- Woher kommt das Coronavirus?
- In Verdacht stehen Fledermäuse, Wildtierhandel, Tiefkühlketten - und ein Labor.
- Experten besuchen in Wuhan ein Virus-Institut, um das sich Mutmassungen ranken.
Ein chinesisches Virus-Institut hat Verdächtigungen über undichte Stellen in seinem Hochsicherheitslabor als Ursache für den Ausbruch des Coronavirus zurückgewiesen.
Bei ihren Ermittlungen im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation (WHO) besuchten internationale Experten am Mittwoch das Institut für Virologie (WIV) in Wuhan. In der Metropole in Zentralchina waren im Dezember 2019 erstmals Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus entdeckt worden, mit dem sich bislang weltweit mehr als 100 Millionen Menschen angesteckt haben.
Labor forscht schon lange mit Coronaviren von Fledermäusen
Das Virus-Labor ist eine führende Einrichtung von Chinas Akademie der Wissenschaften. Es forscht schon lange mit Coronaviren von Fledermäusen, die wegen genetischer Ähnlichkeiten als Ursprung für die Pandemie verdächtigt werden. So hatte die US-Regierung unter Donald Trump den Verdacht geäussert, dass das Virus aus dem Labor entwichen sein könnte, was die chinesische Seite aber energisch bestreitet.
Das Labor sei "von einigen antichinesischen Politikern wie dem früheren US-Aussenminister Mike Pompeo rücksichtslos verleumdet worden", schrieb die Zeitung "Global Times", die vom kommunistischen Parteiorgan "Volkszeitung" herausgegeben wird.
Es sei Teil einer langfristigen Strategie, "eine Konfrontation wie im Kalten Krieg mit China zu starten". Mitarbeiter des Labors sähen "lächerliche Beschuldigungen", die es "nicht einmal wert sind, zurückgewiesen zu werden", schrieb das Sprachrohr der chinesischen Propaganda.
Die als "Batwoman" (Fledermausfrau) bekannte und international renommierte Fledermausforscherin Shi Zhengli von dem Institut war schon vorher mit den WHO-Experten zusammengetroffen und hatte einen Vortrag gehalten.
Es gab auch unbewiesene Verdächtigungen, dass vielleicht ein Laborunfall mit einem künstlich manipulierten Virus passiert sein könnte. In der Mehrheit sind sich führende internationale Experten, die sich die genetische Information angeschaut haben, aber einig, dass es sich um ein natürliches Virus handelt.
Coronavirus: China lässt WHO-Besuch erst nach langem Tauziehen zu
Mitglieder des WHO-Teams hatten wiederholt betont, mit einem offenen Blick in die Untersuchungen zu gehen und keine möglichen Szenarien auszuschliessen. Erst nach langem Tauziehen hatte China ihren Besuch zugelassen.
Die Experten haben in Wuhan seit Mitte Januar Krankenhäuser, Forschungsinstitute und einen Markt besucht, auf dem wilde Tiere gehandelt wurden. Einige, aber nicht alle der ersten Infektionen konnten auf den Huanan-Markt zurückgeführt werden.
Es gab auch unbewiesene Spekulationen, dass Fledermäuse aus dem Institut vielleicht auf den Markt gelangt und verkauft worden sein könnten. Doch wies eine Quelle in dem Institut laut "Global Times" alle Thesen über eine undichte Stelle zurück und hob auch hervor, dass niemand bisher Beweise vorgelegt habe.
"Ohne Erlaubnis kann kein unqualifiziertes Personal das Labor betreten und kein wissenschaftlicher Forscher kann auch nur ein Papier oder einen Tropfen Wasser aus dem Labor bringen", wurde die Quelle zitiert.
Die Suche nach der Herkunft des Erregers gilt als politisch heikel. China fürchtet, als Schuldiger für die Pandemie angeprangert zu werden. Weltweit sind bereits mehr als 2,2 Millionen Menschen mit oder an der Atemwegserkrankung COVID-19 gestorben.
Chinas Propaganda streut Zweifel über Herkunft des Coronavirus
Seit Monaten streut Chinas Propaganda auch Zweifel, ob das Virus überhaupt aus China stammt. Es wird auf Berichte verwiesen, dass es Infektionen schon vorher in anderen Ländern gegeben haben könnte.
Auch verbreiten Behörden die These, dass das Virus über Tiefkühlwaren nach China eingeschleppt worden sein könnte. Als Beweis gelten heute festgestellte Virus-Spuren auf Tiefkühlimporten. Daraus wird gefolgert, dass der Erreger schon damals auf diesem Wege aus dem Ausland gekommen sein könnte. Ob diese Reste aber für eine Infektion ausreichen, ist unbewiesen und unter Wissenschaftlern umstritten.
In Wuhan waren Anfang Dezember 2019 erstmals Ansteckungen mit dem neuen Erreger entdeckt worden. Nach einem anfänglich als unzureichend kritisierten Umgang mit dem Ausbruch verhängte China strenge Massnahmen und Einreisebeschränkungen.
Mit Ausgangssperren und Massentests für Millionen Menschen sowie Kontaktverfolgung und Quarantäne scheint China das Virus weitgehend in den Griff bekommen zu haben. Heute werden nur noch vereinzelt lokal begrenzte Ausbrüche gemeldet. Das Leben hat sich normalisiert. (dpa/lh)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.