Am vergangenen Wochenende gingen in deutschen Grossstädten Menschen auf die Strasse, um gegen die Corona-Beschränkungen zu protestieren. Einige trugen Plakate mit der Aufschrift "Stoppt Gates" oder "Gib Gates keine Chance" bei sich. Was ist dran an der Kritik und wie kam es dazu, dass die grösste Stiftung der Welt ins Zentrum von Verschwörungstheorien geraten ist?
Bill & Melinda Gates Foundation - Die grösste Stiftung der Welt
Der 64-jährige US-Amerikaner William "
Die 1994 gegründete und zunächst von Bill Gates Vater geführte Stiftung mit dem Namen "William H. Gates Foundation" wurde 1999 in den heutigen Namen "Bill & Melinda Gates Foundation" umbenannt. Die Stiftung mit Sitz in Seattle hat knapp 1.400 Mitarbeiter und ein Stiftungskapital von 36,7 Milliarden US-Dollar.
Ziele der Stiftung
Unterteilt ist die Stiftung in die Bereiche "Globale Entwicklung", "Globale Gesundheit" und das "United States-Programm". Gefördert werden weltweit agrarische und medizinische Projekte.
Insbesondere hat sich die Stiftung dem Kampf gegen Alzheimer und gegen Krankheiten in den Ländern der Dritten Welt verschrieben. Sie engagiert sich für umfassenden Impfschutz. Ziel sei, bis 2030 Polio und Malaria auszurotten, das Aids-Virus zurückzudrängen und Säuglings- und Kindersterblichkeit weltweit zu halbieren.
Stiftungsgelder
Die Gelder der Stiftung, zum grossen Teil aus den Privatvermögen von Bill Gates und Investor Warren Buffett, gehen in Gesundheits- und Entwicklungsprojekte von über 130 verschiedenen Ländern.
Auch nach Deutschland fliessen Gelder, so erhält die Berliner Charité Geld aus der Stiftung, oder auch das Biotechnologie-Unternehmen Biontech für dessen Forschung an Impfstoffen zum Schutz vor HIV und Tuberkulose.
Die Stiftung ist ausserdem einer der Hauptgeldgeber der Weltgesundheitsorganisation WHO.
Bill Gates als Sündenbock in der Corona-Pandemie
Da Bill Gates viel Geld hat, mache ihn das für manche Menschen von Haus aus verdächtig. Die Corona-Pandemie erzeuge Angst vor Krankheit und Tod, aber auch vor wirtschaftlichen Problemen. Da sei es psychologisch nachvollziehbar, dass man einen Schuldigen suche, so Nikil Mukerji, Geschäftsführer des Studiengangs Philosophie Politik Wirtschaft der LMU München in einem Interview des Bayerischen Rundfunks.
Ein Vorwurf lautet, Bill Gates kontrolliere die Welt in der Corona-Pandemie. Hintergrund ist, dass sich die Stiftung auch für die Entwicklung eines Impfstoffes gegen das Coronavirus einsetzt. Da sowohl die Berliner Charité, in der Christian Drosten arbeitet, als auch die WHO von der Stiftung unterstützt werden, müssten diese, wie auch die Regierungen, nunmehr tun, was Gates ihnen diktiere.
Anderweitig wird von einer "Globalen Gesundheitsdiktatur" durch Gates gesprochen. Er wolle eine Zwangsimpfung mit fatalen gesundheitlichen Folgen bis hin zu einer Reduzierung der Weltbevölkerung. Noch schlimmer sind die Unterstellungen, Gates selbst habe das Virus entwickelt, oder er wolle Menschen Mikrochips zur Überwachung von Covid-19 unter die Haut setzen, um sich so eine digitale Überwachung aller Menschen zu sichern.
Wie entstehen solche Verschwörungstheorien?
Die Auffassung, Gates habe die Entwicklung des Virus finanziert, steht offenbar in Zusammenhang mit dem Patent eines von der Stiftung unterstützten Instituts von 2015 mit dem Titel "Coronavirus". Jedoch handelte es sich dabei nicht um das aktuelle Sars-CoV-2, sondern um eine Impfstoffentwicklung gegen einen Geflügelvirus aus der Gruppe der Coronaviren.
Es ist ein gängiges Verfahren, dass Forscher das Erbgut von Erregern verändern, um es ungefährlicher und somit für die Herstellung von Impfstoffen nutzbar zu machen. Doppelt ungut hat sich wohl ausgewirkt, dass Bill Gates ausgerechnet im Jahr 2015 vor einer möglichen Pandemie gewarnt hatte.
Eine weitere Fehlinterpretation bezieht sich auf das Thema Mikrochips. Im März hatte Bill Gates auf mögliche zukünftige "digitale Zertifikate" verwiesen, die Auskunft darüber würden geben können, wer eine Corona-Infektion hinter sich hat oder dagegen geimpft ist.
Diese Aussage jedoch ist unabhängig von anderen Projekten der Stiftung, wie etwa Forschungen zur digitalen Identifizierung, einer Technik, die Impfungen im Infrarotlicht auf der Haut anzeigt, oder auch zu Verhütungsmethoden mittels Mikrochips.
Kritikpunkte jenseits von Verschwörungstheorien
Bereits in der Vergangenheit gab es immer wieder Kritik an der Stiftung. Unter anderem wurde ihr angelastet, sie sei intransparent und zu sehr auf eine konzernfreundliche Globalisierung ausgerichtet.
Ihr wird ausserdem vorgeworfen, vornehmlich diejenigen Firmen zu unterstützen, deren Aktien sie hält. Weiterhin legt sie als einer der grössten WHO-Geldgeber fest, für welche Programme die Spenden verwendet werden sollen, kann also der WHO durchaus eine Richtung vorgeben.
Die "Los Angeles Times" warf der Stiftung 2007 Investitionen in Unternehmen vor, die stark zur Umweltverschmutzung beigetragen haben oder teure AIDS-Medikamente verkauften.
"The Guardian" kritisierte 2010 die Zusammenarbeit der Stiftung mit dem umstrittenen Konzern Monsanto, dem unter anderem vorgeworfen wird, die Landwirtschaft in Afrika zu bedrohen und über die Patentierung von Saatgut in wirtschaftlicher Abhängigkeit zu halten.
Der britische Arzt und Medizinexperte David McCoy warf der Stiftung 2014 vor, ein Mittel zur Machtausübung zu sein. McCoy prangerte an, dass das Stiftungsgeld nicht effizient und kostensparend ausgegeben werde. Unter dem Deckmantel einer Wohltätigkeitsorganisation würde Einfluss auf Politik, die WHO und die Weltbank genommen.
Er bemängelte ein Bekenntnis zu sozialer Gerechtigkeit und nachhaltiger Entwicklung und das Fehlen von Ethik- und Nachhaltigkeitsstandards für die Geldanlagen. Er kritisierte die Konzentration auf wenige ausgewählte Technologien und Krankheiten, insbesondere Krankheiten, gegen die man impfen könne, vernachlässige aber andere, dringende Probleme.
Verwendete Quellen:
- Deutschlandfunk.de: Bill Gates ist zum Ziel von Verschwörungstheoretikern geworden
- medical-design.news: Melanie Ehrhardt: Guter Zweck, schlechte Methoden?
- BR.de: Corona-Mythen: Warum Bill Gates zur Zielscheibe wird
- Spiegel.de: Interview mit Medizinexperten McCoy "Die Gates-Stiftung ist ein Mittel, um Macht auszuüben"
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