Die ZDF-Doku-Reihe "Achtung, Essen!" nimmt immer Mittwochnacht drei gesellschaftliche Konflikte rund um unser Essen unter die Lupe. Diesmal im Fokus: Zucker. Das Fazit: zu viel, zu häufig, zu verführerisch, zu protegiert, zu billig. Die Fakten der Doku im Überblick.
"Wenn's mir nicht gut geht und ich esse etwas Zuckerhaltiges, werden Glückshormone freigesetzt, die gegen das schlechte Gefühl in mir ankämpfen. Wer will das nicht?" Ja, wer will das nicht und diesen Satz von Andreas Laufer über Süsses würden mit Sicherheit sehr viele Menschen unterschreiben.
Das Problem: Andreas Laufer bekam zu seiner eigenen Überraschung die Diagnose Diabetes und auch das ist für immer mehr Menschen inzwischen Wirklichkeit. In ihrer zweiten Ausgabe widmet sich die ZDF-Doku-Reihe "Achtung, Essen!" deshalb dem Thema Zucker. Die Informationen der Doku im Überblick:
Die Zahlen und Begriffe aus der ZDF-Doku "Achtung, Essen!"
"Pro Kopf werden jährlich 33,8 kg Haushaltszucker verbraucht. Hinzu kommen 9,8 kg andere Zuckerarten." (Stand 2017)
Die Diabetes-Typ 2-Entwicklung in Deutschland: Von 5 Millionen Fällen 1997 ist die Zahl auf 9 Millionen Fälle 2020 gestiegen. Bis 2040 ist eine Steigerung auf bis zu 12 Millionen Fälle laut Zahlen des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung prognostiziert.
"Der Hb1c-Wert ist ein bisschen das Zuckergedächtnis. Er zeigt uns den Blutzuckerspiegel der letzten acht bis zehn Wochen ungefähr an. Gemäss der Definition ist ab einem Hb1c-Wert von 6,5 Prozent von einem Diabetes auszugehen. Alle Werte drüber sind im krankhaften Bereich. Es gibt noch eine Grauzone zwischen 6,0 und 6,5", erklärt Dr. Kathrin Weber, Fachärztin für Innere Medizin, in der Doku. 25 Gramm ist die empfohlene Menge Zucker, die man pro Tag maximal zu sich nehmen sollte.
"Kosten für Diabetes mellitus: 10 Prozent der Gesundheitsausgaben in Deutschland werden allein für Diabetes mellitus und Folgeerkrankungen aufgewendet." Das wären laut Doku 24,6 Milliarden Euro.
Das Problem von Zucker:
Das Problem, dass von der zunehmenden Anzahl an Diabetes-Typ-2-Fällen ausgeht, ist zum einen ganz individuell für die Betroffenen, vor allem, weil viele gar nicht ahnen, dass sie erkrankt sind, wie Kathrin Weber, Fachärztin für Innere Medizin, erklärt: "Die Gefahr ist tatsächlich, dass man den Diabetes nicht richtig greifen und spüren kann und dass ein erhöhter Blutzucker nicht wehtut. Es kann zu Durchblutungsstörungen kommen, zu Schäden an Gefässen, die dann wieder zu Herzinfarkten und Schlaganfällen führen können. Nierenschäden, Schädigungen des Augenhintergrunds, der Durchblutung in den den Beinen. Auch Nervenschäden sind die häufigsten Folgen."
Aber auch aus gesamtgesellschaftlicher Sicht sind die steigenden Diabetes-Fälle ein Problem: "Eine besondere Zunahme sehe ich gerade bei den jüngeren Erwachsenen. 30-, 35-Jährige, die mit sehr hohen Blutzuckerwerten kommen. Das ist eine sehr beängstigende Zunahme. Fast wie ein Tsunami, der auf uns zukommt", berichtet Professor Stephan Martin, Direktor des Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrums.
Die Gründe für Diabetes:
Die Gründe für die Zunahme der Diabetes-Fälle ist laut Doku vielfältig. Auf einer ganz menschlichen Ebene liegt es einfach daran, dass süss nunmal besonders gut schmeckt, wie Andreas Laufer gesteht: "Ja, es ist klar, dass es ungesund ist. Aber das Problem ist halt an diesem blöden Zucker: Er ist einfach auch lecker."
Das macht sich die Nahrungsmittelindustrie natürlich zunutze und verwendet Zucker reichlich – auch dort, wo man ihn gar nicht vermutet. Ein weiteres Problem, wie Martin Rücker von der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch erklärt: "Was mich immer wieder überrascht, ist, in wie vielen Konserven – auch Sauerkonserven – Zucker enthalten ist. Bei einem Glas mit sauren Gurken, beispielsweise, würde man nicht unbedingt vermuten, dass da teilweise sehr, sehr hohe Zuckerwerte drin sind."
Beides, der angenehme Geschmack und die breite Verwendung führen laut Rücker zu einem weiteren Problem: "Was unbemerkt passiert: Dass wir uns an einen gewissen Grad an Süsse gewöhnen, den Lebensmittel haben. Wenn ein Produkt dies nicht mehr enthält, dann schmeckt das für uns plötzlich fad."
Auf individueller Ebene ist es also bereits nicht so leicht, dem Zucker zu entkommen, erschwert wird das laut Doku auch noch durch die immense Macht der Lebensmittelkonzerne, mit der sie Druck auf die Politik ausüben können. "Die Lobby spielt ganz brutal mit der Gesundheit der Menschen und ich bin mir auch ziemlich sicher, dass die das alle haargenau wissen", erklärt Martin Häusling von den Grünen.
Für das Mitglied des Europäischen Parlaments ist dabei vor allem die fehlende Chancengleichheit im Kampf gegen den Zucker ein Problem: "Der Lobbyist selbst ist nicht das Problem, sondern das Ungleichgewicht der Lobbyisten, das hier in Brüssel vorherrscht." Ähnliches weiss auch Foodwatch zu berichten: "Wann immer wir zu Gesprächen mit Abgeordneten nach Brüssel gefahren sind, mussten wir erleben: Die Lebensmittelindustrie war schon dort. Mehrfach hat sie Stände aufgebaut im Gebäude des Europaparlaments!"
Die Lösung für weniger Zucker?
"Wenn ich davor ein bisschen umsichtiger damit umgegangen wäre, hätte ich es vielleicht vermeiden können. Aber ich hab's halt nie gemacht", gesteht Diabetes-Patient Andreas Laufer und wie ihm geht es sicher vielen Menschen. Dementsprechend kann man, so legt es die Doku nahe, auch viel auf individueller Ebene machen: weniger Zucker essen, sich vom Arzt rechtzeitig checken lassen, selber kochen und damit Fertigprodukte, in denen oft und viel Zucker steckt, weglassen.
Den weitaus grösseren Hebel hat aber wieder einmal die Politik. Dementsprechend fordert Martin Rücker von Foodwatch: "Wir brauchen eine Bundesregierung, die bereit ist, auch gegen die Interessen der Lebensmittelindustrie Entscheidungen zu treffen, dann wenn es dem Gesundheitsschutz der Menschen, der Gesellschaft insgesamt dient."
Die Doku-Reihe "Achtung, Essen!" ist in der ZDF-Mediathek abrufbar. Der Sendetermin des letzten Teils: Mittwoch, 6. Mai, 0.45 Uhr, ZDF: "Achtung, Essen! Eier"
Weitere Informationen:
- Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung bietet ein breites Informationsangebot über Diabetes.
- Die Deutsche Diabetes Gesellschaft hat eine Online-Suche für zertifizierte Diabetes-Ärzte- und Kliniken.
- Die Deutsche Diabetes Stiftung bietet auf ihren Webseiten Informationen zur Diabetes-Prävention.
- Das Gleiche gilt für das Diabetesinformationsportal.
- Umfangreiche Hilfe für Diabetes-Patienten bietet die Deutsche Diabestes Hilfe.
- Zudem gibt es eine Vielzahl an Büchern über den Weg zu einem zuckerfreien Leben.
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