• Bei der Begegnung von Mensch und Tier kommt es mitunter zur Übertragung von Krankheitserregern – auch von Coronaviren.
  • Durch Rückübertragung können gefährliche Mutationen auf den Menschen überspringen.
  • Was zu sogenannten Spillovers und Spillbacks bekannt ist.

Mehr zum Thema Gesundheit

Zahlreiche Krankheitserreger stammen ursprünglich aus dem Tierreich und werden auch dem Menschen gefährlich. Forscher halten das Risiko solcher Zoonosen für noch lange nicht gebannt, zumal der Mensch weiterhin tief in die natürlichen Lebensräume von Tieren eindringt. Viele Forschende gehen aktuell davon aus, dass das Coronavirus von einer Fledermaus übergesprungen ist. Tollwut, Ebola oder die Pest zählen ebenso zu den Zoonosen. Je näher sich Mensch und Tier kommen, desto wahrscheinlicher ist es, dass es zu einem Spillover oder Spillback kommt.

Davon ist die Rede, wenn ein Krankheitserreger aus dem Tierreich auf Menschen übertragen wird. Steckt dann ein Mensch ein Tier mit diesem ursprünglich von einem Tier stammenden Krankheitserreger an, spricht die Wissenschaft von einem sogenannten Spillback. Die Ansteckung verläuft in diesem Fall also vom Tier zum Menschen und zurück zum Tier. Entscheidend ist immer die Richtung, die der Krankheitserreger einschlägt.

Zoonosen: Auch viele Haustiere empfänglich

Zu Spillbacks kann es sogar in den eigenen vier Wänden kommen: bei Hunden, Katzen oder anderen Haustieren, zum Beispiel beim Kuscheln, bei der Fell- oder Krallenpflege. Grundsätzlich empfänglich für eine Ansteckung durch den Menschen mit Sars-CoV-2 über Aerosole sind etwa Hunde und Katzen, Nerze und Frettchen. Meerschweinchen sind kaum von einem Spillback bedroht, Hamster sind hingegen sogar sehr empfänglich für das Virus.

Als ein Hamster sich in Hong Kong mit der Delta-Variante des Coronavirus infiziert hatte, wurden daraufhin im Januar 2022 2.000 pelzige Nager getötet, um nicht zu einer weiteren Verbreitung von Sars-CoV-2 beizutragen. Bereits zuvor waren in Dänemark massenhaft infizierte Nerze in Tierfarmen gekeult worden. In beiden Fällen mussten zuvor Menschen die Tiere angesteckt haben. Hinter diesen rigorosen Massnahmen, die nicht nur Tierschützer entsetzen, steckt die Angst vor Spillovers.

Spillback und Spillover: So kommt es zum Austausch von Krankheiten zwischen Mensch und Tier

Die Orte, an denen sich die Wege von Menschen und Tiere kreuzen, sind vielfältig: Wanderer erleben die Begegnung in der Natur, Jäger bei ihrem Hobby, Familien im Zoo und Haustierbesitzer täglich daheim auf der Couch. "Bei jedem Kontakt besteht die Möglichkeit, dass dabei auch Krankheitserreger ausgetauscht werden und ein Virus den Wirt wechselt", erklärt Thomas Mettenleiter, Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts, dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit.

Wissenschaftler beobachten die Übertragung von Krankheitserregern vom Menschen auf Tiere sehr genau. Das hat mehrere Gründe. Natürlich will niemand die Gesundheit und das Leben von Haustieren gefährden. Aber gerade in der Natur drohen die grösseren Risiken. "Krankheitserreger, die durch einen Spillback vom Menschen überspringen, können eine tierische Population gefährden", erklärt Thomas Mettenleiter. Speisereste oder ein weggeworfenes Taschentuch könnten hier eine Übertragung begünstigen.

Für den Artenschutz können Spillbacks und Spillover zu einem Problem werden. Auch die Schweinegrippe, erinnert der Wissenschaftler, sei in ihrem Ursprung eine menschliche Grippe gewesen. Heute tummelt sie sich immer noch in den Schweinebeständen. Ist ein Erreger in eine Population eingebracht, kann er sich dort vermehren und an seinen neuen Wirt anpassen. Auch zufällige Mutationen sind möglich. Springt das Virus dann zurück auf den Menschen, ist es denkbar, dass dieser erkrankt und den Infekt weiterträgt.

Derzeit breitet sich Sars-CoV-2 schnell unter Weisswedelhirschen in Nordamerika aus. "Genetische Signaturen zeigen, dass der Erreger eindeutig vom Menschen eingetragen worden ist." Kritisch dabei ist, dass bei den Hirschen Virustypen zirkulieren, die beim Menschen nicht mehr zu finden sind. Forscher konnten etwa den Wildtyp des Coronavirus identifizieren, aber auch die gefährliche Delta-Variante. Sollten diese Varianten wieder auf den Menschen zurückspringen, könnte dies erneute Krankheitswellen begünstigen.

Hygieneregeln gelten auch im Umgang mit Tieren

Obwohl der Mensch neben Wildtieren auch Haustiere anstecken kann, besteht kein Grund zur Panik. Wohl aber zur Aufmerksamkeit. Wer selbst an Covid-19 oder einem anderen Infekt leidet und auf Nummer sicher gehen möchte, tut gut daran, Abstand zu seinem Hund oder seiner Katze zu wahren und einen direkten Kontakt zu vermeiden.

Intensives Kuscheln ist in dieser Zeit tabu; ausserdem empfiehlt es sich, die bekannten Hygieneregeln einzuhalten. "Hände waschen und sein Tier nicht anhusten oder anniesen kann helfen, eine Übertragung zu verhindern", erinnert Biologe und Virologe Mettenleiter.

Den Hund könne in dieser Zeit auch ein Nachbar Gassi führen. Auch wenn das Tier infiziert sein sollte, gelten diese Empfehlungen zu Abstand und Hygiene. Zusätzlich ist es ratsam, Katzen während einer Infektion nicht aus dem Haus oder aus der Wohnung zu lassen. "Allerdings gibt es bislang keine Anhaltspunkte, dass Katzen für einen Corona-Ausbruch verantwortlich waren." Hunde führt man beim notwendigen täglichen Auslauf an der Leine, so lassen sich Kontakte zu anderen Tieren oder Menschen unterbinden.

Lesen Sie auch: Covid-19, Schweinegrippe und Co.: Wie entstehen Krankheiten durch den Kontakt zwischen Mensch und Tier?

Haustierbesitzer können aufatmen

Tatsächlich ist das Risiko, seine Katze oder seinen Hund anzustecken, gering. Seit Sommer 2020 besteht eine Meldepflicht für infizierte Haustiere. „Im gesamten Jahr 2022 sind ein Hund und zwei Katzen positiv auf Antikörper getestet worden, eine weitere Katze war auch PCR-positiv“, erklärt eine Sprecherin des Friedrich-Loeffler-Instituts. Dass die Zahlen so niedrig ausfallen, mag auch daran liegen, dass Haustiere oftmals keine oder nur schwache Symptome zeigen und es keine Testpflicht gibt. Von daher ist davon auszugehen, dass das tatsächliche Infektionsgeschehen von den gemeldeten Fällen abweicht.

Doch selbst wenn die Dunkelziffer deutlich höher liegt: Da sich ein Haustier nicht in einer grossen Population von Artgenossen bewegt, ist eine weitere Ansteckung und Mutation grösstenteils ausgeschlossen. Dass es zu einem Spillover zurück auf Herrchen oder Frauchen kommt, ist sehr unwahrscheinlich.

Über den Experten:
Thomas Mettenleiter ist ein deutscher Biologe und Virologe. Seit 1996 leitet er als Präsident das Friedrich-Loeffler-Institut, das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit.
Interessiert Sie, wie unsere Redaktion arbeitet? In unserer Rubrik "So arbeitet die Redaktion" finden Sie unter anderem Informationen dazu, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte kommen. Unsere Berichterstattung findet in Übereinstimmung mit der Journalism Trust Initiative statt.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.