Köln/Tübingen (dpa/tmn) - In der Nähe ist alles klar, doch ferne Gegenstände verschwimmen. Sie lassen sich bestenfalls mit zusammengekniffenen Augen erkennen. Dazu kommen Kopfschmerzen und matte Augen.
Bei diesen Anzeichen empfiehlt sich ein Termin beim Augenarzt. Es könnte eine Myopie dahinterstecken, besser bekannt als Kurzsichtigkeit. Wichtige Fragen und Antworten darauf im Überblick.
Wie erkennt man, dass man kurzsichtig ist?
Der griechische Begriff "myops" bedeutet so viel wie blinzeln - ein typisches Anzeichen für Myopie. Betroffene erkennen in der Ferne weniger, sehen aber in der Nähe klar. Augenärzte wie Tim Behme aus Berlin bezeichnen das nicht als Krankheit, sondern als Abweichung von der Norm. Davon könnte bis zum Jahr 2050 laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation ( WHO) jeder Zweite betroffen sein.
Eine unkorrigierte Kurzsichtigkeit kann schwere Folgen wie eine Netzhautablösung nach sich ziehen. Darum sollte sie frühzeitig von einem Augenarzt diagnostiziert werden. Er verwendet dafür spezielle Geräte, die durch den Einsatz von Lichtstrahlen die Brechkraft des Auges messen. Mit einem zusätzlichen Sehtest überprüft der Arzt die Ergebnis - und bestimmt dann, welche Brillengläser oder Kontaktlinsen der Patient für eine klare Sicht benötigt.
Was macht ein Auge kurzsichtig?
"Kurzsichtigkeit entsteht meist dadurch, dass der Augapfel physikalisch gesehen zu lang ist", erklärt Professor Frank Schaeffel vom Forschungsinstitut für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Tübingen. Beim Sehen fällt das Licht eines entfernten Gegenstands durch die Augenlinse auf die Netzhaut. Die Augenlinse bricht die Strahlen in einem bestimmten Winkel nach innen.
Der Winkel wird gesteuert von Muskeln, die die Linsenkrümmung und damit die Brennweite der Linse verändern. Diese Muskeln sind bei der Nahsicht angespannt, die Linse ist mehr gekrümmt. Das Bild wird auf der Netzhaut scharf abgebildet. Beim Sehen in die Ferne entspannen sich die Muskeln, die Linse wird flacher und die Brennweite länger. Da der Augapfel eines Kurzsichtigen zu lang ist, wird das Bild kurz vor der Netzhaut abgebildet. "So erzeugt ein um 1 Millimeter zu langes Auge beim Erwachsenen eine Myopie von 2.7 Dioptrien", sagt Schaeffel.
Was sind die Ursachen für Kurzsichtigkeit?
Kurzsichtigkeit entwickelt sich meistens zwischen dem 6. und dem 25. Lebensjahr, sagt Wolfgang Wesemann, fachlicher Berater für die Initiative Kuratorium Gutes Sehen. Warum der Augapfel bei manchen Menschen zu lang wird, ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Veranlagung sei dabei eher nebensächlich, sagt Ian Morgan vom Forschungsinstitut für Biologie an der Australian National University in Canberra. Stattdessen machen Forscher Umweltfaktoren für die Entwicklung verantwortlich.
Heute verbringen Kinder viel Zeit drinnen - beim Lesen und Schreiben in der Schule, mit einem Buch, vor dem PC oder Smartphone zu Hause. Dieses ständige Nahsehen und vielleicht auch der Mangel an Tageslicht scheinen Kurzsichtigkeit zu begünstigen. Warum das allerdings so ist - da tappt die Wissenschaft immer noch im Dunkeln.
Kann Kurzsichtigkeit behandelt werden?
Das Fortschreiten der Myopie kann man nur im Schulalter beeinflussen, sagt Wissenschaftler Morgan. Kinder sollten so viel wie möglich im Freien spielen und so auch für die Augen einen Ausgleich schaffen. Je früher, desto besser. Eine hemmende Wirkung auf das Fortschreiten der Myopie können laut Schaeffel auch Augentropfen mit dem aus der Tollkirsche gewonnenen Wirkstoff Atropin sowie spezielle Linsen haben.
Und bei Erwachsenen?
Wenn die Myopie bei Erwachsenen erst mal da ist, bekommt man sie nicht mehr weg, sagt Wesemann. Ab 30 Jahren kann man lediglich etwas gegen die Symptome unternehmen. Betroffene sollten eine passende Brille oder Kontaktlinsen tragen. Angst, dass sie dadurch immer kurzsichtiger werden, müssen sie nicht haben: Dieser Mythos sei mittlerweile widerlegt worden.
Wichtig ist aber, dass Betroffene eine von ihrem Augenarzt genau auf ihre Bedürfnisse angepasste Sehhilfe tragen. Für eine regelmässige Überprüfung der Sehstärke reicht der Besuch beim Optiker, solange keine Beschwerden auftreten. © dpa
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