Die Schulen offen zu halten, ist ein grosses Ziele während des "Lockdown Light" in Deutschland. Doch es wird deutlich, dass auch Kinder zu den Treibern des Infektionsgeschehens gehören und dass die an den Schulen getroffenen Massnahmen nicht ausreichen. Der Verlauf der Ministerpräsidentenkonferenz wird kritisiert, gute Neuigkeiten gibt es bei den Impfstoffen. Wissenschaft, Medizin und Politik: Die wichtigsten Aussagen aus der vergangenen Woche.

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+++ Donnerstag, 12. November +++

21.866 Neuinfektionen werden am Donnerstag ans Robert-Koch-Institut übermittelt. Die Kurve der neuen Corona-Fälle scheint langsam flacher zu werden, aber sie steigt noch immer. Daraus ergibt sich die Frage, ob der "Lockdown Light" tatsächlich Ende November enden kann und die Massnahmen gelockert werden können. "Unser Ziel muss sein, unter die Sieben-Tage-Inzidenz von 50 zu kommen", sagt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder dem "Münchner Merkur": "Wir müssen es jetzt konsequent durchziehen. Dann werden wir sehen, ob vier Wochen ausreichen."

Der CSU-Politiker zeigt sich jedoch nicht sonderlich optimistisch mit Blick auf die nächsten Wochen: "Wenn wir jetzt nur ein bisschen die Zahlen senken und zu früh abbrechen, verfallen wir vielleicht in einen ständigen Wechsel von Lockdown und Öffnung. Das wäre für die Menschen kaum nachvollziehbar."

In Bayern und zuvor in Hamburg haben Fitnessstudios ihre Öffnung eingeklagt. Der Bundestagsabgeordnete und SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach weist in einem Tweet aber auf eine Studie der amerikanischen Elite-Universität Stanford hin, die unter anderem Fitnessstudios als Superspreading-Orte ausgemacht hat.

+++ Freitag, 13. November +++

Der Unglückstag Freitag, der 13. beginnt nicht gut. Mit 23.542 neuen Corona-Infektionen meldet das RKI einen neuen Höchststand an Infektionen innerhalb von 24 Stunden seit Beginn der Pandemie. Seit fast zwei Wochen befindet sich Deutschland nun im zweiten Lockdown, die Wende bringt er bisher noch nicht.

"Klar ist, wir müssen Kontakte beschränken, daran kann es gar keinen Zweifel geben", sagt Christian Lindner im "Morgenmagazin" der ARD, der FDP-Chef spricht sich aber auch für eine andere Vorgehensweise aus. Risikogruppen sollen nach Lindners Ansicht besonders geschützt werden, im Gegenzug könnte beispielsweise die Gastronomie wieder öffnen, da die Restaurants im Verhältnis zum entstehenden wirtschaftlichen Schaden keinen grossen Effekt auf die Pandemie hätten.

"Der nationale Kraftakt, von dem die Kanzlerin gesprochen hat, der sollte sich auf den Schutz der besonders Gefährdeten konzentrieren", sagt Lindner wörtlich. Er schlägt vor, Menschen im Alter über 60 Jahre FFP2-Masken zur Verfügung zu stellen und Zeitfenster im Einzelhandel zu schaffen, in denen die Risikogruppe einkaufen gehen kann. Lindner plädiert also ziemlich genau für das Modell, das Tübingens Bürgermeister Boris Palmer (Grüne) in seiner Stadt umsetzen will.

Als Kritiker des Lockdowns gilt Hendrik Streeck, der aber in der "taz" seine umstrittenen Aussagen relativiert. "Ich halte den Lockdown nicht für unnötig, das habe ich auch nicht gesagt", erklärt der Virologe: "Aus meiner Sicht ging und geht es vor allem darum, nicht von einem Lockdown in den nächsten zu gehen, sondern endlich eine Langfriststrategie zu entwickeln." Ausserdem erklärt Streeck, ein "Impf-Fan" zu sein: "Es gibt nichts, wogegen ich nicht geimpft bin, gegen das man sich impfen lassen kann."

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+++ Samstag, 14. November +++

In Österreich verkündet Kanzler Sebastian Kurz einen zweiten, harten Lockdown. Schulen und Geschäfte müssen schliessen, die Bevölkerung darf ihre Wohnung nur aus triftigem Grund verlassen. "Meine eindringliche Bitte für die nächsten Wochen ist: Treffen Sie niemanden! Jeder soziale Kontakt ist einer zu viel", sagt Kurz.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel schwört die Deutschen in ihrem Video-Podcast auf schwere Monate ein. "Der vor uns liegende Winter wird uns allen noch viel abverlangen. Das Virus wird noch eine ganze Weile unser Leben bestimmen. Das bedeutet auch, dass wir uns nicht unbeschwert direkt begegnen können", sagt sie.

Mehr und mehr rücken die Schulen als Treiber der Pandemie in Deutschland in den Fokus. "Wenn wir Situation in den Schulen nicht besser in den Griff bekommen, werden wir den Shutdown wahrscheinlich verlängern müssen", twittert Karl Lauterbach.

+++ Sonntag, 15. November +++

Ugur Sahin, Vorstandsvorsitzender des Mainzer Impfstoffentwicklers BioNTech, spricht im Interview mit der "BBC" über den Einfluss des Impfstoffes auf den Verlauf der Pandemie. Bis April wolle BioNTech 300 Millionen Dosen ausliefern, erklärt Sahin, für diesen Winter komme der Impfstoff aber zu spät.

"Es ist essenziell, dass wir eine hohe Impfquote bis zum Herbst erreichen", sagt Sahin, dann könnte im Winter 2021 die Normalität zurückkehren.

Auch Silvester wirft bereits seinen Schatten voraus. Wie wird der Jahreswechsel in Zeiten der Pandemie ablaufen? In den Niederlanden wurde das Silvesterfeuerwerk bereits komplett untersagt, auch in Deutschland werden erste Stimmen laut, die ein Verbot fordern.

Antje Kapek, Grünen-Fraktionsvorsitzende im Berliner Abgeordnetenhaus, spricht sich bei Twitter mit Blick auf die Entlastung von Pflegepersonal, Krankenhäusern und den Schutz vor Neuinfektionen auch für ein Verbot in Deutschland aus.

+++ Montag, 16. November +++

Der Montag wird mit Spannung erwartet, weil sich die Länderchefs in einem Videochat mit Merkel treffen, um über weitere Beschränkungen oder Lockerungen zu diskutieren. Beschlossen wird aber nichts, stattdessen werden die Entscheidungen auf die nächste Ministerpräsidentenkonferenz am 25. November vertagt.

Dass die Politik keine weiteren Massnahmen beschliesst, ruft Kritik von Wissenschaftlern, Medizinern und von der Opposition hervor. "Ein zögerliches Vorgehen, ein Abwarten ist in einer Pandemie meistens keine gute Idee", sagt die Virologin Isabella Eckerle von der Universität Genf in den "Tagesthemen" der ARD: "Die Zahlen haben sich zwar verlangsamt, aber sie steigen immer noch an. Und so lange es noch in die falsche Richtung geht, ist klar, dass die Massnahmen so bleiben oder wahrscheinlich nochmal angepasst werden müssen. Und wenn man die Infektionszahlen runterbekommen möchte, die Kliniken entlassen und in der Gesellschaft ein bisschen mehr Normalität haben möchte, dann wäre es besser gewesen, jetzt schon damit anzufangen. Das ist ein bisschen Zeit, die man verschenkt hat."

Die beste Nachricht des Tages kommt vom US-Impfstoffkonzern Moderna, der in einer Pressemitteilung erklärt, über einen Impfstoff zu verfügen, der mit einer Wirksamkeit von 94,5 Prozent Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV-2 bietet. "Das sind offensichtlich sehr aufregende Ergebnisse. Besser wird es nicht, 94,5 Prozent sind wirklich hervorragend", erklärt der US-Virologe Anthony Fauci bei "CNN".

Der noch amtierende US-Präsident Donald Trump weist darauf hin, dass der Impfstoff in seiner Amtszeit entwickelt wurde, der gewählte, kommende Präsident Joe Biden erklärt, dass es noch Monate dauern wird, bis der Impfstoff tatsächlich helfen kann und deshalb Masken und Social Distancing wichtig bleiben.

+++Dienstag, 17. November +++

Die Kritik an den ausgebliebenen Beschlüssen bei der Ministerpräsidentenkonferenz am Montag setzt sich fort. "Der Faktor Zeit ist extrem kritisch, weil wir alle wissen, dass diese Erkrankung ja lange Inkubationszeiten hat, dass es lange dauert, bis jemand krank wird. Zusammengefasst: Wer zu spät kommt, den bestraft das Virus. Und deswegen bin ich traurig, dass wir gestern keine guten Beschlüsse gehabt haben", sagt Frank Montgomery, Präsident des Weltärzteverbandes, im "Heute Journal" des ZDF.

Montgomery äussert sich auch zur Lage an den Schulen: "Das ist mit Sicherheit unter infektionsepidemiologischen Aspekten schwierig oder problematisch. Ich bin aber entsetzt, wie wenig Konzepte es hier bisher gibt. Also auch eben Frau Schwesig, die sagt, wir wollen dann nächste Woche eine langfristige Strategie entwickeln. Man hatte acht Monate Zeit, das zu tun. Und ich frage mich: Wo ist die Digitalisierung der Schulen? Wo ist aber auch der gesplittete Unterricht? Und wo sind auch die Lehrer, die dann Schichtdienst machen?"

Heinz-Peter Meidinger, Präsident des deutschen Lehrerverbandes, kritisiert die Schulpolitik bei "watson.de" ebenfalls mit deutlichen Worten. "Die Corona-Schulpolitik fast aller Bundesländer ist gekennzeichnet durch Hektik, Planungslosigkeit und fehlende langfristige Konzepte", sagt er und schlägt vor, Schülern ein zusätzliches Schuljahr zu ermöglichen.

Auch die Virologin Sandra Ciesek erklärt im NDR-Podcast "Coronavirus-Update", dass Kinder ebenso von der Pandemie betroffen sind: "Was wir wissen ist: Kinder können sich anstecken, sie können in seltenen Fällen auch schwer erkranken und sie können das Virus weiter geben an Mitschüler und Lehrer."

+++ Mittwoch, 18. November +++

Der Bundestag und der Bundesrat beschliessen das neue Infektionsschutzgesetz mit grosser Mehrheit, vor dem Bundestag demonstrieren währenddessen Corona-Leugner und Gegner der Massnahmen. Im Bundestag stört die AfD die Debatte mit einer Schilderaktion.

"Egal, was wir tun oder nicht tun, es entsteht Schaden: wirtschaftlicher, gesundheitlicher, sozialer", sagt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, das neue Gesetz helfe der Politik dabei, Entscheidungen zu treffen und zu handeln. Spahn versichert auch nochmal in Richtung der AfD-Fraktion, dass es keine Impfpflicht geben wird.

Allerdings wird es wohl schon bald wirksame Impfstoffe geben. Der Impfstoff von BioNTech und Pfizer zeigt in finalen Tests eine nochmals bessere Wirksamkeit von 95 Prozent, was die Ergebnisse des Konkurrenten Moderna nochmal toppt. Schon in den nächsten Tagen soll der BioNTech-Impfstoff in den USA zugelassen werden.

"Der Unterschied zwischen 90 Prozent Wirksamkeit und 95 Prozent Wirksamkeit wird in seiner Bedeutung oft stark unterschätzt. Ich HALBIERE damit die Zahl der Erkrankten unter den Geimpften. 95 Prozent Wirksamkeit ist für Impfstoffe Champions League", twittert Karl Lauterbach. Der SPD-Politiker teilt ausserdem eine Studie, die belegen soll, dass die Immunität gegen SARS-CoV-2 über lange Zeit, vielleicht sogar Jahre anhalten soll.

"Ein Segen für Impfungen, es wird immer klarer, dass wir die Pandemie erfolgreich beenden können", schreibt Lauterbach.

Verwendete Quellen:

  • Münchner Merkur: "Corona-Lockdown auch im Dezember? Söder wird ernst: 'Wir müssen das durchziehen'"
  • taz.de: "Virologe Streeck im Interview: 'Ich bin Impf-Fan'"
  • watson.de: "Um Schüler und Lehrer zu entlasten: Lehrerpräsident fordert zusätzliches Schuljahr"
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