Fussballer Leroy Sané hat Medienberichten zufolge seit längerem immer wieder mit Problemen am Schambein zu kämpfen. Wieso gerade Leistungssportler oft von Schambeinentzündungen geplagt sind und wie lange eine Heilung dauern kann.

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Bereits zur Halbzeit musste Leroy Sané beim EM-Viertelfinale gegen die Spanier das Spielfeld verlassen. Medienberichten zufolge soll er erneut unter Schmerzen am Schambein gelitten haben. Bereits im April sprach Sportdirektor Christoph Freund bei "Sky Austria" über die gesundheitlichen Probleme des FC-Bayern-Spielers. Sané habe stets die Zähne zusammengebissen und trotz Schmerzen und Trainingsausfall bei Spielen eine super Leistung gebracht.

Kurz nach dem EM-Aus unterzog sich Leroy Sané in München einem minimal-invasiven Eingriff an der Leiste. Das gab sein Verein, der FC Bayern München, auf seiner Internetseite bekannt. Schmerzen soll er schon zum Ende der abgelaufenen Saison gehabt haben. Bereits Ende Juli soll er wieder ins Training einsteigen.

Handelt es sich bei einer Schambeinentzündung um eine typische Sportlererkrankung?

Pouria Taheri ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. In seiner Berliner Praxis für Orthopädie und Traumatologie behandelt und begleitet er auch viele Athleten. Er sagt im Gespräch mit unserer Redaktion: "Eine Schambeinentzündung, auch Osteitis pubis genannt, ist eine Verletzung im Bereich des Knochens und der Adduktorenansätzen des Beckens. Die Inzidenz (Häufigkeit, Anm. d. Red.) ist bei Menschen, die Belastungssportarten und Ballsportarten betreiben, vor allem Fussball, besonders hoch."

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Weiter erklärt er: "Die Bewegung beim Passspiel, vor allem beim Standbein, führt dazu, dass die Muskulatur – gemeint sind die Adduktoren und die Bauchmuskulatur – an diesem Knochen stark zieht. Diese beiden Züge reizen den Knochen so sehr, dass sich dort ein Ödem entwickelt, welches dann zu einem Druckschmerz beim Laufen, Passen oder bei bestimmten Drehbewegungen führt."

Unter Laien könne die Ursache des Problems auch eine zu schwache Muskulatur sein. Bei Profi-Sportlern handele es sich jedoch um eine klassische Überlastung. Schätzungen zufolge erleiden jährlich etwa 0,5 bis sieben Prozent der Sportler eine Schambeinentzündung. Dies sind vor allem männliche Fussballer.

Wo befindet sich das Schambein und welche Funktionen hat es?

Das Schambein ist ein knöcherner Bestandteil des Beckens. Das linke und das rechte Schambein laufen winkelförmig aufeinander zu. In der Mitte sind sie durch die Schambeinfuge aus Faserknorpel verbunden. Das Schambein erfüllt mehrere wichtige Funktionen:

  • Es unterstützt die Stabilität des Beckens, den aufrechten Gang und Stand.
  • Vom Schambein aus gehen verschiedene Muskeln und Bänder ab, beispielsweise die Adduktorenmuskeln des Oberschenkels.
  • Es trägt zum Schutz der innenliegenden Geschlechtsorgane bei.
  • Bei Frauen bildet das Schambein einen Teil des knöchernen Geburtskanals.

Symptome: Wie fühlen sich Schambeinschmerzen an?

Neben dem von Pouria Taheri beschriebenen Druckschmerz können die Beschwerden vor allem unter Belastung auch in Richtung Hüfte, Leiste oder untere Bauchmuskulatur ausstrahlen. Auch die Mobilität der Hüfte kann bei Problemen mit dem Schambein eingeschränkt sein. Und: "Oft treten vermehrt Beschwerden auf, wenn die Böden beim Fussball bedingt durch die Jahreszeit härter werden", so Taheri.

Wie diagnostiziert man eine Schambeinentzündung?

Da die Schmerzen von der Schambeinregion in andere Regionen ausstrahlen können, müssen andere Erkrankungen ausgeschlossen werden. Abtasten der Region liefert erste Hinweise, mit dem Ultraschall kann man dann mehr sehen: "Im Ultraschall kann man schon erahnen, wenn sich Flüssigkeit drumherum angesammelt hat. Das gibt aber noch keine endgültige Diagnose", so Pouria Taheri. "Im nächsten Schritt kann man eine MRT machen, wenn die Beschwerden darauf hindeuten, dass es sich um eine Schambeinentzündung handelt."

Wie wird eine Schambeinentzündung behandelt?

Bei der Behandlung seiner Patienten mit Problemen am Schambein verfolgt Sportmediziner Taheri einen ganzheitlichen Ansatz: "Einerseits muss man physiotherapeutisch rangehen und die Muskulatur kräftigen und anreizen. In der ersten Phase ist jedoch Schonung angesagt – in dieser Zeit muss man mit dem eigentlichen Sport aufhören. Also: Erst einmal Ruhe reinbekommen. Dann wird mit Physiotherapie und entzündungshemmenden Medikamenten gearbeitet. Auch die Stosswellentherapie hat gerade bei dieser Erkrankung eine grosse Evidenz."

Ist der Patient wieder fit genug, muss die Muskulatur durch gezieltes Training gestärkt werden. "Die Therapie ist natürlich individuell. Bei der Physiotherapie muss beispielsweise geschaut werden, ob die Muskulatur zu viel Spannung oder keine Stabilität hat. Darauf basierend verläuft die Therapie", so Taheri. Ob eine Operation nach einer konservativen Therapie sinnvoll ist, etwa bei einer hartnäckigen Entzündung am Adduktorenansatz, hängt vom Krankheitsbild ab.

Wird man nach einer Schambeinentzündung wieder richtig fit?

Leroy Sané soll bereits in wenigen Wochen wieder am Training teilnehmen. Der Heilungsprozess könne jedoch auch sehr langwierig sein, sagt Taheri. Zwar können Betroffene nach einer ausgeheilten Schambeinentzündung wieder topfit werden, mitunter sind jedoch Geduld und Disziplin gefordert: "Es kann wirklich lange dauern. Sechs bis acht Monate können schon vergehen – und diese Zeit ist meist nicht ganz schmerzfrei."

Über den Gesprächspartner:

  • Dr. med. Pouria Taheri ist Facharzt für Orthopäde und Unfallchirurgie. In seiner orthopädischen Praxis in Berlin verfolgt er zusammen mit einem Team von hochqualifizierten Sportmedizinern, selbst begeisterte Athleten, einen ganzheitlichen Behandlungsansatz und ist auf operative und konservative Therapien spezialisiert. Zu seinen Zusatzqualifikationen zählen Sportmedizin, Knie- und Hüft-Endoprothetik, Kernspintomographie des Haltungs- und Bewegungsapparates und Ernährungsmedizin. Zudem begleitet und berät er Athleten vor und nach Wettkämpfen.

Verwendete Quellen:

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