Wer Schuppenflechte hat, tut oft alles dafür, dass niemand seine Krankheit entdeckt. Schwieriger als die Auswirkungen der Erkrankung auf den Körper sind meistens die sozialen Folgen für die Betroffenen. Inzwischen stehen sehr wirksame Medikamente für die Behandlung zur Verfügung.
Als Ottfrid Hillmann eines Morgens aufwachte, war seine Haut von silbrigen Schuppen überzogen. "Ich wusste gar nicht, was los war", sagt er.
Schuppenflechte war in seiner Familie zuvor kein Thema gewesen. Ein Arzt stellte die Diagnose.
Betroffene sind Meister im Tarnen
Erst, als Ottfrid Hillmann sich näher mit dem Thema beschäftigte, wurde ihm klar, dass er mit der Krankheit in seiner Familie wohl nicht alleine war: "Ich habe meine Grosseltern nie ohne lange Ärmel und sehr zugeknöpft erlebt", sagt er.
"Selbst wenn es draussen heiss war und sie sich im Garten aufgehalten haben." Er vermutet, dass sie die Krankheit versteckt haben, auch vor ihm, weil sie ihnen unangenehm war: "Wer Schuppenflechte hat, der ist leider oft ein Meister im Tarnen und Täuschen."
Ottfrid Hillmann ist heute Vorsitzender des Deutschen Psoriasis Bundes. Psoriasis ist der Fachbegriff für Schuppenflechte.
Die Krankheit zeigt sich auf der Haut. Es gibt verschiedene Formen, aber typisch sind silbrige Schuppen, unter denen ein silbriges Häutchen zurückbleibt, wenn man sie abkratzt. Entfernt man auch dieses Häutchen, kommt es zu einer leichten Blutung.
Psoriasis-Erkrankte fühlen sich oft alleine
Weil die Krankheit teils heftige Hauterscheinungen auslöse, versuchten viele Betroffene, sie zu verstecken, sagt Hillmann. Oft gelingt das auch – aber es führt dazu, dass Schuppenflechte in der Öffentlichkeit praktisch gar nicht vorkommt.
Viele Betroffene fühlen sich deshalb sehr alleine – und tun erst recht alles dafür, dass niemand ihre Krankheit entdeckt.
Wer einmal von einer Schuppenflechte betroffen ist, wird die Krankheit nicht wieder los. Sie bricht meist in Schüben aus.
Dazwischen bilden sich die Schuppen in der Regel komplett zurück, allerdings bleiben in einigen Fällen Narben. Manchmal bleiben die Hauterscheinungen auch dauerhaft bestehen.
Damit man überhaupt eine Schuppenflechte entwickelt, braucht man eine genetische Veranlagung dafür, die medizinisch noch nicht vollständig erforscht ist. "Die Veranlagung alleine reicht aber noch nicht – es muss auch noch ein Auslöser dazukommen", erklärt Hillmann.
Auslöser für Schuppenflechte: Medikament, Stress oder hormonelle Veränderung
Das kann zum Beispiel ein bestimmtes Medikament sein, auf das der Körper reagiert, aber auch eine Erkrankung wie eine Mandelentzündung, hormonelle Veränderungen – oder ganz allgemein Stress.
Es gibt darüber hinaus bestimmte Krankheiten, die häufiger in Verbindung mit einer Schuppenflechte auftreten, darunter Übergewicht, Herzinfarkt, Diabetes und Schlaganfälle.
Manche Schübe verlaufen so, dass die Gelenke angegriffen werden. Auch deshalb gehört ein Patient mit Schuppenflechte zu einem Arzt oder einer Ärztin, die sich mit der Krankheit auskennt.
Positiv beeinflussen lasse sich eine Psoriasis-Erkrankung, wenn Patienten ihre Lebensgewohnheiten änderten, sagt Hillmann. Er empfiehlt: "Nicht rauchen, nur wenig Alkohol, ausreichend Bewegung und möglichst wenig Stress."
Die Verläufe können sehr unterschiedlich sein
Schuppenflechte tritt besonders häufig an den Schienbeinen, am Ellbogen, am Rücken und im Bereich um den Bauchnabel herum auf.
"Diese Bereiche kann man gut verstecken", sagt Hillmann. "Der Preis dafür ist aber, dass man im Sommer schwitzen muss."
Eine andere Form der Schuppenflechte zeigt sich vor allem an Händen und Füssen. "An den Füssen ist das besonders unangenehm, weil Betroffene oft heftige Schmerzen haben und teils nicht mehr laufen können."
Aktuellen Schätzungen zufolge leiden in Deutschland mehr als zwei Millionen Menschen an einer Schuppenflechte. "Ich gehe allerdings davon aus, dass die Dunkelziffer deutlich höher ist", sagt Dr. Hortensia Pfannenstiel im Gespräch mit unserer Redaktion.
Sie ist niedergelassene Hautärztin in München. Der Erfahrung der Expertin nach geht nicht jeder Erkrankte zum Arzt – und nicht immer wird eine Schuppenflechte richtig diagnostiziert.
Verschiedene Medikamente können zum Einsatz kommen
Die Krankheit lässt sich medikamentös inzwischen gut eindämmen. In leichten Fällen hilft es häufig schon, eine Salbe auf die betroffenen Hautstellen aufzutragen. "Manchmal ist eine lokale Behandlung ausreichend", sagt die Hautärztin.
Bei der Behandlung brauchen Betroffene Geduld. "Wenn jemand zum ersten Mal wegen Schuppenflechte behandelt wird, würde ich acht bis zwölf Wochen mit der Salbe arbeiten und abwarten, ob sich etwas tut", sagt die Expertin. Zeige sich bis dahin keine Wirkung, trete allerdings wahrscheinlich auch keine mehr ein.
In solchen Fällen sind Tabletten das Mittel der Wahl. Diese enthalten zum Beispiel Fumarsäure. "Wichtig ist, die Patienten vor der Behandlung gründlich zu untersuchen", sagt Pfannenstiel.
Wird medikamentös behandelt, müssen Betroffene langfristig immer wieder ein Blutbild machen lassen, da einige Wirkstoffe als Nebenwirkung zum Beispiel Nierenschäden auslösen können, die so frühzeitig sichtbar werden.
In schweren Fällen können Biologics helfen
Einige Betroffene leiden nicht nur unter den Hauterscheinungen der Schuppenflechte, sondern die Autoimmunkrankheit greift auch ihre Gelenke an. Der Vorteil bei einer innerlichen Anwendung ist, dass dabei viele Medikamente dabei nicht nur auf die Haut, sondern auch gegen die Schmerzen in den Gelenken wirken.
In schweren Fällen von Schuppenflechte kann manchmal auch eine besondere Klasse von Medikamenten notwendig sein. Bei den sogenannten Biologics handelt es sich um Substanzen, die mit Hilfe von Gentechnik hergestellt werden. Sie wirken spezifisch auf bestimmte Zellen im Immunsystem.
Pfannenstiel setzt regelmässig Biologics bei Patienten in ihrer Praxis ein. Die Medikamente werden in bestimmten zeitlichen Abständen gespritzt.
Aktuell sind zur Behandlung der Schuppenflechte sechs verschiedene Biologics auf dem Markt. "Damit gelingt es häufig, dass die Betroffenen beschwerdefrei werden", sagt die Expertin. Sie hat bislang rund 140 Patienten mit diesen Wirkstoffen behandelt und gute Erfahrungen damit gemacht.
Wichtig sei allerdings, das passende Mittel auszuwählen. Welches geeignet ist, hängt beispielsweise von Alter und Lebenssituation und möglichen Zusatzerkrankungen der Betroffenen ab.
Da Biologics auf das Immunsystem wirken, ist es ausserdem wichtig, die Patienten und Patientinnen genau zu untersuchen, bevor sie eine Behandlung beginnen. Da Biologics erst seit einigen Jahren für die Behandlung zur Verfügung stehen, sind die Langzeitwirkungen noch nicht erforscht.
Soziales Umfeld reagiert oft mit Scheu
Wer unter einer unbehandelten oder noch nicht wirksam eingedämmten Schuppenflechte leidet, sieht sich häufig auch mit Scheu aus dem sozialen Umfeld konfrontiert.
Das gilt besonders dann, wenn die Krankheit an gut sichtbaren Stellen wie zum Beispiel an den Händen ausbricht. "Wir Menschen sind evolutionär darauf angelegt, dass wir bei Hauterscheinungen emotional reagieren und erst einmal vorsichtig sind", erklärt Ottfrid Hillmannn.
Bei ansteckenden Krankheiten mag dieser Mechanismus sinnvoll sein. Jedoch nicht bei einer Schuppenflechte, die für andere Menschen völlig harmlos ist.
"Für viele Betroffene ist es schwierig, mit einer Schuppenflechte an den Händen umzugehen", sagt Hillmann. "Es fängt schon damit an, jemandem die Hand zu geben und ihn zu begrüssen."
Seiner Erfahrung nach ist es fast unmöglich, damit in einem Beruf mit Kundenkontakt oder im Lebensmittelbereich zu arbeiten. "Hygienisch ist das überhaupt kein Problem", sagt er. "Sozial wird das aber abgelehnt – und das schränkt die Betroffenen unglaublich ein."
Bis vor einigen Jahren durften Menschen, die an Schuppenflechte erkrankt waren, nicht einmal schwimmen gehen. Die Deutsche Badeordnung verbot es. Der Psoriasis Bund setzte sich erfolgreich dafür ein, dass dieser Passus gestrichen wurde.
Doch die Überwindung, mit einer Schuppenflechte ins Schwimmbad zu gehen, ist bei vielen Betroffenen hoch. "Ich ermutige alle, sich auch mit ihrer Krankheit in der Öffentlichkeit zu zeigen", sagt Hillmann. "Das ist wichtig, damit die Gesellschaft irgendwann einen normalen Umgang damit entwickelt."
Selbsthilfegruppen für Betroffene
"Die Ärzte übernehmen die medizinische Versorgung. Und die machen sie gut", sagt der Experte. "Oft fehlt dort aber die Zeit, um über psychische Probleme zu sprechen, die eine Schuppenflechte mit sich bringt."
Damit wiederum kennen sich Selbsthilfegruppen gut aus: "Dort ist Raum, um über seine Ängste und Probleme zu sprechen und um sich mit anderen auszutauschen."
In Deutschland gibt es inzwischen eine ganze Reihe von Selbsthilfegruppen für Betroffene. Weitere Informationen zur Schuppenflechte gibt es beim Deutschen Psoriasis Bund e.V. Dort gibt es einen Überblick über regionale Selbsthilfegruppen. Auch in der Community tauschen sich Betroffene in einer Online-Selbsthilfe untereinander aus.
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Ottfrid Hillmann, Vorsitzender des Deutschen Psoriasis Bundes
- Gespräch mit Dr. Hortensia Pfannenstiel, niedergelassene Hautärztin in München
- Deutsche Apotheker Zeitung: Biologicals: Teuer, aber bei schwerer Psoriasis wirksam
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