werden.

Wie wird POTS behandelt?

Primäres POTS ohne bekannte Ursache hat eine hohe Spontanheilungsquote von rund 50 Prozent im ersten bis dritten Jahr nach dem Auftreten der Symptome. Liegt ein sekundäres POTS mit einer Grunderkrankung wie Diabetes mellitus vor, wird insbesondere diese behandelt.

Meist erfolgt die Therapie von POTS durch verschiedene Behandlungsverfahren, die sich nach den Symptomen richten. Neben kreislauffreundlichen Verhaltensempfehlungen werden mitunter auch Kompressionsstrümpfe oder Medikamente gegen Kreislaufstörungen oder Angstzustände verordnet.

Betroffenen von POTS wird empfohlen, im Alltag folgende Verhaltensregeln einzuhalten:

  • Langsam aus dem Liegen oder Sitzen aufrichten.
  • Auf eine ausreichende Flüssigkeits- und Elektrolyt-Aufnahme achten. Empfohlen werden zwei bis drei Liter Wasser am Tag, bei sportlichen Aktivitäten oder Hitze mehr.
  • Im Rahmen der Möglichkeiten aktiv bleiben und übermässige Bettruhe oder Schonung vermeiden.
  • Mässiges, aber regelmässiges Kraft- und Ausdauertraining.
  • Möglichst nicht lange stehen, vor allem nicht bei hohen Temperaturen.
  • Im Stehen und Sitzen die Wadenmuskulatur im Wechsel anspannen und lockern. Geht auch am Schreibtisch oder in der Schlange im Supermarkt.
  • Vorzugsweise mehrere kleinere Mahlzeiten essen statt wenige grosse Portionen.
  • Hitze und Aktivitäten wie Saunagänge, die den Kreislauf stark beanspruchen, vermeiden.

Hilfsangebote

  • Selbsthilfe: Viele POTS-Patienten haben eine längere Diagnose-Odyssee hinter sich. Um für das Thema zu sensibilisieren und für den Austausch untereinander wurde im Jahr 2017 der gemeinnützige Selbsthilfe-Verein "POTS und andere Dysautonomien e.V." von Betroffenen gegründet. Auf der Internetseite des Vereins werden viele Informationen zum Thema bereitgestellt.
  • Spezialsprechstunden: In einigen medizinischen Einrichtungen wie dem Universitätsklinikum Aachen gibt es spezielle Sprechstunden für Menschen mit Erkrankungen des autonomen Nervensystems, sogenannten Dysautonomien.
  • Hausärztliche Diagnostik: Der POTS-Verein hat eine Checkliste mit Untersuchungen zusammengestellt, die zunächst in einer haus- oder fachärztlichen Praxis durchgeführt werden sollten. Auch das Universitätsklinikum Aachen stellt online eine Checkliste bereit und bittet vor Terminvereinbarung darum, bestimmte Laboruntersuchungen wie ein kleines Blutbild durchführen zu lassen. Sämtliche Befunde sollten zum Termin bei Spezialisten für Dysautonomien mitgebracht werden.

Verwendete Quellen

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.