Der NDR-Podcast "Coronavirus-Update" mit Professor Christian Drosten ist zurück. Bei seinem Comeback am Dienstag spricht Deutschlands bekanntester Virologe über die zuletzt steigenden Fallzahlen und Reiserückkehrer. Mit einem Beispiel aus dem Alltag erklärt Drosten, wie Masken schützen. Und er hat einen Tipp parat, wie jeder Einzelne helfen kann, einen weiteren grossen Ausbruch zu vermeiden.
Eine zweimonatige Pause vom NDR-Podcast "Coronavirus-Update" hatte sich Professor
"Es war ein sehr arbeitsreicher Sommer für mich", erzählte der Virologe bei seinem Podcast-Comeback am Dienstagnachmittag. Lediglich zwei Mal eine Woche konnte er sich freinehmen, diese Zeit nutzte er unter anderem für einen "Besuch bei Oma und Opa" mit der Familie.
Natürlich forschte Drosten im Sommer weiter, er fertigte Studien an, arbeitete im Hintergrund. Wirklich bahnbrechende neue Erkenntnisse und Entwicklungen rund um das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 gab es aus Sicht des Wissenschaftlers in den letzten zwei Monaten aber nicht. "Es ist mein Eindruck, dass es keine Überraschungen der wissenschaftlichen Art gab", erzählte er.
Grossen Redebedarf gab es trotzdem, das Gespräch mit der NDR-Journalistin Korinna Hennig dauerte ganze 104 Minuten, so lange wie keine Podcast-Folge zuvor. Thema waren natürlich auch die steigenden Zahlen der an COVID-19 erkrankten Menschen in Deutschland in den letzten Wochen. Besonders beunruhigt wirkte Drosten angesichts der Zahlen aber nicht. "Wir haben Schwankungen, mal ein bisschen mehr, mal ein bisschen weniger im Niedriginzidenzbereich", erzählte er.
Infektionen in Deutschland problematischer als die von Reiserückkehrern
Die Entscheidung, Reiserückkehrer im grossen Stil zu testen, habe sicherlich Einfluss auf diese Zahlen gehabt, vermutete der Wissenschaftler. Gerade bei den Reiserückkehrern müsse man aber unterscheiden, erklärte Drosten. Wer mit einem positiven PCR-Test aus dem Ausland zurückkehre, habe sich vermutlich auch dort angesteckt und könnte auch seine ansteckende Phase im Ausland erlebt haben.
Für das Infektionsgeschehen in Deutschland sei das weniger bedenklich als beispielsweise eine Person, die sich auf dem Gesundheitsamt mit Beschwerden meldet, positiv auf COVID-19 getestet wird und wenige Tage vorher eine Grillparty in ihrer Heimatstadt besucht habe. Denn in diesem Fall befindet sich die Infektionsquelle in Deutschland.
Drosten vermutete auch, dass nun andere Menschen von Infektionen betroffen sind, als es noch im Frühjahr der Fall war. Vor allem jüngere Menschen könnten derzeit infiziert sein, was die leichteren Verläufe erklären würde. Gleichzeitig könnte dies auf eine gewisse Dunkelziffer hindeuten, denn wer beispielsweise auf einer "illegalen Technoparty" gewesen sei und nun leichte Symptome habe, dürfte nicht sonderlich motiviert sein, einen Arzt aufzusuchen und sich testen zu lassen.
Cluster-Tagebuch könnte helfen, neue Ausbrüche zu vermeiden
Auch wenn die Lage in Deutschland derzeit noch unter Kontrolle ist, ist die Gefahr eines zweiten exponentiellen Ausbruchs, wie er derzeit in Frankreich zu beobachten ist, nicht gebannt. Sobald es so viele Fälle gibt, dass die Gesundheitsämter die Infektionsketten nicht mehr nachvollziehen und unterbrechen können, wäre die einzige Lösung ein weiterer Lockdown. Für Drosten ist dies aber nur die allerletzte Lösung, auch regionale Lockdowns möchte der Virologe unbedingt vermeiden.
Drosten gab einen Tipp, wie jeder Einzelne dazu beitragen kann, dass das Infektionsgeschehen auch im Herbst und Winter unter Kontrolle bleibt. Sein Vorschlag ist ein Cluster-Tagebuch, in das Menschen eintragen, wann sie sich in grösseren Menschenansammlungen aufgehalten haben.
"Wenn ich in einer Woche dann Symptome bekomme, und der Amtsarzt mich fragt, ob ich einer Clustersituation war, kann ich nachschauen", erklärte Drosten, der selbst so ein Tagebuch führt. Dass Cluster bei der Verbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 eine entscheidende Rolle spielen, ist schon länger bekannt. Dass man vielleicht in Erwägung ziehen könnte, solche Menschenansammlungen von vorneherein zu vermeiden, könnte laut Drosten ein weiterer Vorteil eines solchen Cluster-Tagebuchs sein.
Christian Drosten nennt ein Alltagsbeispiel, wie Masken schützen
Ein weiterer wichtiger Faktor im Kampf gegen die Corona-Pandemie bleiben die Alltagsmasken. Zwar können diese die Ausbreitung der infektiösen Aerosole nicht komplett unterbinden, doch sie bieten einen guten Schutz. Dies untermauerte der Virologe mit einem Alltagsbeispiel. Wenn man einem Menschen begegne, der Mundgeruch habe oder Knoblauch gegessen habe, bemerke man dies nicht, wenn Masken getragen werden. "Dieser Mundgeruch, das sind Aerosole", erklärte Drosten.
"Dieses nicht mehr bemerken des Mundgeruchs, das können wir damit übersetzen, dass wir uns nicht mehr so schnell infizieren werden. Dieses Alltagsbeispiel sollten sich Menschen, die vielleicht Zweifel an der Wirksamkeit von Masken haben, mit nach Hause nehmen", sagte der Virologe.
Drosten glaubt an Immunität
Auch Thema des Podcasts war die Frage, ob eine erneute Infektion mit COVID-19 nach überstandener Krankheit möglich ist, oder ob die Patienten geschützt sind. Der Professor nannte Ende 2021 als mögliches Zeitfenster bis zum Ende der Pandemie und zeigte sich zuversichtlich, "dass fast alle Patienten, die jetzt eine Infektion durchgemacht haben, bis dahin als immun gelten können."
Eine erneute oberflächliche Infektion sei zwar durchaus möglich, vielleicht auch ein positiver PCR-Test. Aber dann würde sich die Erkrankung vermutlich nur in Form von leichten Halsschmerzen und nicht als schwere Lungenerkrankung zeigen, glaubt Drosten.
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