In Köln haben sich vermutlich 28 Menschen in einer radiologischen Praxis mit einem Bakterium angesteckt, das gegen viele Antibiotika resistent ist. Wenn es in den Körper gelangt, kann es schwere Erkrankungen auslösen.

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Nicht nur für Ärzte ist es eine schlimme Vorstellung: Nach einer Behandlung, die eigentlich kaum Risiken birgt, erkranken mehrere Patienten schwer, einer stirbt an Organversagen. Das ist kürzlich in einer radiologischen Praxis in Köln passiert: 28 Patienten sollen sich dort mit dem Bakterium Pseudomonas aeruginosa infiziert haben. Sie hatten in der Praxis eine Spritze gegen Rückenprobleme bekommen.

Der Keim ist für rund zehn Prozent aller sogenannten Krankenhausinfektionen verantwortlich. Er kommt aber auch ausserhalb von Kliniken und Arztpraxen in der Umwelt vor.

"Er benötigt Feuchtigkeit und kann sich gut verstecken", sagt der Infektiologe Peter Walger, Vorstandssprecher der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene. Deshalb gedeiht er beispielsweise im Abwasser oder in Abflüssen und kann zum Teil sogar im Trinkwasser vorkommen oder in Desinfektionsmitteln überleben.

Das Bakterium benötigt eine Eintrittspforte in den Körper

In der Regel ist das Bakterium für den Menschen harmlos – unter bestimmten Bedingungen kann es aber eine Vielzahl schwerer Erkrankungen auslösen. "Dazu benötigt es eine Eintrittspforte in den Körper", sagt Walger.

Deshalb sind Patienten häufiger betroffen, wenn sie beispielsweise eine offene Wunde haben. Im Krankenhaus ist das Risiko für eine Infektion schon alleine deshalb grösser, weil dort viele Patienten mit "offenen Eintrittspforten" liegen. "Das kann vor allem auf Intensivstationen ein Problem sein, wenn es viele Zugänge in den Körper gibt", sagt der Experte. Eine strenge Hygiene ist daher extrem wichtig.

Katheter in der Harnröhre oder Beatmungsschläuche stellen potenzielle Eintrittspforten für Pseudomonas aeruginosa dar. Zu den häufigsten Erkrankungen, die das Bakterium auslöst, zählen Lungenentzündungen, Harnwegsentzündungen und Entzündungen des Darms. Auch Wundinfektionen und Hirnhautentzündungen kommen vor.

Unklar ist, wie der Keim in Köln in die Spritzen gelangt ist

In der Kölner Praxis scheinen sich die Patienten über die Spritze in den Rücken angesteckt zu haben. "Die Frage ist natürlich, wie der Keim in die Spritze gelangen konnte", sagt Walger.

In medizinischen Praxen werden Medikamente oftmals nicht als Einzeldosis bestellt, sondern Spritzen werden beispielsweise aus Behältern aufgezogen, die viele Dosen enthalten. "Es kann durchaus sein, dass der Keim aus einem solchen Vieldosisbehälter stammt", sagt der Infektiologe. Nach der Quelle müsse nun intensiv gefahndet werden.

Die Praxis hat selbst die Staatsanwaltschaft eingeschaltet, die nun untersucht, ob tatsächlich alle 28 Patienten mit demselben Keim befallen sind, ob dieser aus der Praxis stammt und wie er in die Spritzen gelangen konnte. Die Praxis ist weiterhin geöffnet. "Für Patienten, die dort geröntgt werden, besteht kein Risiko", sagt Walger.

Resistenzen gegen

Eine Infektion mit Pseudomonas aeruginosa ist oft gar nicht so einfach zu behandeln: Der Keim ist je nach Unterstamm gegen unterschiedliche Antibiotika resistent. Sie wirken nicht gegen das Bakterium.

Am besten ist es deshalb, wenn ein sogenanntes Resistogramm erstellt wird. Dieses zeigt, welche Antibiotika gegen einen Keim wirksam sind und welche nicht. "Auf diese Weise kann man eine Infektion gezielt behandeln", sagt Walger.

Der aktuelle Ausbruch in Köln ist mit mutmasslich 28 Betroffenen relativ spät entdeckt worden. "Das liegt daran, dass die Infektionen nicht bei Patienten im Krankenhaus, sondern bei der ambulanten Behandlung aufgetreten sind", sagt Walger.

Patienten, die nach den Spritzen unter einer Infektion litten, wurden in ganz verschiedenen Krankenhäusern behandelt. "Deshalb hat es gedauert, bis der Verdacht aufkam, dass es eine gemeinsame Ursache für die Erkrankungen gibt", sagt Walger.

Transparenz ist wichtig, um weitere Fälle zu vermeiden

Wer sich vor Wochen in der Praxis mit Spritzen behandeln lassen hat, muss jetzt aber nicht mehr fürchten, dass er noch an einer Infektion mit Pseudomonas aeruginosa erkrankt oder bereits erkrankt ist. "Hätte jemand sich infiziert, würde er längst Symptome bemerken", sagt Walger.

Der Infektiologe beurteilt den bisherigen Umgang mit dem Ausbruch in Köln durchaus positiv. "Es ist leider nicht selbstverständlich, dass es einen so offenen und transparenten Umgang mit dem Thema gibt", sagt er. "Es ist sehr wichtig, dass alle Fakten auf den Tisch kommen, denn nur so können andere Einrichtungen aus diesem Fall lernen und Ausbrüche verhindern."

Verwendete Quellen:

  • Dr. Peter Walger, Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene
  • Kozlova EV, Anisimova LA, Boronin AM, "Antibiotic resistance in clinical strains of Pseudomonas aeruginosa isolated from 1979-1984"
  • frontiers in Microbiology: "Research topic on Pseudomonas aeruginosa, biology, genetics, and host–pathogen interactions"
  • waybackmachine: Zeitschrift für Chemotherapie "Pseudomonas aeruginosa"
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