Sie verursachen anfangs nicht unbedingt Schmerzen noch andere Symptome, bleiben deshalb oft unbehandelt und breiten sich vor allem unter jungen Menschen aus: Syphilis, Chlamydien, Tripper und Feigwarzen. Dr. Klaus Jansen vom Berliner Robert Koch-Institut erklärt im Gespräch mit unserer Redaktion, warum sich immer mehr Deutsche mit sexuell übertragbaren Krankheiten infizieren.

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Die Zahlen, die am Welttag der sexuellen Gesundheit im Jahr 2018 in Deutschland auf den Tisch kommen, sind schockierend: Laut Statistik des Robert Koch-Instituts hat sich die Anzahl der Menschen verdoppelt, die sich in den vergangenen fünf Jahren mit Syphilis infiziert haben. "Rund 7.500 Menschen sind das mittlerweile pro Jahr", sagt Epidemiologe Dr. Klaus Jansen.

Nur Syphilis und HIV-Infektionen sind meldepflichtig

Da Syphilis und HIV-Infektionen zu den meldepflichtigen Krankheiten gehören, gibt es darüber genaue Daten. "Über andere sexuell übertragbaren Krankheiten haben wir keine verlässlichen Zahlen, da es hierfür keine Meldepflicht gibt", erklärt der Wissenschaftler.

Doch einige STI (Englisch: Sexually Transmitted Infections) seien bei manchen Personengruppen relativ weit verbreitet, was angesichts der einfachen Test- und Behandlungsmöglichkeiten mit Antibiotika eine unbefriedigende Situation sei.

Tests sind schmerzlos und meist umsonst

"Deshalb ist es wichtig, nach jedem Risikokontakt einen Test zu machen", appelliert Dr. Jansen. Fast alle Gesundheitsämter würden zumindest für die Feststellung von HIV und Syphilis Tests anbieten, meist anonym kostenfrei oder für wenig Geld um die 10 Euro.

Manche Gesundheitsämter bieten auch Tests für andere STI an. "Für die Testungen von anderen STIs braucht man nur Urin oder einen Abstrich, der mit einem Tupfer gemacht wird, und das tut überhaupt nicht weh", meint der Berliner Wissenschaftler.

Natürlich kann man zum Testen auch eine Arztpraxis aufsuchen, zum Beispiel Gynäkologen, Urologen oder infektiologische Schwerpunktpraxen. Die Krankenkassen würden die Tests bezahlen, wenn Symptome auftreten oder ein Risiko nach dem Kontakt mit einem Menschen besteht, der Krankheitsanzeichen hatte.

Chlamydien: Häufigster Grund für Unfruchtbarkeit

Die bakteriell übertragenen Chlamydien sind wahrscheinlich die häufigste STI in Deutschland. Laut Dr. Jansen ist die Krankheit vor allem unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen verbreitet.

Gründe hierfür seien ein etwas risikoreicheres Sexualverhalten, aber auch, dass das vaginale Oberflächenhautgewebe bei jüngeren Frauen noch nicht ganz ausgereift ist und die Bakterien leichter eindringen können.

Bei vielen der infizierten Frauen und Männer treten lange keine Symptome auf. Im schlimmsten Fall können chronische Infektionen zu Unfruchtbarkeit durch Vernarbungen und Verklebungen der Eileiter führen.

"Bei einem bedeutsamen Anteil der ungewollt kinderlosen Frauen sind verschleppte Chlamydien-Infektionen der Grund", erläutert Epidemiologe Jansen. Sein Tipp: Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen Frauen bis zum 25. Lebensjahr einmal jährlich einen Test auf Chlamydien.

Tripper: Partnerbehandlung nötig

Gonorrhoe heisst die wahrscheinlich zweithäufigste Geschlechtskrankheit, die auch durch Gonokokken übertragen wird. Die Bakterien befallen die Schleimhäute von Harnwegen, Geschlechtsorganen und Enddarm, aber auch Rachen und Augenbindehaut.

Wenn Symptome bemerkt werden, dann verspüren Männer Brennen beim Wasserlassen und Ausfluss. Bei Frauen äussern sich die ersten Krankheitszeichen oft später und zum Teil milder, sodass sich die Entzündung unbemerkt auf Gebärmutter, Eileiter und Bauchfell ausbreiten kann. Folgen können bei beiden Geschlechtern Unfruchtbarkeit, Blutvergiftung, Hirnhaut- sowie Herzinnenhautentzündung sein.

Humane Papillomaviren: Symptomlose Genitalwarzen mit schweren Folgen

HPV werden die Viren abgekürzt, die in ihrer milderen Form sogenannte Feigwarzen im Genital- und Analbereich verursachen. Ihre Behandlung ist meist schwierig, langwierig und unangenehm.

"Die Viren sind auch deshalb so gefährlich, weil andere Subtypen bei Frauen unbemerkt Gebärmutterhalskrebs verursachen können", erklärt Dr. Jansen. "Es gibt aber eine sehr gute prophylaktische Impfung, die Krankenkassen bei jungen Mädchen ab dem neunten Lebensjahr bezahlen und seit diesem Jahr neuerdings auch für Jungen".

Wichtig sei, die Impfung vor dem ersten Geschlechtsverkehr vorzunehmen. Würden alle Eltern in Deutschland diese Chance wahrnehmen, könnten die HPV-Infektionen drastisch gesenkt werden. In Australien beispielsweise sei bei weiblichen Jugendlichen eine Impfrate von 70 Prozent erreicht worden, wodurch die Zahl der HPV-Infektionen innerhalb von nur zwei Jahren um 40 Prozent zurückging.

Syphilis: Bakterien befallen den ganzen Körper

"Vor allem unter Männern in deutschen Grossstädten, die Sex mit Männern haben, hat sich die Syphilis in den vergangenen Jahren rasant ausgebreitet", sagt Dr. Klaus Jansen. Die Ansteckung erfolgt beim ungeschützten Geschlechtsverkehr durch Hautkontakt mit dem Erreger.

Beschwerden wie nicht schmerzhafte Geschwüre an Penis oder Scheide treten nur bei jeder zweiten Infektion auf. Erst später können Hautausschläge, Fieber oder Haarausfall hinzukommen.

Unbehandelt können noch Jahrzehnte später zu Organschäden und auch schweren Schäden am zentralen Nervensystem auftreten. "Das war früher häufiger, ist aber heute wegen der guten Behandlungsmöglichkeit mit Penicillin kaum mehr der Fall", erläutert der Epidemiologe. Wichtig sei auch hier ein Test nach einem Risikokontakt.

Dr. Klaus Jansen ist Epidemiologe am Berliner Robert Koch-Institut in der Abteilung für Infektionsepidemiologie sowie dem Fachgebiet HIV/AIDS und andere sexuell oder durch Blut übertragbare Infektionen.

Verwendete Quellen:

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