- In Äquatorialguinea ist das Marburg-Virus ausgebrochen. Die Sorge vor einer weiteren Ausbreitung der Seuche ist gross.
- Denn das Marburg-Virus gilt als eines der tödlichsten Viren überhaupt.
- Wie ansteckend ist es? Und wie hoch ist die Gefahr, dass sich das Virus auch in Deutschland ausbreitet?
Seit Anfang Januar sind in Äquatorialguinea laut Regierungsangaben neun Menschen am Marburg-Virus verstorben. In zwei Provinzen im Nordosten des Landes wurde ein Gesundheitsalarm ausgerufen, mehr als 4.000 Menschen stehen unter Quarantäne. Die Sorge vor einer weiteren Ausbreitung ist gross: In der Vergangenheit kam es zu Ausbrüchen mit Hunderten Toten – denn das Marburg-Virus gilt als eines der gefährlichsten Viren überhaupt.
Was ist das Marburg-Virus?
Das Marburg-Virus gehört, wie auch das Ebolavirus, zur Familie der hochansteckenden Filoviren und verursacht bei Menschen schweres hämorrhagisches Fieber und nimmt in vielen Fällen einen tödlichen Verlauf. Die ersten Symptome – Kopfschmerzen, hohes Fieber und starkes Unwohlsein – treten abrupt zwischen zwei und 21 Tagen nach der Infektion auf.
In diesem frühen Stadium der Krankheit ist die klinische Diagnose schwierig, da die Symptome von anderen tropischen Fieberkrankheiten wie etwa Malaria oder Typhus schwer zu unterscheiden sind. Im weiteren Verlauf können starke Schmerzen, juckende Ausschläge, blutiges Erbrechen und Durchfälle sowie innere Blutungen auftreten.
Nach Angaben der WHO liegt die durchschnittliche Fallsterblichkeit bei 50 Prozent – das macht das Virus zu einem der tödlichsten überhaupt. Nimmt die Krankheit einen tödlichen Verlauf, tritt der Tod meist acht bis neun Tage nach Auftreten der Symptome ein.
Woher kommt das Marburg-Virus?
Der erste bekannte Ausbruch des Marburg-Virus ereignete sich 1967 in der Stadt Marburg, die ihm seinen Namen gab. In einem "Spiegel"-Artikel aus dem Jahr 1995 wird die Geschichte so erzählt: Am 8. August 1967 meldete sich Klaus F., ein Labormitarbeiter des Pharmakonzerns Behringwerke, wegen Kopfschmerzen krank. Nur zwei Wochen später lag er im Sterben. Neben den Kopfschmerzen litt der Mann an hohem Fieber, Durchfall und Blutungen. Er redete wirr, dann verlor er das Bewusstsein.
Als Klaus F. starb, befanden sich bereits einige seiner Laborkollegen mit den gleichen Symptomen auf der Isolierstation des Uniklinikums. In Marburg herrschte der Ausnahmezustand. Wenig später meldeten auch das Paul-Ehrlich-Institut in Frankfurt und ein Gesundheitsinstitut in Belgrad vergleichbare Krankheitsfälle, was den entscheidenden Hinweis auf den Ursprung der Seuche gab: Alle drei Forschungslabors hielten Meerkatzen aus Uganda. Vermutlich hatten sich die Labormitarbeiter bei den Versuchsaffen angesteckt.
Noch im Jahr des Ausbruchs konnte das neuartige Virus im Tropeninstitut in Hamburg identifiziert werden. Die Bilanz des ersten Ausbruchs: Sieben Tote in Marburg, Frankfurt und Belgrad, insgesamt 31 Personen waren infiziert.
Wie wird das Marburg-Virus übertragen?
Der natürliche Wirt des Marburg-Virus ist der Nilflughund Rousettus aegyptiacus, der in weiten Teilen des afrikanischen Kontinents beheimatet ist. Aber auch Menschen und nicht-menschliche Primaten können sich mit dem Virus infizieren. Das Ausbreitungsgebiet des Flughunds erstreckt sich bis an die Küste des Mittelmeers und in den Nahen Osten, wobei nicht alle Populationen des Nilflughundes mit dem Virus infiziert sein müssen.
Durch direkten Kontakt mit Blut, Speichel und anderen Körperflüssigkeiten eines infizierten Tieres kann das Virus über Schleimhäute oder Hautverletzungen auf Menschen übertragen werden. Das geschieht meist durch engen Kontakt und den Verzehr von Wildtieren wie Flughunden und Affen.
Ist eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung möglich?
Auch eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung ist möglich. Im aktuellen Fall in Äquatorialguinea soll das Virus nach einer Beerdigung ausgebrochen sein. Die Betroffenen hatten Berichten zufolge engen Kontakt zueinander. Vor allem die Pflege von Erkrankten und das Einbalsamieren von Verstorbenen ohne ausreichende Schutzmassnahmen bergen ein hohes Infektionsrisiko.
Auch nach der Genesung kann das Virus an bestimmten Stellen weiter im Körper bleiben, etwa in den Hoden oder der Innenseite des Auges. Über infiziertes Sperma kann das Marburg-Virus noch mindestens sieben Wochen nach der Genesung übertragen werden. Ein Wiederausbrechen der Krankheit bei Genesenen ohne erneute Infektion ist zwar selten, wurde jedoch in Einzelfällen dokumentiert.
Wie lässt sich das Marburg-Virus behandeln?
Seit dem ersten bekannten Ausbruch in Marburg kam es weltweit immer wieder zu Ausbrüchen, darunter zu grösseren im Kongo (1998) und in Angola (2004) mit mehreren Hundert Todesfällen. Nach WHO-Angaben schwankte die Sterblichkeitsrate bei früheren Ausbrüchen zwischen 24 und 88 Prozent – abhängig von Virusstamm und medizinischer Versorgung.
Dabei gibt es bis heute weder ein zugelassenes Medikament noch einen Impfstoff gegen das Marburg-Virus. Die Behandlung zielt lediglich darauf ab, Symptome zu mildern und den Körper im Kampf gegen das Virus zu unterstützen, indem etwa eine ausreichende Versorgung mit Flüssigkeiten und Elektrolyten sichergestellt wird. Das kann die Überlebenschancen der Betroffenen stark verbessern.
Woran liegt es, dass es noch keinen Impfstoff gegen das Marburg-Virus gibt?
Dass es derzeit noch keine zugelassene Impfung gegen das Marburg-Virus gibt, liegt auch am seltenen Vorkommen des Virus. Für Pharmakonzerne ist es schwierig, ausreichend Probanden für klinische Studien zu finden. Zudem konzentrieren sich Impfstoffhersteller in der Regel auf Krankheiten, die eine grössere Zahl von Menschen betreffen – wie etwa Covid-19 – und daher höhere Umsätze garantieren, denn die Entwicklung von Impfstoffen kann Hunderte Millionen Euro kosten. Auch die Variabilität des Virus erschwert die Impfstoffforschung.
Trotz dieser Hürden gibt es einige vielversprechende Ansätze bei der Entwicklung von Impfstoffen. Derzeit gibt es 27 Impfstoff-Kandidaten, von denen allerdings bislang nur einer in einer Phase-1-Studie erprobt wurde. Alle anderen wurden bislang nur an Versuchstieren getestet. Die WHO arbeitet nach eigenen Angaben derzeit an der Entwicklung experimenteller Impf- und Behandlungsmethoden. Auch die Wirksamkeit bereits bekannter antiviraler Medikamente wie Remdesivir werden im Rahmen klinischer Studien untersucht. Bislang liegen allerdings noch keine eindeutigen Ergebnisse vor.
Könnte sich das Marburg-Virus zur Pandemie entwickeln?
Dass sich das Marburg-Virus weltweit ausbreitet und auch in Deutschland erneut auftritt, halten Experten für eher unwahrscheinlich. Anders als das Coronavirus wird es nicht über die Luft übertragen. Das macht es leichter, Ausbrüche einzudämmen. Untersuchungen des grossen Ausbruchs in der Demokratischen Republik Kongo im Jahr 1998 legen nahe, dass es kaum asymptomatische Fälle gibt. "Es handelt sich um eine meist schwerwiegende Erkrankung, die nur selten unentdeckt bleibt", sagte der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg im Gespräch mit der "Tagesschau". Das verringere die Gefahr, dass Infizierte unentdeckt in andere Länder einreisen.
Entscheidend ist vor allem die zügige Isolierung von Infizierten, damit lokale Ausbrüche schnell eingedämmt werden können. Der aktuelle Ausbruch in Äquatorialguinea wurde offenbar frühzeitig entdeckt. "Offensichtlich funktionieren die Überwachungssysteme", sagt die Marburger Virologin Dr. Nadine Biedenkopf im Gespräch mit "Zeit Online". Inzwischen schaue man bei Symptomen in Subsahara-Afrika genauer hin und die Proben seien schnell zur Analyse in den Senegal geschickt worden. Zudem sind bislang nur dünn besiedelte Provinzen im Nordosten des Landes betroffen, was die Ausbreitungsmöglichkeiten des Virus einschränkt.
Verwendete Quellen:
- who.int: WHO Factsheet Marburg-Virus
- who.int: WHO zum Marburg-Virus-Ausbruch 2021 in Guinea
- spiegel.de: Sprung aus der Nische
- tagesschau.de: Weltweite Ausbreitung unwahrscheinlich
- leopoldina.org: Entwicklung, Prüfung und Zulassung von Impfstoffen
- ncbi.nlm.nih.gov: Serosurvey on Household Contacts of Marburg Hemorrhagic Fever Patients
- zeit.de: Wie gefährlich ist das Marburg-Virus?
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.