Berlin (dpa) - Der Anteil der wohl noch leichter übertragbaren Omikron-Untervariante BA.2 wächst seit Jahresbeginn kontinuierlich. Auf 38 Prozent beziffert ihn das Robert Koch-Institut (RKI) am Donnerstag (3. März). Die Angabe bezieht sich aber auf vorletzte Woche.
Falls BA.2 nicht aktuell schon dominiert, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis es soweit ist. Auch die bundesweite 7-Tage-Inzidenz stieg zuletzt wieder. Dazu Fragen und Antworten:
Was ist BA.2 eigentlich?
Die weltweit vorherrschende Omikron-Variante von Sars-CoV-2 hat mehrere Subtypen. In Deutschland hat bislang eine Untervariante namens BA.1 für die meisten Fälle gesorgt. Wie in anderen Ländern auch spielt BA.2 jedoch eine zunehmende Rolle. Die beiden Subtypen unterscheiden sich durch eine Reihe von Mutationen voneinander, etwa an entscheidenden Stellen wie dem sogenannten Spike-Protein, mit dem das Virus menschliche Zellen entert. Trotzdem kam eine WHO-Expertengruppe kürzlich zu dem Ergebnis, dass sich beide Subtypen sehr ähnlich verhielten und ähnliche Eigenschaften hätten.
Warum wird BA.2 dennoch genauer beobachtet?
"BA.2 hat offensichtlich hohes Wachstumspotential", sagte der Bremer Epidemiologe Hajo Zeeb. Das könne an besserer Übertragbarkeit und/oder noch stärkerer Immunflucht liegen, also der Fähigkeit, Antikörpern von Geimpften und Genesenen zu entgehen. Zeeb berief sich auf dänische Angaben, wonach die Wachstumsrate von BA.2 im Vergleich zu BA.1 um etwa 30 Prozent höher liege. Dies könne aber zwischen Ländern variieren, zum Beispiel je nach Impfstatus und Kontaktmustern. Laut WHO scheint der Unterschied bei der Übertragbarkeit aber viel geringer zu sein als der Sprung, den es von der zuvor verbreiteten Delta-Variante hin zu BA.1 gegeben hatte.
Was bedeutet das für die weitere Entwicklung in Deutschland?
Fachleute befürchten seit Wochen, dass die Ausbreitung von BA.2 die Omikron-Welle verlängern und den Rückgang der Fallzahlen verlangsamen könnte. Berliner Modellierer sprachen von einer erwarteten Trendwende, also wieder steigenden Fallzahlen.
Am Donnerstag hatte das RKI nach längerem Rückgang wieder einen leichten Anstieg der bundesweiten Sieben-Tage-Inzidenz gemeldet. Am Freitag war der Anstieg sogar deutlich, von 1174 auf 1196. "Die Phase der Hochinzidenz könnte sich hinziehen und ein längeres Plateau bilden", zitierte die "Süddeutsche Zeitung" kürzlich Andreas Bergthaler, Professor für Molekulare Immunologie an der Medizinischen Universität Wien. Wie genau sich die Lage entwickelt, hängt von einigen Faktoren ab: etwa vom Testverhalten, dem Plus an Kontakten durch die Lockerungen und dem Beginn frühlingshafteren Wetters.
Macht der neue Subtyp schwerer krank?
Laut WHO ist bisher keine Zunahme der Krankheitsschwere beobachtet worden, auch wenn es im Tierversuch Hinweise darauf gegeben hatte. Die Beobachtungen kommen allerdings aus Ländern mit vielen Geimpften und Genesenen wie Südafrika, Grossbritannien und Dänemark. Der Virologe Christian Drosten sagte kürzlich, er hoffe auf Erkenntnisse aus Hongkong, wo viele Ältere sehr zögerlich mit der Impfung gewesen seien und wo sich in dieser Gruppe durch Omikron eine hohe Krankheitslast zeige. Auch in Deutschland gilt die Sorge von Experten der relativ grossen Gruppe älterer Menschen ohne Impfschutz.
Was bedeutet BA.2 für Menschen, die bereits mit Omikron infiziert waren?
Dänischen Erkenntnissen zufolge ist es zwar möglich, sich nacheinander mit BA.1 und BA.2 anzustecken. Es wird aber davon ausgegangen, dass dies relativ selten vorkommt - und dann vor allem bei jüngeren, ungeimpften Menschen. Die WHO hält fest, erste Daten deuteten auf einen starken Schutz durch eine BA.1-Ansteckung vor erneuter Infektion mit BA.2 hin - zumindest in dem kurzen Zeitraum, für den es bisher Daten gibt.
Wie hat BA.2 die Situation in Dänemark verändert?
Das nördliche Nachbarland weist mittlerweile fast ausschliesslich BA.2 auf, der Anteil liegt bei etwa 96 Prozent aller Fälle, wie es im jüngsten Tendenzbericht des staatlichen Gesundheitsinstituts SSI hiess. BA.2 hat dort allerdings weder eine neue Welle ausgelöst, noch den rückläufigen Trend der Infektionszahlen umgekehrt - und das trotz Aufhebung praktisch aller Beschränkungen seit 1. Februar. Dem SSI zufolge gehen die Hälfte der Todesfälle und der Krankenhauseinlieferungen coronapositiver Patienten nicht auf Covid-19 zurück, sondern auf andere Ursachen.
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