Bei einem Gesundheitsproblem ist es oft gut, das zügig abklären zu lassen. Doch oft müssen Patientinnen und Patienten lange auf einen Termin in der Facharztpraxis warten. Wenn man überhaupt einen bekommt. Was kann man dann tun?

Mehr zum Thema Gesundheit

Warten, bis der Arzt kommt: Daran sind Patienten und Patientinnen ja schon gewöhnt. Erfahrungsgemäss bringt man besser Zeit mit, wenn man sich ins Wartezimmer einer Arztpraxis setzt, besonders, wenn man die freie Sprechstunde besucht. Aber auch, wenn man einen konkreten Termin ausgemacht hat, kann es je nach Praxis und Andrang länger dauern.

Doch was, wenn man erst gar keinen Termin angeboten bekommt? Oft heisst es: "Der nächste freie Termin ist erst in sechs Wochen." Oder auch: "Wir nehmen keine neuen Patienten auf." So die Antwort vieler Facharztpraxen – und manchmal auch von Hausarztpraxen, zum Beispiel wenn man nach einem Umzug eine neue sucht. Dann ist es noch nicht einmal möglich, sich in die freie Sprechstunde zu setzen.

Was lässt sich in dieser Situation tun, um doch noch einen Arzttermin zu bekommen?

Weil Termine fehlen, sind Notaufnahmen überlastet

Lange auf einen Termin warten zu müssen, ist kein neues Phänomen. Doch die Lage hat sich in den letzten Jahren verschärft – in einigen Facharztgruppen mehr, in anderen weniger. Besonders schwierig ist es, einen Termin bei Psychotherapeuten oder -therapeutinnen zu bekommen, vor allem für Kinder und Jugendliche. Hier betrugen die Wartezeiten zuletzt nicht selten ein halbes Jahr oder länger. Aber auch auf einen Hautarzt- oder Augenarzttermin muss man unter Umständen mehrere Wochen warten.

Wenn Patienten und Patientinnen zum Teil wochenlang vertröstet werden, kann das riskant sein – denn bei manchen (wenn auch nicht allen) Beschwerden ist es wichtig, frühzeitig zu behandeln, damit es keine Komplikationen gibt. Und manchmal belasten die Symptome im Alltag auch einfach. Kein Wunder, dass viele bei Terminproblemen nervös werden und Beschwerden lieber zügig abklären lassen wollen. Im Extremfall gehen Menschen dann in die Notaufnahme, obwohl sie kein Notfall sind, was dann wieder andere Probleme nach sich zieht.

Die Politik verpflichtet Arztpraxen, mehr Termine anzubieten – mit gemischtem Erfolg

Um das Problem zu lösen, verpflichtete die Politik 2019 Arztpraxen dazu, die Mindestsprechstundenzeit von 20 auf 25 Stunden pro Woche anzuheben. Ausserdem bekamen Arztpraxen finanzielle Anreize, wenn sie Termine an neue Patientinnen und Patienten vergaben.

Doch diese sogenannte Neupatientenregelung wurde Anfang des Jahres 2023 unter lautem Protest der Ärzteschaft abgeschafft. Vielerorts verschlechterte sich daraufhin die Terminsituation, vor allem für diejenigen, die auf der Suche nach einem Facharzttermin oder einer neuen Hausarztpraxis waren – obwohl andere finanzielle Anreize für Praxen erhalten blieben, wenn sie Termine an neue Patienten vergeben.

Wer Hilfe bei der Terminsuche anbietet

Laut Gesetz sollen Patienten und Patientinnen innerhalb von vier Wochen einen Arzttermin bekommen. Das gilt auch für U-Untersuchungen bei Kindern. Ein Termin bei Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen soll innerhalb von zwei Wochen ermöglicht werden. Doch oftmals klappt das nicht. Deshalb sollen weitere Massnahmen und Unterstützungsmöglichkeiten bei der Terminsuche helfen:

Terminservicestellen

Sie bieten eine telefonische Vermittlung für Arzttermine an und sollen auch erste Ansprechpartner bei Fragen zur ambulanten Versorgung und bei Notfällen sein. Die Terminservicestellen sind unter der Nummer 116 117 rund um die Uhr an sieben Tage pro Woche im gesamten Bundesgebiet erreichbar. Mit einem Vermittlungscode funktioniert das auch online. Dieser Code steht entweder auf dem Überweisungsschein aus der Hausarztpraxis oder kann bei den Terminservicestellen angefordert werden.

Doch die Hilfe durch die Terminservicestellen hat auch unerwünschte Nebenwirkungen: Gerade bei einer Psychotherapie ist es mit einem einmaligen Termin nicht getan, Patienten und Patientinnen brauchen einen Therapieplatz. Früher musste die Krankenkasse die Kosten für eine private Psychotherapie erstatten, wenn kein regulärer Therapieplatz gefunden wurde. Jetzt verweisen sie auf die Terminservicestellen – Patientinnen und Patienten müssen deshalb jetzt oft sogar länger auf einen Therapieplatz warten als früher.

Mehr spontane Termine

Damit für die Vermittlung genügend freie Termine zur Verfügung stehen, sind Facharztpraxen, die zur Grundversorgung zählen, verpflichtet, fünf Termine pro Woche als offene Sprechstunde anzubieten. Zur Grundversorgung zählen zum Beispiel Augenarzt-, Hals-Nasen-Ohren-Arzt- oder Frauenarztpraxen.

Krankenhaus statt Arztpraxis

Sollte die Vermittlung eines Arzttermins innerhalb von vier Wochen nicht erfolgreich sein, sollen die Terminservicestellen auch ambulante Behandlungen in Krankenhäusern vermitteln. Das klappt laut Unabhängiger Patientenberatung Deutschland aber nicht besonders gut. Die Mitarbeiter der Servicestellen wissen offenbar oft selbst nicht immer über diese Möglichkeit Bescheid.

Hilfe durch Krankenkassen

Auch einige Krankenkassen helfen bei der Terminsuche. Als zusätzlichen Service verschicken einige dieser Kassen sogar SMS zur Erinnerung kurz vor dem Termin, wenn man das möchte.

Hilfe durch Kassenärztliche Vereinigungen

Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) bieten Unterstützung bei der Terminvereinbarung mit Facharztpraxen an. Je nach Region in den einzelnen Bundesländern sind unterschiedliche KVen zuständig.

Videosprechstunden

Sollte ein direkter Besuch in der Arztpraxis nicht zeitnah möglich sein, kann ein Termin in einer Videosprechstunde eine Alternative sein. Die Verbraucherzentralen machen jedoch darauf aufmerksam, dass diese Angebote nicht immer datenschutzkonform eingesetzt werden.

Hilfe durch Online-Portale

Auch private Online-Portale bieten die Vermittlung von Arztterminen an. Zum Teil nutzen Arztpraxen diese Buchungstools, um die Terminvergabe an Patienten zu vereinfachen. Aber auch hier gibt es manchmal Datenschutzprobleme.

Lesen Sie auch: Aggression nimmt zu: Wie sich Praxen gegen immer wütendere Patienten wehren

Wirklich schnellere Termine beim Arzt?

Immer wieder wird der Vorwurf laut, dass privat Versicherte schneller an Arzttermine kommen als gesetzlich Versicherte. Doch die Daten dazu sind widersprüchlich und zum Teil schon einige Jahre alt. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) schliesst aus Umfragen, dass die Wartezeiten zwar variieren, es aber keine nennenswerten Unterschiede bei der Terminvergabe gibt. Zwei Drittel der Versicherten seien zufrieden mit den Wartezeiten.

Eine Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts stellt jedoch fest, dass im Jahr 2020 circa ein Drittel der Befragten länger als drei Wochen auf einen Termin beim Facharzt warten mussten und dass privat Versicherte schneller einen Termin bekommen als gesetzlich Versicherte. Die Untersuchung bezweifelt, dass die Terminservicestellen viel dazu beitragen können, das Problem zu lösen: Sie seien dazu nicht bekannt genug.

Ausserdem vermitteln die Terminservicestellen keine Wunschtermine bei den bevorzugten Ärzten oder Ärztinnen, sondern bringen Patientinnen und Patienten mit frei gemeldeten Terminen aus Arztpraxen in einem bestimmten Umkreis zusammen. So vermittelte Termine werden leider häufig nicht wahrgenommen, ohne dass abgesagt wird. Dann verfallen sie. Das ist für Arztpraxen ein Problem, weil sie anderen diesen Termin hätten anbieten können. Und Menschen, die dringend auf einen Termin angewiesen sind, müssen deshalb länger als nötig warten.

Das zeigt: In der Praxis ist das Problem mit zu langen Wartezeiten nicht so leicht zu lösen, wie es auf dem Papier klingt. Dazu kommt, dass die ambulante Versorgung vielerorts schlechter wird. Besonders in ländlichen Gebieten wird es zunehmend schwierig, Ärzte oder Ärztinnen zu finden, die eine Praxis übernehmen – und viele wollen nicht mehr Vollzeit arbeiten. Auch fehlen Medizinische Fachangestellte. Durch den demografischen Wandel wird der Bedarf nach medizinischer Versorgung in den kommenden Jahren aber weiter steigen. Wie sich diese Veränderungen auf das Terminangebot auswirken, muss man abwarten.

Verwendete Quellen:

  • Kassenärztliche Bundesvereinigung: Nein zur Abschaffung der Neupatientenregelung
  • Bundesministerium für Gesundheit: Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG)
  • Der Patientenservice: Eterminservice
  • Unabhängiger Patientenberatung Deutschland: "Ziel klar verfehlt": Unabhängige Patientenberatung fordert Nachbesserungen bei der Umsetzung des Terminservice-Versorgungsgesetz (TSVG)
  • Krankenkassen Deutschland: Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen
  • Verbraucherzentrale: Telemedizin: Datenschutz bei Videosprechstunden
  • WDR: Doctolib – Wie steht es mit dem Datenschutz?
  • Deutsches Krankenhausinstitut: Projektbericht: Patientenbehandlung im Spannungsfeld zwischen Sicherstellungsverantwortung und ambulanter Versorgungsrealität
  • Kassenärztliche Bundesvereinigung: Gesundheitsdaten: Die Wartezeit ist für die meisten kurz
Dieser Beitrag stammt vom Journalismusportal RiffReporter. Auf riffreporter.de berichten rund 100 unabhängige JournalistInnen gemeinsam zu Aktuellem und Hintergründen. Die RiffReporter wurden für ihr Angebot mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet.

  © RiffReporter

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.