Leonid Stadnik war angeblich 2,57 Meter gross. Nun ist der vermutlich grösste Mensch der Welt mit nur 44 Jahren an einem Hirnschlag gestorben. Wurde ihm seine Grösse zum Verhängnis? Wie gefährlich ist Gigantismus und müssen sich hochgewachsene Menschen generell Sorgen um ihre Gesundheit machen?
Leonid Stadnik gehörte zu den grössten Menschen der Welt. Offiziell ist das nicht bestätigt: Stadnik wollte sich nicht von den Guiness-Buch-Kontrolleuren messen lassen. Am vergangenen Sonntag ist der Ukrainer im Alter von 44 Jahren nach einem Hirnschlag verstorben. Ist sein exzessives Wachstum schuld? Dieses hatte nach einer Gehirn-OP in der Pubertät eingesetzt. Ein Tumor hatte sich in der Hypophyse, einer Drüse im Gehirn, die das Wachstumshormon produziert, gebildet. Dadurch entwickelte sich eine Form des Gigantismus, die sogenannte Akromegalie. Sie wird in 95 Prozent der Fälle durch einen gutartigen Tumor im Hypophysenvorderlappen verursacht. Die Erkrankung ist äusserst selten: In Deutschland gibt es etwa 3.000 bis 5.000 Betroffene.
Woran erkennt man Gigantismus?
Bei Kindern bewirkt eine Akromegalie Riesenwuchs. Als Erwachsene werden sie mindestens 2,00 Meter (Männer) beziehungsweise mindestens 1,85 Meter (Frauen) gross. Entsteht die Krankheit im Erwachsenenalter, kommt es vor allem zu einer Grössenzunahme von Händen und Füssen. Weniger sichtbare Symptome sind Veränderungen der Organe und des Stoffwechsels. Typisch sind Begleiterscheinungen wie Bluthochdruck, Kopfschmerzen oder Sehstörungen.
Mit einer Hormonanalyse ist die Krankheit im Frühstadium diagnostizierbar. Eine tumorbedingte Akromegalie wird je nach Einzelfall und Grösse der Geschwulst durch Operation, Medikamente oder Bestrahlung therapiert. Eine Heilung ist allerdings nur möglich, wenn der Tumor vollständig entfernt werden kann.
Akromegalie sollte man nicht mit dem "normalen", sogenannten konstitutionellen Hochwuchs verwechseln. Dieser lässt sich bereits im Kindesalter durch eine Anamnese erkennen. Wenn zu erwarten ist, dass ein Mädchen grösser als 1,80 Meter und ein Junge grösser als 1,95 Meter wird, kann auf Wunsch der Eltern durch eine Therapie mit Sexualhormonen gegengesteuert werden.
Ist es gefährlich, gross zu sein?
Leonid Stadnik ist nach einem Schlaganfall verstorben. Nach Meinung von Prof. Dr. Jeanette Schulz-Menger, Kardiologin am Helios-Klinikum Berlin-Buch und an der Charité, ist das die Ausnahme: "Nicht jeder Schlaganfall führt zum Tod. Es gibt unterschiedliche Zwischenstufen. Der plötzliche Tod ist sehr selten und wird meist durch eine Blutung verursacht." Es könne sein, dass sich bei Stadnik durch die hormonelle Erkrankung das Blutgerinnungssystem verändert habe oder er an einem schweren Bluthochdruck gelitten hat.
Trotzdem war seine Grösse wahrscheinlich nicht ausschlaggebend für den frühen Tod des Riesen: "Die Körperlänge ist unkritisch. Die Risiken bestehen eher durch das Körpergewicht", sagt Schulz-Menger. Immerhin brachte Stadnik etwa 200 Kilogramm auf die Waage und litt mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 30.5 unter deutlichem Übergewicht. Dieses gilt als Risikofaktor für unterschiedliche Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt, Bluthochdruck und Schlaganfall. "Übergewicht löst aber nicht unbedingt sofort einen Hirnschlag aus, sondern es müssen mehrere Faktoren zusammenkommen, wie zum Beispiel Bluthochdruck", erklärt Schulz-Menger.
Grosse Menschen ohne Akromegalie hätten nichts zu befürchten: "Diese Extremsituation kann man in keiner Weise auf 'normale' grosse Menschen oder 'normale' Übergewichtige ausweiten. Das ist eine sehr seltene Erkrankung."
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