Bei den meisten Corona-Infizierten verläuft der Krankheitsverlauf eher mild. Dennoch gibt es zahlreiche Fälle, die auf der Intensivstation behandelt werden müssen. Doch mit was therapieren Mediziner die COVID-19-Patienten? Welche medizinischen Ansätze gegen das Virus selbst gibt es? Und welche Studien laufen bereits?

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Die Suche geht weiter. Nach wie vor gibt es weder einen Impfstoff noch ein Medikament gegen das Coronavirus. Eine gegen SARS-CoV-2 "selbst gerichtete Therapie steht derzeit noch nicht zur Verfügung", schreibt das Robert-Koch-Institut (RKI) auf seiner Webseite.

Den Ärzten und Pflegern auf den Intensivstationen bleiben daher bei schweren COVID-19-Fällen nach wie vor nur unterstützende Massnahmen: Sauerstoffgabe, Ausgleich des Flüssigkeitshaushaltes, gegebenenfalls Antibiotika-Gabe sowie die Behandlung der Grunderkrankungen, wie das RKI aufzählt.

Laut dem Institut werden aber weltweit mit Hochdruck spezifische Therapieansätze – darunter experimentelle Wirkstoffe und bereits zugelassene Medikamente – im Rahmen von Studien geprüft. So werden sich Forschungseinrichtungen aus 70 Ländern, darunter auch zahlreiche deutsche Kliniken und Institute, nach Angaben von Bundesforschungsministerin Anja Karliczek an einer grossangelegten Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Erprobung von Medikamenten für die Behandlung von COVID-19 beteiligen.

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Weltweit Heilversuche und frühe klinische Studien

Es geht darum, herauszufinden, welche bereits bekannten Arzneien gegen Malaria, Ebola oder HIV bei der Lungenkrankheit anschlagen könnten, erklärte die CDU-Politikerin am Donnerstag. "Überall auf der Welt und auch in Deutschland gibt es bereits Heilversuche und frühe klinische Studien, bei denen bereits bekannte Medikamente nun auch gegen COVID-19 eingesetzt werden", sagte Karliczek.

Im Moment sei die Erforschung der Wirksamkeit solcher Arzneien der Weg, der die schnellste Hilfe im Kampf gegen das Virus verspreche, denn ein wirksamer Impfstoff werde voraussichtlich erst Ende dieses Jahres oder Anfang nächsten Jahres zur Verfügung stehen.

Eine Übersicht, welche zwei Wege und welche Medikamente derzeit untersucht werden:

1. Umwidmung von Wirkstoffen

Bereits für andere Krankheiten entwickelte oder teilweise entwickelte Wirkstoffe könnten unter Umständen gegen die Lungenkrankheit COVID-19 helfen. Ihr Einsatz könnte schneller erfolgen, als wenn man einen neuen Wirkstoff entwickelt.

Remdesivir:

  • Der Wirkstoff gilt als aussichtsreich. Die Substanz richtet sich direkt gegen das Virus und wurde ursprünglich gegen Ebola-Infektionen entwickelt. Da sie damals in der klinischen Prüfung keine guten Ergebnisse brachte, wurde die Entwicklung nicht weiterverfolgt.
  • Weil erste Laborergebnisse im Einsatz gegen Coronaviren aber gut aussahen, wird Remdesivir unter anderem in Deutschland in zwei klinischen Studien getestet.
  • An einer internationalen Studie, bei der die Substanz an 600 Patienten mit moderaten Symptomen und an 400 mit schwerer Symptomatik erprobt werden soll, nehmen unter anderem die München Klinik Schwabing, das Hamburger Uniklinikum Eppendorf (UKE) und die Uniklinik Düsseldorf teil. Sollte die Studie Erfolge bringen, könnte das Mittel bis frühestens Ende 2020 auf den Markt kommen.
  • Für ausgewählte Einzelfälle setzte unter anderem die Düsseldorfer Uniklinik Remdesivir schon jetzt bei COVID-19-Patienten ein.

Favipiravir:

  • Auch die Wirksamkeit des Grippemittels Favipiravir gegen den Erreger SARS-CoV-2 wird gerade erprobt
  • Unproblematisch sind diese sogenannten Virostatika nicht: "Viren verändern sich und können resistent werden", sagt Melanie Brinkmann, Virologin am Braunschweiger Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI). Ähnlich wie bei Antibiotika könne es auch bei Virostatika zu Resistenzen kommen.

Hydroxychloroquin:

  • Ein anderer hochgehandelter Wirkstoff im Kampf gegen SARS-CoV-2 ist das Malariamittel Hydroxychloroquin. Der Wirkstoff ziele nicht direkt auf das Virus ab, sondern greife in zelluläre Prozesse ein, die für das Virus existentiell seien, erläutert Brinkmann.
  • Einen Beweis, dass Hydroxychloroquin COVID-19-Erkrankten hilft, gibt es bisher nicht. Das Malaria-Medikament ist – Stand jetzt – wenn überhaupt nur eine "schwache" Lösung, wie der Berliner Virologe Christian Drosten mit Blick auf eine französische und eine chinesische Studie sagt. In der Behandlung gewinne man durch die Gabe von Hydroxychloroquin "nicht viel dazu"."Wir werden auf grössere Studien warten müssen", konstatiert Drosten.
  • Dazu kommen die Nebenwirkungen: Drosten zufolge können diese bei Chloroquin "ernstzunehmend" für Organe wie Leber, Herz oder Nieren sein. Anderen Experten zufolge kann auch ein plötzlicher Verlust der Sehschärfe drohen.
  • Ende März wurde in Deutschland eine klinische Studie genehmigt, die die Wirksamkeit von Hydroxychloroquin gegen COVID-19 untersuchen soll.

Immunmodulatoren:

  • Diese Medikamente beeinflussen das menschliche Immunsystem. Das kann sinnvoll sein, denn der Körper reagiert sehr stark auf SARS-CoV-2 und kann so in der Lunge noch mehr Schaden anrichten.

Ungeachtet dessen arbeiten Wissenschaftler auch an der Entwicklung gänzlich neuer Wirkstoffe. Bis daraus aber ein Medikament resultiert, dürften viele Jahre vergehen. Für die derzeitigen Pandemie werden sie wohl keine Rolle mehr spielen.

2. Antikörper

Menschen bilden Antikörper gegen verschiedenste Krankheitserreger, die in den Körper gelangen - auch gegen das neue Coronavirus. Eine besondere Rolle spielen dabei neutralisierende Antikörper. "Die neutralisierenden Antikörper patrouillieren praktisch vor der Zelle und fangen das Virus ab, sodass es nicht in die Zelle eintreten kann", erklärt Virologin Brinkmann. Auch nachdem ein Patient genesen ist, bleiben die Antikörper zumindest noch eine Weile im Blut.

Auf der Bildung solcher Antikörper beruht auch die Wirkung der meisten klassischen Impfungen. Eine klinisch etablierte Methode ist es, Antikörper von genesenen Menschen zu nehmen und Erkrankten zu geben. Bei diesen können die Antikörper dann den jeweiligen Erreger bekämpfen. Theoretisch ist auch vorstellbar, dass man etwa klinischem Personal solche Antikörper vorbeugend gibt – sie müssten sie dann allerdings alle zwei Wochen neu erhalten, schätzt Brinkmann.

Da Antikörper im Gegensatz zu herkömmlichen Medikamenten körpereigene Stoffe sind, sollten in der Regel auch die Nebenwirkungen gering ausfallen. Allerdings weist das Paul-Ehrlich-Institut im hessischen Langen darauf hin, dass weitere klinische Studien zur Wirksamkeit einer solchen Blutplasma-Therapie unerlässlich seien. In China haben Forscher deren Wirkung jüngst an zehn COVID-19-Erkrankten untersucht: Demnach verbesserte sich der Zustand der Patienten innerhalb von drei Tagen nach der Transfusion. Der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, Klaus Cichutek, wertete die Ergebnisse als ermutigend. Diese seien aber kein Nachweis für die Wirksamkeit. "Die Anzahl der Patienten ist relativ klein", sagte Cichutek. Es handele sich um eine einmalige Gabe und eine sehr kurze Beobachtungsdauer. Deutschland sollen nun seinen Angaben nach klinische Prüfungen starteten, deren Ergebnisse in wenigen Monaten vorliegen könnten.

Das Universitätsklinikum Erlangen ist eigenen Angaben nach eine der ersten Einrichtungen in Deutschland, die eine Erlaubnis bekommen haben, das therapeutische Plasma herzustellen. In ein bis zwei Wochen könnten die ersten Patientinnen und Patienten damit behandelt werden. Die Therapie soll deshalb nur bei den Schwerstkranken angewendet werden.

An der Technischen Universität Braunschweig (TU) können menschliche Antikörper gegen SARS-CoV-2 mittlerweile im Reagenzglas gewonnen werden. Im Gegensatz zu Präparaten aus dem Blut gesundeter Patienten erschliesse dies eine unerschöpfliche Quelle, betont Brinkmann. Doch auch diese Antikörper müssten noch auf ihre Wirksamkeit getestet werden. (dpa/mf)

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