Bei der Gerüchte-Pandemie zum Coronavirus beobachten wir derzeit ein uns bekanntes Narrativ: Angeblich soll der neue Mobilfunkstandard 5G das Virus verschlimmern – oder überhaupt erst die Symptome auslösen. In England hat es deshalb bereits Brandanschläge auf Funkmasten gegeben.
Der neue Mobilfunkstandard 5G ist ein Thema, mit dem seit etwa einem Jahr immer wieder Stimmung gemacht wird. So beobachten wir etwa die immer wiederkehrende Behauptung, 5G sei gefährlich für Mensch und Tier, weil etwa die Strahlenbelastung steige. Belege dafür? Fehlanzeige, wie unsere Faktenchecks zeigten.
Erwartbar spielt 5G nun auch bei der Gerüchte-Pandemie rund um Corona eine Rolle – und führt zu realen Konsequenzen. In England etwa gab es laut Medienberichten bereits Anschläge auf Funkmasten, Mitarbeiter von Telekommunikationsanbietern hätten Drohungen erhalten.
Täter sind offenbar fragwürdigen Theorien im Netz aufgesessen
Die Täter sind offenbar Behauptungen aufgesessen, die schon seit Januar im Netz und mittlerweile über WhatsApp kursieren: Eine davon lautet, dass Menschen in Wuhan gar nicht am Coronavirus gestorben seien, sondern an 5G.
Dort gebe es nämlich fast flächendeckend 5G und die Nachrichten um das Virus sollten dies, so die Theorie, demnach verschleiern. 5G führe angeblich zu "Zellabbau und grippeähnlichen Symptomen", es schwäche das Immunsystem.
Unser Faktencheck dazu zeigte: 5G in Wuhan ist zwar tatsächlich verfügbar, über alle drei grossen chinesischen Mobilfunkanbieter. Doch egal, ob 5G in einer Region auf der Welt verfügbar ist oder nicht, eine Sprecherin des Bundesamtes für Strahlenschutz sagt auf CORRECTIV-Anfrage: Elektromagnetische Strahlung könne keine solchen Auswirkungen haben: "5G verursacht weder Zellabbau noch grippeähnliche Symptome. 5G kann (wie alle Felder von Mobilfunksendeanlagen, also auch 2G, 3G, 4G) höchstens eine geringfügige, nicht wahrnehmbare Erwärmung verursachen, die sich vor allem auf die Körperoberfläche beschränkt (und die Lunge nicht erreicht)."
Es ist ausgeschlossen, dass Tiere oder Menschen wegen 5G sterben
Gegen die Theorie spricht ausserdem, dass am Coronavirus auch Menschen in Regionen starben, in denen der 5G-Ausbau bisher noch nicht einmal gestartet ist, wie zum Beispiel im nordrhein-westfälischen Heinsberg. Trotzdem glauben viele Menschen offenbar daran, dass 5G ihnen schaden könnte, auch, wenn das zum jetzigen Zeitpunkt ausgeschlossen ist.
Der Fall zeigt jedoch eindrücklich, zu was Mis- und Desinformation im Netz führen kann, wenn sie auf einen so grossen Resonanzraum trifft, wie es aktuell der Fall ist. Unterschätzt werden sollte die Problematik daher keineswegs: Gerüchte bleiben nicht zwangsläufig im Netz. Sie können reale Auswirkungen haben und zu Gewalt oder gesundheitsgefährdendem Fehlverhalten führen.
Das neuartige Coronavirus wird seit Wochen begleitet von einer unvergleichlichen Flut an Falschinformationen, Gerüchten und fragwürdigen Theorien. Inhaltlich hat sich unsere Arbeit als Faktenchecker dabei kaum verändert: Die Narrative der Desinformation sind dieselben, nur sind sie mit einem Corona-Dreh versehen.
Wer vorher etwa regelmässig vor einer angeblichen "Invasion“ von Geflüchteten warnte, spekuliert nun, die Corona-Massnahmen würden ausgenutzt, um "heimlich" Asylbewerber nach Deutschland zu bringen. Oder versucht eben, das Coronavirus mit 5G zu verbinden – so abwegig das auch ist.
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