• Im Moment wird intensiv an neuen Impfstoffen gegen das Coronavirus geforscht, die nicht nur vor schweren Verläufen, sondern auch vor der Infektion schützen sollen.
  • Besonders vielversprechend sieht aktuell die Forschung für Impfstoffe aus, die als Nasenspray verabreicht werden.
  • Diese könnten das Virus bereits dort abwehren, wo es in den Körper eindringt, und wahrscheinlich auch gegen mehrere Varianten gleichzeitig wirken.

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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat Hoffnung bei der Entwicklung von weiteren Impfstoffen gegen das Coronavirus gemacht. Er sagte kürzlich, dass es bereits in den kommenden Monaten Impfstoffe geben könnte, die nicht nur schwere Verläufe, sondern auch die Infektion an sich verhindern.

Die Impfstoffe, die aktuell verfügbar sind, schützen in vielen Fällen nicht zuverlässig vor einer Infektion, wohl aber vor schweren Verläufen von COVID-19. Das liegt auch daran, dass es inzwischen mehrere Varianten des Virus wie beispielsweise Omikron gibt, auf die die aktuellen Impfstoffe nicht zugeschnitten sind. Lauterbach sagte, dass er sich in die entsprechenden Studien eingearbeitet habe und für die Zukunft beispielsweise an Sprühimpfstoffe denke.

Was ist ein Sprühimpfstoff?

Die meisten Impfstoffe werden in Muskeln injiziert, also in den Körper gespritzt, zum Beispiel in den Oberarm. Andere werden geschluckt. Das ist aber nicht der einzige Weg, wie Impfstoffe in den Körper gelangen können.

Denkbar ist auch eine Impfung per Nasenspray: Dabei würde der Impfstoff ähnlich wie ein herkömmliches Nasenspray in die Nase gesprüht werden.

Welche Vorteile hätte eine Impfung per Nasenspray?

Eine Impfung per Nasenspray hätte den Vorteil, dass sie genau dort wirkt, wo auch das Virus in den Körper eindringt – auf den Schleimhäuten der Atemwege. Die Schleimhäute sind Teil des menschlichen Immunsystems. Sie reagieren vor Ort auf Erreger, indem sie spezielle Antikörper bilden, und diese Reaktion wirkt sich auf den gesamten Körper aus.

Die Hoffnung bei einem Nasenspray, das die spezielle Abwehr in den Zellen der Nasenschleimhäute aktiviert, liegt darin, dass der Erreger an der "Aussenpforte" abgewehrt werden könnte, noch bevor er überhaupt in den Körper eindringt.

Versuche mit Sprühimpfungen gegen Sars-CoV-2 an Hamstern verliefen bislang vielversprechend: Eine Impfung per Nasenspray erzeugte eine höhere Immunität als bei herkömmlichen Impfstoffen. Darüber hinaus scheint es auch möglich zu sein, per Nasenimpfung eine Immunität gegen unterschiedliche Varianten von Sars-CoV-2 zu erzeugen.

Bei den gängigen Impfstoffen sind bislang zudem mehrere Impfungen notwendig – bei Sprühimpfstoffen könnte es sein, dass bereits eine einzige Dosis ausreicht, um anhaltende Immunität zu erzeugen.

Gibt es bereits Sprühimpfstoffe?

In Deutschland ist bislang ein Sprühimpfstoff gegen die Grippe für Kinder und Jugendliche zugelassen. Er enthält abgeschwächte Influenzaviren. Das ist aber eher die Ausnahme: In der Schweiz wurde etwa ein Grippeimpfstoff für eine Impfung per Nasenspray wieder vom Markt genommen. Grund war der Verdacht, dass dieser Impfstoff bei einigen Personen zu halbseitigen Gesichtslähmungen geführt haben könnte.

Wie weit ist die Forschung?

Es gibt verschiedene Impfstoffkandidaten für eine Sprühimpfung, an denen derzeit geforscht wird. Die Impfstoff-Datenbank der Weltgesundheitsorganisation WHO listet beispielsweise acht Kandidaten für Sprühimpfstoffe.

Dort ist etwa eine Sprühimpfung (DeINS1) aus China aufgeführt, die sich bereits in der sogenannten Phase 3 des Prüfverfahrens befindet. Dies ist die letzte Phase vor der Zulassung. In dieser wird der Impfstoff an einer grösseren Zahl von Menschen erprobt, um die Wirksamkeit und auch mögliche Nebenwirkungen zu testen.

Welche Risiken bringt ein solcher Impfstoff mit sich?

Die Nasenschleimhäute bilden als Teil des Immunsystems eine effektive Barriere. Aber sie wehren nicht nur Bakterien, Viren und Fremdkörper ab, sondern auch die Impfstoffe haben es schwer, an dieser Stelle in den Körper einzudringen.

Es lässt sich dadurch bei Nasensprays nur schwer kontrollieren, wie viel Impfstoff tatsächlich beim Immunsystem ankommt. Auch wenn jemand nach der Impfung niesen müsste, wäre unklar, wie viel Impfstoff in der Nase geblieben ist. Darüber hinaus ist nicht ausreichend viel über das Immunsystem in den Schleimhäuten bekannt, um etwa zu wissen, welche Hilfsstoffe ein Impfstoff am besten enthalten sollte.

Ein Risiko ist ausserdem die Nähe zum Gehirn: Vom Riechkolben im Gehirn aus führen Nervenverbindungen in die Nase. Über diesen Weg könnten abgeschwächte Viren ins Gehirn gelangen, wenn sie bei Lebendimpfstoffen als Träger eingesetzt werden, und sich dort weiter vermehren. Auch Hilfsstoffe und Wirkverstärker könnten hier zu neurologischen Reaktionen führen.

Wann könnten die Impfstoffe auf dem Markt sein?

Das ist noch nicht klar und hängt auch davon ab, wie die weiteren Studien verlaufen. Als wahrscheinlich gilt, dass es zunächst herkömmlich zu verabreichende Impfstoffe geben wird, die mehrere Varianten des Coronavirus gleichzeitig abdecken. Danach könnten dann Sprühimpfungen auf den Markt kommen – aber die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.

Verwendete Quellen:

  • Verband forschender Pharmaunternehmen (VFA): Corona-Impfstoffe der nächsten Generation
  • Impfstoffdatenbank der Weltgesundheitsorganisation: COVID-19 vaccine tracker and landscape
  • Ahmed O. Hassan et. al.: A single intranasal dose of chimpanzee adenovirus-vectored vaccine confers sterilizing immunity against SARS-CoV-2 infection [Preprint]
  • Jan Holmgren und Cecil Czerkinsky: Mucosal immunity and vaccines, in: Nature Medicine
  • American Chemical Society: Chemical and Engineering News, Intranasal vaccines aim to stop COVID-19 where it starts
  • Geraldine Nouailles et. al.: A live attenuated vaccine confers superior mucosal and systemic immunity to SARS-CoV-2 variants [Preprint]

Korrektur: In einer früheren Version des Artikel haben wir geschrieben, dass die Impfung gegen Polio noch immer per Schluckimpfung verabreicht wird. Das ist allerdings seit 1998 nicht mehr der Fall. Wir haben die Stelle korrigiert.

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