Ein Ende der Pandemie scheint noch immer nicht in Sicht. Nun haben die Toten- und Infiziertenzahlen wieder eine traurige Marke geknackt. Mehr als 600.000 Corona-Tote gibt es weltweit. Das entspricht der Bevölkerung einer Grossstadt. Und Millionen Menschen litten oder leiden noch an der Lungenkrankheit.
Es ist kein Ende in Sicht: In vielen Ländern breitet sich die Coronavirus-Pandemie weiter rasant aus. Die Zahl der weltweit bestätigten Todesopfer hat am Sonntag US-Forschern zufolge erstmals 600.000 überstiegen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) meldet seit Tagen jeweils mehr als 200.000 bestätigte Neuinfektionen mit dem Coronavirus. Besonders betroffen von der Pandemie waren zuletzt unter anderem die USA, Brasilien, Mexiko, Indien und Südafrika. In Grossbritannien schieben sich Regierung, Wissenschaftler und Gesundheitsbehörden inzwischen den schwarzen Peter für die erschreckend hohe Zahl an Todesfällen zu.
Daten der Universität Johns Hopkins in Baltimore zufolge gibt es nun bereits mehr als 14,3 Millionen bestätigte Infektionen mit dem Erreger SARS-CoV-2. Erst vor drei Wochen war die Schwelle von einer halben Million Toten und 10 Millionen bestätigten Infektionen überschritten worden. Etwa ein Viertel der weltweit bestätigten Infektionen und Todesfälle entfallen auf die USA, ein Land mit rund 330 Millionen Einwohnern. An zweiter Stelle steht Brasilien mit 2,1 Millionen bekannten Infektionen und rund 79.000 Todesfällen.
Pandemie erschüttert Westen und Süden der USA
In den USA ist die Pandemie nach Ansicht vieler Experten in Bundesstaaten im Süden und im Westen des Landes inzwischen weitgehend ausser Kontrolle. Täglich melden US-Behörden inzwischen rund 70.000 Neuinfektionen und Hunderte Todesfälle. Die Zahl der bestätigten Infektionen ist inzwischen auf 3,7 Millionen angestiegen. Zum Vergleich: In Deutschland gab es dem Robert-Koch-Institut zufolge seit Beginn der Pandemie gut 200.000 Infektionen. Die Zahl der Neuinfektionen lag zuletzt bei nur wenigen hundert pro Tag.
US-Präsident
Trump, der sich im November um eine zweite Amtszeit bewirbt, will eine rasche Rückkehr zur Normalität, damit sich die Wirtschaft stabilisieren kann und Schulen wieder öffnen können. Experten warnen jedoch, dass eine Normalisierung bei der starken Zunahme der Neuinfektionen unmöglich sein wird.
Zuspitzung der Lage in Brasilien
Auch in Brasilien, einem Staat mit 210 Millionen Einwohnern, breitet sich das Virus weiter rasant aus. Das grösste Land Lateinamerikas durchbrach diese Woche die Marke von zwei Millionen bestätigten Infektionen. Täglich melden die Behörden rund 1.000 Todesfälle. Die tatsächlichen Zahlen dürften noch weit höher liegen, auch weil das Land sehr wenig testet.
Wissenschaftliche Studien legen nahe, dass sich mindestens siebenmal so viele Menschen infiziert haben könnten wie bislang bekannt, und doppelt so viele wie erfasst gestorben sind. Inzwischen sind Gesundheitsversorgung und Bestattungswesen auch in Städten im Landesinneren an ihre Grenzen geraten.
Brasiliens Präsident Bolsonaro hatte das Coronavirus zu Beginn der Pandemie als "kleine Grippe" verharmlost und damit in der Bevölkerung Verwirrung über die Ernsthaftigkeit der Krankheit gestiftet. Auch wollte er aus wirtschaftlichen Gründen keine Massnahmen zur Eindämmung treffen. "Bolsonaro weiss, dass die Wirtschaftskrise extrem werden wird, vor allem in Lateinamerika, und dass viele Regierungen das nicht überleben werden", sagte Politikwissenschaftler Oliver Stuenkel von der Stiftung Getulio Vargas.
Ähnlich wie Trump in den USA hat Bolsonaro - der selbst positiv auf das Coronavirus getestet wurde - die Verantwortung für die Bekämpfung der Pandemie grösstenteils an Gouverneure der Bundesstaaten und Bürgermeister abgeschoben.
Streit in Grossbritannien um Opferzahlen
Die Regierung in London versteckte sich lange Zeit hinter der Behauptung, die Todesfallstatistiken seien international nicht vergleichbar. Inzwischen lässt sich aber kaum noch abstreiten, dass Grossbritannien weltweit eines der am schwersten betroffenen Länder ist und folgenschwere Fehler begangenen wurden. Der ehemalige Regierungsberater Neil Ferguson vom Imperial College erklärte kürzlich, dass mindestens die Hälfte der mehr als 45.000 Todesfälle hätten verhindert werden können, wenn der Lockdown im März eine Woche früher durchgesetzt worden wäre.
Es gibt allerdings Grund zur Annahme, dass der Pandemie in Grossbritannien viele Menschen zum Opfer gefallen sind, die nie auf das Coronavirus getestet wurden. Auf eine Aktualisierung der täglichen Todesfallstatistik wird inzwischen wegen einer wohl geringfügigen Ungenauigkeit in der Zählweise verzichtet.
Die Regierung hatte zunächst auf das Konzept Herdenimmunität gesetzt und erst später eingelenkt. Auch die massenhafte Überführung von Patienten aus Krankenhäusern in Pflegeheime, ohne sie vorher zu testen, gilt als massiver Fehler, der Tausende das Leben gekostet haben dürfte. Trotz Warnungen vor einer zweiten Infektionswelle im Winter mit bis zu 120.000 Toten schliesst Premierminister Boris Johnsons einen zweiten landesweiten Lockdown so gut wie aus.
Sterblichkeitsraten im Vergleich
Relativ zur Einwohnerzahl ist die Zahl der Corona-Toten in einigen europäischen Ländern am höchsten. In Belgien starben der Johns-Hopkins-Universität zufolge bislang 86 Menschen pro 100.000 Einwohner, in Grossbritannien 68, in Spanien und Italien jeweils etwa 60. In Schweden liegt die Zahl bei 55, in den USA bei 43 - in Deutschland nur bei 11. Das Coronavirus SARS-CoV-2 kann die Lungenerkrankung COVID-19 auslösen, die vor allem bei älteren oder immungeschwächten Patienten tödlich verlaufen kann.
China gibt Entwarnung - teilweise
Der Corona-Alarm in der chinesischen Hauptstadt soll am Montag nach 14 Tagen ohne Neuansteckungen herabgestuft werden, wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua meldete. Ein Corona-Ausbruch in Peking im Juni war von einem Grossmarkt ausgegangen.
Die Behörden in der nordwestlichen Region Xinjiang hingegen erklärten eine "Kriegslage", um einen dortigen Corona-Ausbruch einzudämmen. Es habe dort 17 bestätigte Fälle gegeben, 23 Infektionen ohne Symptome, und 269 Menschen hätten am Sonntagmorgen noch unter Beobachtung gestanden. In Xinjiangs Hauptstadt Urumtschi wurde am Donnerstag ein Lockdown verhängt. Flüge, U-Bahn- und Eisenbahnverkehr wurden eingestellt. (dpa/kad)
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