Zika-Erkrankungen in Frankreich, West-Nil-Fälle in Deutschland: Tropische Viren breiten sich mehr und mehr in Europa aus. Ein fataler Siegeszug.

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Exotische Erreger breiten sich zunehmend auch in Europa aus. Gerade meldeten französische Behörden zwei erste durch Mücken in Europa übertragene Zika-Virus-Infektionen. Aus Deutschland folgte am Donnerstag die Nachricht, dass bei weiteren Klinikpatienten eine durch heimische Mücken übertragene West-Nil-Virus-Infektion nachgewiesen wurde.

Betroffen seien zwei im Spätsommer erkrankte Frauen in Berlin und Wittenberg (Sachsen-Anhalt), sagte Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Im Umkreis des ersten Infizierten aus der Region Leipzig gebe es zudem weitere Verdachtsfälle, darunter auch bei jüngeren Patienten.

Viele schwere Krankheitsverläufe

Die Vielzahl schwerer Krankheitsverläufe sei erschreckend, sagte Schmidt-Chanasit. "Das ist nur die Spitze des Eisbergs." Nur etwa ein Prozent der Infektionen führten zu solchen schweren neuroinvasiven Erkrankungen. Demnach sei von Hunderten weiteren Infektionen mit leichtem Verlauf auszugehen, die nicht diagnostiziert wurden. "Das West-Nil-Virus betrifft offenbar schon weit mehr Menschen in Deutschland als bisher angenommen."

In etwa 80 Prozent der Fälle verläuft eine West-Nil-Virus-Infektion ohne Symptome und wird daher nicht erkannt. Bei knapp 20 Prozent gibt es dem Robert Koch-Institut (RKI) zufolge milde, unspezifische Symptome wie Fieber oder Hautausschlag. Auch diese bleiben häufig unbeachtet. Schwerere und tödliche Verläufe betreffen meist ältere Menschen mit Vorerkrankungen.

Europaweit 180 Tote in einem Jahr

Ende September hatten das BNITM und weitere Institute bekanntgegeben, dass erstmals eine durch Mücken in Deutschland übertragene West-Nil-Virus-Infektion beim Menschen nachgewiesen wurde. Mitte August war demnach ein 70-Jähriger aus dem Leipziger Umland an einer Gehirnentzündung erkrankt, der inzwischen wieder genesen ist.

Zuvor war der Erreger bis auf den Fall eines Tierarztes in Bayern, der sich bei der Untersuchung eines Vogels ansteckte, nur in seltenen Fällen bei Reiserückkehrern nachgewiesen worden.

Erste Nachweise des West-Nil-Virus in Europa gab es schon vor Jahrzehnten, grössere Erkrankungswellen werden erst seit einigen Jahren registriert. 2018 erfasste die europäische Gesundheitsbehörde ECDC vor allem in Ländern wie Italien, Griechenland, Rumänien, Ungarn und Kroatien rund 2.000 Infektionen, rund 180 Menschen starben.

In mehreren deutschen Regionen wurde der ursprünglich aus Afrika stammende Erreger seit 2018 bei zahlreichen Vögeln und Pferden nachgewiesen. In nördlichere Gefilde gelangte er durch Zugvögel und Stechmücken.

Tigermücke breitet sich in Europa aus

Anders als das West-Nil-Virus kann Zika nicht von heimischen, sondern nur von exotischen Aedes-Mücken übertragen werden, zu denen die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) und als Hauptüberträger die Gelbfiebermücke (Aedes aegypti) gehören. Gelbfiebermücken gibt es bisher europaweit nur auf Madeira und östlich des Schwarzen Meeres. Tigermücken hingegen haben einen sehr erfolgreichen Zug gen Norden angetreten.

"In Italien gibt es inzwischen überall Tigermücken", erklärte Schmidt-Chanasit. Auch in anderen Ländern wie Frankreich, Griechenland und Teilen Deutschlands breiten sich die weiss gestreiften Tiere aus. Anders als heimische Mücken nutzen sie häufig kleine Wasserreservoirs etwa in Untersetzern von Blumentöpfen und sind vor allem im urbanen Umfeld verbreitet - in grossen Städten wie Rom und Florenz zum Beispiel.

Die ersten erfassten, durch Tigermücken in Europa übertragenen Zika-Virus-Infektionen gab es in Hyères im südfranzösischen Département Var. Beide Fälle seien im August in kurzem zeitlichen Abstand aufgetreten, hiess es von der Behörde ECDC. Die wirklich ersten Fälle sind es mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht, wie Schmidt-Chanasit sagte. "Meist gibt es keine Symptome und die Infektion bleibt unerkannt."

Fehlbildungen bei Babys durch Zika

Schwere Folgen können auftreten, wenn sich Frauen früh in der Schwangerschaft mit Zika infizieren. Bei den Säuglingen kann es dann zu Hirn- und Schädelfehlbildungen kommen. Von 2015 an traten Tausende solcher Fälle bei einer Zika-Epidemie in Brasilien auf. "Eigentlich hätten wir Nachweise in Europa eher damals schon erwartet", erklärte Schmidt-Chanasit. Derzeit gebe es einen grösseren Ausbruch auf Kuba. Woher das in Frankreich übertragene Virus stamme, sei noch nicht bekannt.

Alle Fälle von Zika-Fieber in Deutschland betrafen nach RKI-Angaben Reisende, abgesehen von einem einzigen bekannten Fall einer sexuellen Übertragung im Jahr 2016. Das Vorkommen von Tigermücken bedeute nicht automatisch erhöhte Gefahr, erläuterte Schmidt-Chanasit. Ein entscheidender Faktor sei die Temperatur, da sich die Viren nur bei Hitze gut in den Mücken vermehren könnten. Es gehe um Temperaturen, die bei uns selbst im Sommer eher selten erreicht werden, sagte Klaus Stark, RKI-Experte für tropische Infektionen.

Sticht eine Tigermücke einen Infizierten, kann sich das aufgenommene Virus in der Mücke vermehren und auf weitere Menschen übertragen werden, wenn das Insekt erneut zusticht. Anders als die Gelbfiebermücke sei die Tigermücke nach derzeitigem Wissensstand aber nicht in der Lage, grosse Zika-Ausbrüche zu verursachen, so Schmidt-Chanasit.

Chikungunya-Virus für Deutschland gefährlich

Übertragen wird von Tigermücken allerdings nicht nur das Zika-, sondern auch das Dengue- und das Chikungunya-Virus. Als Hotspots für mögliche Ausbrüche gelten dem Hamburger Virologen zufolge Italien, Südfrankreich und Griechenland.

Dengue-Fälle gebe es vor allem in Südfrankreich und Griechenland vereinzelt immer wieder mal. "Bei Chikungunya hatten wir in Italien schon zwei grosse Ausbrüche."

Dieses Virus sei wahrscheinlich auch das gefährlichste für Deutschland, erklärte Schmidt-Chanasit. "Es kann sich auch bei gemässigten Temperaturen gut in den Mücken vermehren." Der Erreger verursacht langanhaltende Gelenkbeschwerden etwa in der Hand, die oft als rheumatische Erkrankung verkannt werden. (dpa/mcf)

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