Im Internet kursieren viele Tipps zu vermeintlichen Superfoods. Mittel aus verschiedenen Pflanzen sollen die Gesundheit fördern. Bittere Aprikosenkerne sollen angeblich sogar gegen Krebs wirken. Experten warnen aber, dass viele Wirkstoffe nicht ausreichend erforscht oder sogar schädlich sind.
Wie wäre es mit etwas Pulver aus gemahlenen Avocadokernen für den Smoothie? Oder mit bitteren Aprikosenkernen als Nahrungsergänzung? In Blogs und Internetforen kursieren viele Tipps zu solchen Mitteln aus verschiedensten Pflanzen.
Nicht immer sind diese Empfehlungen allerdings gesund: Was im Internet als Superfood angepriesen wird, ist in manchen Fällen sogar schädlich. "Nicht alle Pflanzenteile sind für den Verzehr geeignet", sagt Angela Clausen von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, die die Entwicklung mit Sorge beobachtet: "Und nicht alles ist gesund, nur weil es von einer Pflanze stammt."
Viele Mittel sind nicht ausreichend erforscht
Im besten Fall seien die Mittel nicht erforscht und ihre gesundheitsfördernde Wirkung nicht wissenschaftlich belegt, sagt die Ernährungswissenschaftlerin. In anderen Fällen ist Vorsicht geboten.
Zum Beispiel bei bitteren Aprikosenkernen: Sie sollen Behauptungen nach einen positiven Effekt auf die Gesundheit haben. "Im Internet kursiert die Behauptung, dass sie sogar gegen Krebs wirken sollen", sagt Clausen.
Dafür gibt es aber keinen wissenschaftlichen Beleg. Das bestätigt auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), das vor dem Verzehr grösserer Mengen warnt.
Zum Teil sind schädliche Stoffe enthalten
In den Kernen ist ein Stoff enthalten, der bei der Verdauung zu Blausäure abgebaut wird. Die ist giftig für Menschen – und laut BfR gibt es Fälle, bei denen es durch den Verzehr der Kerne zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen gekommen ist.
Dazu zählen zum Beispiel Erbrechen oder Krämpfe, in hohen Dosen auch Vergiftungen. Das BfR rät deshalb, nicht mehr als zwei bittere Aprikosenkerne pro Tag zu essen – oder völlig auf den Verzehr zu verzichten. Kinder sollten die Kerne gar nicht essen.
Auch andere Obstkerne enthalten Substanzen, die im Körper zu Blausäure abgebaut werden, darunter zum Beispiel Kirschkerne oder Apfelkerne. "Wenn man einmal aus Versehen einen Kern verschluckt, ist das kein Problem", sagt Clausen.
Man sollte die Kerne aber nicht gemahlen zu sich nehmen oder zerkauen, rät sie. Das gelte auch für geriebene Stiele von Kirschen, die aktuell im Trend seien.
Aktueller Trend sind gemahlene Avocadokerne
Seit einiger Zeit wird im Internet auch zum Verzehr von gemahlenen Avocadokernen geraten. Laut BfR gibt es aktuell noch nicht genügend Informationen zu den Inhaltsstoffen von Avocadokernen, um mögliche gesundheitliche Risiken zu bewerten.
In Avocados ist ein Stoff namens Persin enthalten, der zumindest für viele Tiere giftig ist. "Leider gibt es bislang noch keine Untersuchungen dazu, wie viel Persin in den Kernen enthalten ist und welche weiteren Stoffe enthalten sind", sagt Ernährungswissenschaftlerin Clausen. Auch die Effekte von grösseren Mengen Persin sind noch nicht ausreichend erforscht.
Es drohen Wechselwirkungen mit Medikamenten
Ein Problem beim Verzehr solcher Pflanzenauszüge können dabei nicht nur schädliche Stoffe an sich sein. "Es kann darüber hinaus bei pflanzlichen Stoffen zu Wechselwirkungen mit Medikamenten kommen, die noch nicht bekannt sind", sagt Clausen.
Einige Stoffe könnten zum Beispiel Enzyme blockieren, so dass Medikamente langsamer als sonst abgebaut werden. Möglich ist umgekehrt auch, dass der Abbau sich beschleunigt. "Und wer denkt schon daran, seinem Hausarzt zu sagen, dass er seit einigen Wochen zum Beispiel Smoothies mit geriebenen Avocadokernen trinkt, wenn er plötzlich Beschwerden verspürt?", sagt Clausen.
Die Ernährungswissenschaftlerin rät bei vermeintlichen Superfood-Tipps aus dem Internet zur Vorsicht, solange ihre Wirkung nicht erforscht ist: "Nicht alles ist für den Verzehr geeignet, nur weil es von einer Pflanze stammt. Manches gehört nicht in den Smoothie, sondern besser auf den Komposthaufen."
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