Trumps Wahlsieg, die Ampel-Koalition - und zusätzlich Kriege und Klimakrise: Politisch unruhige Zeiten können das eigene Weltbild ins Wanken bringen und starke Gefühle hervorrufen. Wie können wir unsere mentale Gesundheit in Krisenzeiten schützen? Eine Psychologin gibt Tipps.

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Donald Trump (78) wird wieder US-Präsident, die Ampel-Koalition in Deutschland löst sich auf: Der 6. November 2024 hat weltpolitisch so einiges ins Wanken gebracht - und das zusätzlich zu bereits bestehenden Krisen, Konflikten und Kriegen. Verständlich, dass sich bei vielen Menschen Unbehagen und Unsicherheit ausbreitet. Die Auswirkungen solcher Ereignisse gehen oft über die Politik hinaus: Frust, Angst und Erschöpfung greifen um sich, wenn die Welt plötzlich unberechenbar erscheint. Das kann gravierende Folgen für die mentale Gesundheit haben. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news erklärt Dr. Alena Rentsch, Psychologische Psychotherapeutin bei HelloBetter, wie wir innere Stabilität finden können, wenn die Welt um uns ins Wanken gerät.

Die Wiederwahl von Donald Trump als US-Präsident und zusätzlich die unsichere politische Lage in Deutschland rufen bei vielen Menschen Frustration, Wut, Angst oder sogar eine Art Ohnmacht hervor. Wie kann man damit umgehen und verhindern, dass man in eine negative Gedankenspirale gerät?

Dr. Alena Rentsch: Diese starken Gefühle sind vollkommen verständlich. Leider gibt es für ihre Bewältigung kein Patentrezept. Wichtig ist zu erkennen, dass Gefühle wichtige Wegweiser im Leben sind, jedoch manchmal überwältigend sein und uns im Weg stehen können. Um starke Gefühle wie Ohnmacht, Wut oder Angst zu verarbeiten, sind aus psychologischer Sicht drei Schritte hilfreich: Erstens, das Gefühl anerkennen und akzeptieren, selbst wenn es unangenehm ist. Zweitens, sich davon distanzieren, um zu erkennen, dass man das Gefühl hat, aber nicht das Gefühl selbst ist, was zusätzlichen Handlungsspielraum schafft. Schliesslich sollte man diesen Raum nutzen, um bewusst zu entscheiden, wie man auf das Gefühl reagieren möchte, sei es, ihm zu folgen oder es zu modifizieren.

Für einige kann intensives Training, ein ausgedehnter Spaziergang in der Natur oder sogar Tanzen zu gehen, sehr heilsam sein. Kreativ veranlagte Menschen verarbeiten ihre Gefühle lieber durch Kunst, Literatur oder Musik. Wieder anderen hilft es, sich mit Freunden zu treffen und auszutauschen. Hier ist wirklich alles erlaubt, was gut tut und niemandem schadet. Ausserdem kann es uns in Zeiten politischer Unruhen helfen, uns darauf zu besinnen, dass uns Menschen am Ende mehr verbindet als uns trennt. Trotz verschiedener politischer Überzeugungen teilen wir alle das Bedürfnis nach Sicherheit, Zugehörigkeit und Sinn. Diese gemeinsame Basis hilft dabei, Verständnis zu entwickeln - ohne die eigenen Werte aufzugeben.

Wie lassen sich Gefühle wie Wut oder Angst in positive Energie umwandeln?

Dr. Rentsch: Wut und Angst sind wichtige Kompassnadeln unserer Psyche - sie zeigen uns, was uns wirklich am Herzen liegt. Statt diese Emotionen zu unterdrücken, können wir sie als Treibstoff für konstruktives Handeln nutzen. Dabei ist es besonders wertvoll, innezuhalten und zu reflektieren, welche persönlichen Werte durch diese Gefühle zum Ausdruck kommen. Oft zeigt uns gerade die Wut, wovon wir uns abgrenzen und wofür wir einstehen möchten. Diese Erkenntnis können wir dann nutzen, um in unserem direkten Umfeld aktiv zu werden. Besonders wirkungsvoll ist es, wenn wir unsere individuellen Fähigkeiten gezielt einsetzen, um positive Veränderungen anzustossen - sei es durch ehrenamtliches Engagement, politische Bildungsarbeit oder die Unterstützung lokaler Initiativen.

Kann Aktivismus eine Bewältigungsstrategie sein?

Dr. Rentsch: Auf jeden Fall! Aktivismus kann eine sehr effektive Form der Bewältigung sein, weil er gleich mehrere psychologische Grundbedürfnisse erfüllt. Er gibt uns das Gefühl, etwas verändern zu können, schafft Verbindung zu Gleichgesinnten und gibt unserem Handeln eine tiefere Bedeutung.

Allerdings ist es wichtig, dabei auf die eigenen Grenzen zu achten und einem Burnout vorzubeugen. Es geht darum, eine Balance zu finden zwischen gesellschaftlichem Engagement und persönlichem Wohlbefinden.

Wie wichtig ist es, sich auch mal von (negativen) Nachrichten abzuschirmen?

Dr. Rentsch: In unserer vernetzten Welt ist bewusstes Medienkonsumverhalten ein essenzieller Teil der psychischen Gesundheit. Dabei geht es nicht um komplette Abschottung, sondern um eine ausgewogene Balance. Wir sollten informiert bleiben, ohne uns von der Nachrichtenflut überwältigen zu lassen.

Ein gesunder Umgang mit Nachrichten bedeutet vor allem, bewusste Entscheidungen zu treffen. Es ist sinnvoll, feste Zeiten für den Nachrichtenkonsum einzuplanen, anstatt ständig online zu sein. Dabei sollten wir uns auf qualitativ hochwertige Informationsquellen konzentrieren und regelmässige digitale Auszeiten einlegen. Besonders wichtig ist es auch, auf die eigenen körperlichen und emotionalen Signale zu achten - wenn wir Anzeichen von Nervosität, Stress oder Überforderung spüren, ist das ein deutlicher Hinweis darauf, eine Pause einzulegen.

Das Ziel ist, handlungsfähig zu bleiben. Wir müssen in der Lage sein, uns zu informieren und gleichzeitig unsere emotionalen Reaktionen darauf wahrzunehmen und bei Bedarf zu regulieren. So können wir unterscheiden, worauf wir Einfluss haben (unsere Gefühle und Reaktionen auf politische Ereignisse) und welche Dinge zu einem gewissen Anteil ausserhalb unserer Kontrolle liegen (politische Ereignisse). (ncz/spot)  © spot on news

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