Dänemark lässt Millionen Nerze keulen, um Problemen mit einer potenziellen Corona-Impfung vorzubeugen. Mehr als 200 Menschen haben sich in dem Land mit einer mutierten SARS-CoV-2-Variante angesteckt, die von den Tieren stammt. Wie gefährlich sie ist, darüber kann die WHO noch nicht viel sagen.
In Dänemark sind nach dem Auftreten von mutierten Corona-Varianten bei Nerzen bereits 1,9 Millionen der rund 15 bis 17 Millionen Tiere in Zuchtanlagen getötet worden. Das teilte Dänemarks Polizei am Sonntag mit.
Um die Ausbreitung der mutierten Erreger in der Bevölkerung einzudämmen, schlossen von Samstag an zudem in sieben norddänischen Kommunen mit insgesamt 280.000 Einwohnern alle Lokale.
Bisher sind 214 Infektionen mit bei Nerzen mutierten Virus-Varianten in Dänemark bekannt geworden - rund 200 davon wurden in der Region Nordjütland erfasst, wo es besonders viele Nerzfarmen gibt. Dänemark ist bei der Zucht der Tiere Weltmarktführer.
Von Montag an wird in sieben Kommunen dort vorsorglich der öffentliche Nahverkehr eingestellt, ältere Schüler sowie Studenten sollen Fernunterricht erhalten. Zudem schliessen Sporthallen, Schwimmbäder und Fitnessstudios.
WHO: In sechs Ländern weltweit haben sich Nerze mit SARS-CoV-2 infiziert
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) teilte mit, dass bisher aus sechs Ländern mit SARS-CoV-2 infizierte Nerze gemeldet wurden. Betroffen seien neben Dänemark auch die Niederlande, Italien, Spanien, Schweden und die USA.
In Deutschland, Österreich und Grossbritannien sind Pelzfarmen verboten. In der Schweiz sind die Auflagen für die Haltung von Nerzen so hoch, dass die letzten Pelztierfarmen schon vor Jahren schlossen.
In Dänemark wurden bei Nerzen aufgetretene Varianten des Coronavirus seit Juni bei mindestens 214 Menschen nachgewiesen. Der von den Dänen als besorgniserregend eingestufte Cluster-5-Virustyp wurde bisher bei zwölf Personen gefunden.
Ob und wie viele weitere Menschen betroffen sind, sei derzeit noch unklar, sagte Tyra Grove Krause vom dänischen Gesundheitsinstitut SSI am Samstag. Der jüngste bekannte Nachweis stammt demnach aus dem September.
Aber selbst wenn diese Variante nicht mehr kursiere, bestehe bei der Haltung von Nerzen weiter die Gefahr, dass potenziell gefährlichere Mutationen entstehen. "Daher habe ich keinen Zweifel daran, dass es die richtige Entscheidung war, die gesamte Nerzpopulation in Dänemark zu keulen."
WHO: Zu früh, um Aussagen
Für die Cluster-5-Variante in Dänemark lässt sich zum Risiko bisher keine gesicherte Aussage treffen. "Es ist zu früh dafür, voreilige Schlüsse zu ziehen, welche Folgen diese neue Mutation für die Übertragung, Schwere der Erkrankung, klinische Symptome, Immunantwort oder mögliche Impfstoff-Wirkung hat", sagte WHO-Chefwissenschaftlerin Soumya Swaminathan erklärt.
Es habe bereits zahlreiche Mutationen von SARS-CoV-2 gegeben. WHO-Nothilfekoordinator Mike Ryan sagte: "Die Belege, die wir haben, weisen nicht darauf hin, dass diese Variante sich in irgendeiner Form anders verhält."
Die dänische Regierung hatte sich unter anderem deshalb zu dem Schritt entschlossen, alle Nerze zu töten, um etwaigen Problemen mit einem Impfstoff gegen SARS-CoV-2 vorzubeugen. Man befürchtet, dass die derzeit entwickelten Impfstoffe vor der mutierten Variante schlechter schützen könnten.
Grossbritannien reagiert mit Einreiseverbot für Dänen
Grossbritannien reagierte auf den Nachweis der von Nerzen auf den Menschen übertragenen COVID-19-Erreger mit Einreiseverboten. Sie gelten für alle Dänen, die keinen ständigen Wohnsitz im Vereinigten Königreich haben. Auch Einreisen von Ausländern über Dänemark sind seit Samstag untersagt, wie Verkehrsminister Grant Shapps mitteilte.
"Es wird keine Ausnahme von dieser Quarantäne-Politik geben", betonte seine Sprecherin. Wer britischer Staatsbürger ist und aus Dänemark kommt, darf zwar ins Land, muss aber für zwei Wochen in Selbstisolation. Das gilt auch für Menschen mit ständigem Wohnsitz in Grossbritannien.
Das Coronavirus SARS-CoV-2 wird hauptsächlich über Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen. Beim Kontakt mit infizierten Personen können sich aber auch einige Tierarten anstecken.
Nachgewiesen ist das bisher für Nerze und Frettchen sowie nach WHO-Angaben auch für Hunde, Hauskatzen, Löwen und Tiger. Übertragungen zurück auf den Menschen werden zumindest für Hauskatze und Haushund derzeit weitgehend ausgeschlossen. Solche Wirtswechsel bergen die Gefahr, dass potenziell gefährlichere Varianten entstehen.
Dänemarks Aussenminister Jeppe Kofod hatte am Freitag erklärt, dass man im Kampf gegen Corona lieber einen Schritt zu weit gehe als einen zu kurz. Das Ziel der Tötungsaktion bei den Nerzen in Dänemark sei, "eine nicht unerhebliche Virusquelle zu eliminieren und die Verbreitung aus den Haltungen heraus zu verhindern, insbesondere Übertragungen auf Menschen", hiess es vom Friedrich-Loeffler-Institut. (dpa/ank) © dpa
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