Schlafmangel trübt Stimmung und Wohlbefinden. Nach mehreren kurzen Nächten sind die Folgen meist deutlich spürbar. Aber wie steht es eigentlich mit der Stimmungslage bei notorischen Langschläfern? Sind ausgiebige Ruhestunden wirklich Balsam für die Seele - oder können sie sogar schädlich sein?
Viel Schlaf fördert nicht unbedingt unser psychisches Wohlbefinden. "Langer Schlaf kann sich negativ auf unsere Stimmung auswirken und gegebenenfalls bestehende Depressionen sogar verstärken", sagt Andreas Hagemann, Ärztlicher Direktor der Röher Parkklinik in Eschweiler. Statt am Morgen ausgeruht aufzustehen, fühlen sich Betroffene oft erschöpft und niedergeschlagen.
Doch dass zu lange Bettzeiten auch gesunde Menschen depressiv machen können, ist wissenschaftlich nicht belegt. Im Gegenteil: "Während der eine mit fünf Stunden hinkommt, fühlt sich der andere vielleicht erst nach zehn oder elf Stunden morgens fit und munter", erläutert der Experte. "Entscheidender als die Dauer des Schlafes ist dessen Qualität für unser Wohlbefinden", stellt der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie klar.
Nachweislich schädlich für Körper und Psyche wirkt sich dagegen chronischer Schlafmangel aus: "Finden wir nachts keine Ruhe, so fühlen wir uns am nächsten Morgen in der Regel übermüdet und reagieren gereizt", erklärt Hagemann. Sind wir ständig übermüdet, steigt langfristig das Risiko fettleibig zu werden, wie Studien belegen. Es drohen ernsthafte Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems.
Keine Panik bei kurzfristigen Schlafstörungen
"Schlafstörungen zeigen sich in vielen Facetten und haben vielfältige Ursachen", so Hagemann. Handelt es sich um kurzfristige Schlafstörungen, wie sie zum Beispiel nach belastenden Ereignissen auftreten können, bestehe kein Grund zur Sorge.
"Anders sieht es jedoch aus, wenn sich die Ein- oder Durchschlafbeschwerden über mehrere Wochen hinziehen", sagt der Experte und rät in diesen Fällen "zur baldigen medizinischen Ursachenklärung."
In der Regel bringt das Schlaflabor fundierte Erkenntnisse über Schlafstörungen. "Diese zeigen sich nicht immer als eigenständiges Krankheitsbild", erläutert Hagemann, "sondern sind möglicherweise auch das Symptom einer anderen Erkrankung – vielfach etwa einer Depression oder weiterer psychischer sowie psychosomatischer Störungen."
Dabei steht fest: Jeder Mensch hat eine für ihn charakteristische Schlafarchitektur, also einen Wechsel von verschiedenen Schlafphasen. "Diese ist gerade bei psychischen Erkrankungen gestört", weiss der Experte.
Ist die Ursache psychisch bedingt, so ist eine fachärztliche Behandlung sinnvoll. Bei ausgeprägter Symptomatik sollte auch über eine stationäre Behandlung in einer Fachklinik nachgedacht werden. "Hier können in therapeutischen Gesprächen intensiv die Ursachen, wie tiefliegende seelische Konflikte, ermittelt und durch ein darauf abgestimmtes Therapieprogramm geklärt werden", erläutert Dr. Hagemann.
Qualität des Schlafes ist entscheidend für Wohlbefinden
Menschen mit Schlafstörungen wünschen sich sehnlichst, die Nacht durchgehend tief und fest zu schlummern. Doch dies widerspricht eigentlich unserem natürlichen Schlafrhythmus: "Die ersten Stunden der Nachtruhe sind meist von einem leichten Schlaf geprägt", sagt Hagemann. "In dem anschliessenden Tiefschlaf erholen sich Körper und Geist", so der Facharzt.
Dies bedeutet aber nicht, wie häufig vermutet: Je mehr Stunden ich schlafe, desto fitter bin ich am nächsten Morgen. Diesen Mythos haben Experten längst widerlegt. "Ausschlaggebend ist nicht die Dauer unseres Schlafes, sondern vielmehr dessen Qualität", stellt Dr. Hagemann klar. (kad)
Dr. med. Andreas Hagemann ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Er führt als Ärztlicher Direktor die Röhrer Parkklinik bei Aachen.
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