• Für viele Menschen ist Spazierengehen gerade die einzige Möglichkeit, ausserhalb der Wohnung aktiv zu sein.
  • Doch bei winterlichen Temperaturen kann schon ein kurzer Spaziergang schnell ermüden.
  • Ob es dafür medizinische Gründe gibt oder ob wir in den letzten Monaten zu bequem geworden sind, klären wir mit einem Experten.

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Viele Menschen werden im Winter träge und gehen bei kalten Temperaturen und Schnee seltener nach draussen. Durch die Corona-Pandemie, wegen der man nun noch mehr Zeit zu Hause verbringt, verstärkt sich dieser Effekt zur Zeit.

Rafft man sich dann doch zu einem Spaziergang auf, merkt man schnell, dass die Bewegung an der frischen Luft schlaucht und man sich danach erschöpfter fühlt als bei milderen Temperaturen. Das liegt nicht nur an klassischer Winterträgheit - Bewegung in der Kälte kostet den Körper tatsächlich mehr Kraft.

"Bei kalten Temperaturen verbraucht der Körper zusätzlich zur Energie für die Fortbewegung auch noch sehr viel Energie für den Wärmeerhalt, deshalb fordert ein Spaziergang mit gleicher Geschwindigkeit bei kalten Temperaturen wesentlich mehr Kraft und ist damit anstrengender," sagt der Sportmediziner Rüdiger Reer.

Erkrankte sollten bei Kälte vorsichtig sein

Moderate Bewegung wie bei einem Spaziergang gilt grundsätzlich als gesundheitsfördernd. Wer aber unter Bluthochdruck oder einer Herz-Kreislauf-Erkrankung leidet, sollte mit seinem Arzt besprechen, welche Art von Bewegung im Freien für ihn im Winter geeignet ist.

"Das Herz muss wegen des Wärmeerhalts zusätzlich arbeiten und kann deshalb die Schwelle der Leistungsfähigkeit überschreiten", erklärt Reer. Auch Asthma-Patienten sollten sich bei Kälte nicht zu sehr fordern, da kalte und trockene Luft zur Verengung der Bronchien führen kann.

Wer ein paar Dinge beachtet, hilft dem Körper, die erhöhte Anstrengung besser zu meistern. Professor Reer rät dazu, Funktionskleidung nach dem Zwiebelprinzip zu tragen und auch Handschuhe und Mütze nicht zu vergessen; so bleibt die Körperwärme besser erhalten und man kann bei Bedarf einzelne Kleidungsstücke an- oder ausziehen.

Auch das Atmen durch die Nase und die richtige Dosierung der Belastung sind bei Bewegung in der Kälte wichtig. Der Körper sollte weder unter- noch überfordert werden.

Kälte regt Fettverbrennung beim Spazierengehen an

Die Kälte hat aber auch einen schönen Nebeneffekt: Wer im Winter regelmässig eine Runde um den Block dreht, kann sich über einen erhöhten Kalorienverbrauch durch die Bewegung im Freien freuen. Durch Frieren erhöht sich nämlich der Spannungszustand der Muskeln und der Körper arbeitet auf Hochtouren daran, die normale Körpertemperatur von 36 bis 37 Grad zu halten.

"Aufgrund des doppelten Energiebedarfs für die Bewegung und den Wärmeerhalt verbraucht der Körper bei Bewegung in der Kälte mehr Kalorien. Durch den Kältereiz werden die braunen Fettzellen vermehrt aktiviert. Sie verbrennen Fettsäuren, indem sie überschüssige Kalorien in Wärme umwandeln und das tun sie vor allem, wenn wir frieren," sagt der Sportmediziner.

Bewegungsmangel schadet der Gesundheit

Sich nicht zu bewegen und die kalten Tage ausschliesslich drinnen zu verbringen, ist keine gute Lösung. Nach Erkenntnisse der Weltgesundheitsorganisation WHO bewegt sich etwa ein Viertel der Erwachsenen weltweit nicht ausreichend. Die Coronavirus-Pandemie verschärft das aktuell noch.

Zunehmender Bewegungsmangel kann weitreichende Schäden für die Gesundheit haben. Mögliche Folgen von ständigem Herumsitzen: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck oder Typ-II-Diabetes.

Da Sportvereine oder Fitnessstudios aktuell geschlossen sind und man sich viel zu Hause aufhält, ist es daher wichtig, Bewegung in den Alltag zu integrieren und zum Beispiel täglich eine kleine Runde spazieren zu gehen.

Vor allem Bewegung an der frischen Luft hilft dabei, fit zu bleiben und das Immunsystem widerstandsfähiger zu machen. Und das muss kein Extremsport sein, auch leichte Spaziergänge haben einen wohltuenden Effekt. Mindestens 150 Minuten moderate oder 75 Minuten intensive Aktivität pro Woche sind laut WHO-Richtlinie wichtige Voraussetzung für eine lange Gesundheit.

Über den Experten: Prof. Dr. med. Rüdiger Reer ist Generalsekretär des Deutschen Sportärztebundes (DGSP) und Leiter des Arbeitsbereichs Sport- und Bewegungsmedizin der Universität Hamburg. Dort erforscht der Sportmediziner vor allem die Möglichkeiten der Bewegungstherapie bei verschiedenen Krankheitsbildern.

Verwendete Quellen:

  • Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention: Sportmediziner*innen warnen vor Inaktivität während der Coronavirus-Pandemie
  • Helios Klinik: Drei gute Gründe, auch im Winter lange Spaziergänge zu machen
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