Wer gerade von seinem Partner verlassen wurde, möchte sich wahrscheinlich am liebsten erst einmal verkriechen. Die Gefahr, so in eine quälende Gedankenschleife zu geraten, ist gross - zumal dieses gedankliche Kreisen um die Ex-Beziehung nichts bringt, sagen Experten. In der akuten Phase des Liebeskummers helfe vor allem eines: Ablenkung.
"Liebeskummer" klingt nach einem kleinen negativen Gefühl, das schnell vorbeigeht. Für viele ist die Trennung von einem geliebten Menschen - wenn sie nicht von einem selbst ausging - jedoch eine einschneidende Erfahrung mit grossen emotionalen Auswirkungen.
Ein Ausnahmezustand, der dem Gefühl nach dem Tod eines nahen Verwandten in nichts nachsteht und viele Menschen in Selbstmordgedanken treibt, wie ein Verhaltensforscher der Universität Wien Ende der 1990er Jahre in einer Studie feststellte.
Der erste Reflex nach einer solch schmerzhaften Trennung ist oftmals: Rückzug.
"Das lässt sich eigentlich kaum vermeiden, obwohl das beste Gegenmittel gegen den akuten Liebeskummer eigentlich ein anderes ist: nämlich Ablenkung", sagte der Psychologe Wolfgang Krüger zu unserer Redaktion.
Viel reden - aber nicht zu viel
Krüger zufolge durchläuft der unter Liebeskummer leidende Mensch vier Phasen. "In der ersten Phase läuft eine Art Notfallprogramm. Denn der oder die Verlassene hat gleich zwei schlimme Probleme: die Einsamkeit und die Kränkung seines oder ihres Egos", erklärt der Psychologe und Buchautor. Beide Gefühle liessen sich am besten durch Aktivität bekämpfen, vor allem durch soziale Kontakte.
Dass Reden hilft, hat vor einigen Jahren auch eine Studie aus den USA ergeben. In der wurde festgestellt, dass Probanden, die nach einer Trennung viel darüber redeten, schneller wieder aus ihrem Gefühlstief kamen als jene, die weniger darüber redeten. Diejenigen, mit denen sie sprachen, waren jedoch keine Freunde oder Familie, sondern Psychologen. Und die Studie lief über neun Wochen.
Ob selbst die besten Freunde wochenlange Gespräche über die Ex-Beziehung aushalten, darf allerdings bezweifelt werden. Auch Wolfgang Krüger rät dazu, sie nicht wochenlang als Kummerkasten zu benutzen. "Gespräche mit Freunden sind gut. Aber es ist auch gut, darüber hinaus aktiv zu werden - etwa zum Sport zu gehen oder sich andere, neue Interessen zu suchen."
Kontakt vermeiden
Laut dem Psychologen dauert die erste Phase einige Wochen. Danach sähen sich die meisten Menschen sogar wieder in der Lage, ihren Ex-Partner kurz zu sehen, etwa um einander Dinge aus der gemeinsamen Wohnung zu übergeben.
Insgesamt sollte man den Kontakt mit dem oder der Ex aber so weit es geht vermeiden. Die US-Anthropologin Helen Fisher verglich Verliebte einmal mit Drogensüchtigen. Das einzige Mittel dagegen ist demnach Entzug.
"Jeder Kontakt mit dem oder der Ex lässt den Liebeskummer neu aufflammen", sagt auch die Psychologin Doris Wolf. Das heisst im Umkehrschluss: Je weniger Kontakt, desto kleiner wird mit der Zeit die Sehnsucht nach dem Anderen.
Zu dieser Loslösung gehört ihrer Ansicht nach auch, sich von Dingen, die dem Partner gehörten, zu trennen. "Sammeln Sie alle Gegenstände in der Wohnung ein, die Sie an den Ex-Partner erinnern", rät sie. Und: "Verpacken Sie die Sachen in einer Kiste und stellen Sie diese in den Keller." Auch könne es helfen, die Wohnung - so sie denn gemeinsam bewohnt wurde - umzudekorieren oder neu zu streichen.
Aus Fehlern lernen
Andere Expertentipps gehen in eine ähnliche Richtung, zielen nämlich auf Äusseres: das Styling verändern, sich mit Massagen oder Kosmetikbehandlungen verwöhnen, zum Friseur gehen.
Dahinter steht der Gedanke, dass in der schlimmsten Phase der Trauer nicht zu erwarten ist, dass man das Gefühl durch Nachdenken oder aus sich heraus loswird, sondern dass Impulse von aussen nötig sind, um sich besser zu fühlen. Auch zum Beispiel durch neue Freundeskreise - oder Freundschaften, die man wieder aufleben lässt.
Erst in einer der nächsten Phasen ist eine Beschäftigung mit sich selbst und der Beziehung sinnvoll. "Das wäre dann in der dritten Phase, einige Monate nach der Trennung, wenn man sein Leben schon etwa neu geordnet hat. Zu diesem Zeitpunkt kann man sich zum Beispiel durchaus mal fragen, was man selbst dazu beigetragen hat, dass die Beziehung gescheitert ist", so Wolfgang Krüger.
Und: Was man an seinem eigenen Verhalten ändern könnte, damit einem in der nächsten Beziehung nicht wieder etwas Ähnliches widerfährt.
Vor allem Männer neigten dazu, sich nach einer Trennung schnell in eine neue Beziehung zu stürzen, sagt Krüger. Der Verarbeitungsprozess sei aber erst nach einem bis zwei Jahren so weit abgeschlossen, dass man eine neue Partnerschaft eingehen sollte. "Bei manchen dauert es noch länger."
Sich den oder die Ex schlechtreden?
Wer auch in dieser Zeit sehr mit seiner Einsamkeit und seinem gekränkten Ego kämpft, dem hilft vielleicht ein Tipp des Beziehungspsychologen Wieland Stolzenburg. In einem Artikel zum Thema Liebeskummer schrieb er, man könne durchaus auch mal überlegen, was die Trennung einem Gutes bringen könne. Etwa, welche Entwicklungs- oder Erfahrungschancen sich dadurch ergäben.
In eine ähnliche Richtung gehen auch die Erkenntnisse aus einer weiteren Studie aus den USA, die sich mit der Frage befasste, welche der folgenden vier Strategien zur Bewältigung von Liebeskummer am effektivsten ist: sich regelmässig alle negativen Aspekte der Ex-Beziehung zu vergegenwärtigen, das Gefühl der Sehnsucht zuzulassen, sich abzulenken oder keine bestimmte Strategie zu verfolgen.
Das Ergebnis hier: Sich abzulenken helfe kurz-, aber nicht längerfristig. Wenn man sich den Ex-Partner schlechtrede sei es umgekehrt.
Verwendete Quellen:
- Welt.de:10 Tipps gegen wirklich schlimmen Liebeskummer
- Focus.de:Trennung vom Partner: Wie Sie Liebeskummer schnell überwinden
- Welt.de:Liebeskummer setzt Körper enorm unter Stress
- Spektrum.de:Wie man Liebeskummer besiegt
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