• Hamburger Rechtsmediziner haben alle Toten untersucht, die im vergangenen Jahr in der Stadt bekanntermassen an oder mit dem Coronavirus gestorben sind.
  • Sie fanden nicht nur heraus, dass die Meisten tatsächlich an der Corona-Infektion gestorben waren, sondern gewannen auch Erkenntnisse für die Behandlung von Corona-Patienten.

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Von den 735 Hamburger Todesfällen, die im vergangenen Jahr in Zusammenhang mit Corona gebracht wurden, starben nach einer rechtsmedizinischen Untersuchung 618 tatsächlich an dem Virus. Das Institut für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) untersuchte nicht nur die Sterbefälle in Krankenhäusern und Pflegeheimen, sondern auch solche, die nach dem Tod zu Hause oder bei einer Leichenschau aus anderen Gründen auffielen, wie der Leiter des Instituts, Benjamin Ondruschka, am Donnerstag erklärte.

Sieben Prozent der 735 Toten - also rund 50 - waren zwar mit dem Virus infiziert, die Infektion war aber nicht die Todesursache. Bei den übrigen knapp 70 Verstorbenen wollten die Angehörigen keine Obduktion oder es fehlten Unterlagen. Das Robert Koch-Institut habe für Hamburg im vergangenen Jahr 632 Corona-Tote gemeldet.

Einsatz von Blutverdünnern sinnvoll

Die Ergebnisse der Untersuchungen bestätigten zudem die positive Wirkung von Blutverdünnungsmitteln. "Zwar haben unsere Obduktionen der Verstorbenen gezeigt, dass die COVID-19-Erkrankten trotz der Gabe von Blutverdünnungsmitteln noch Blutgerinnsel in den Lungenschlagadern aufweisen konnten", sagte Ondruschka. In der statistischen Auswertung hätten sich aber längere Überlebenszeiten zwischen Infektion und Tod seit einer Therapieumstellung gezeigt.

Bereits im Mai vergangenen Jahres war bei den Hamburger Obduktionen aufgefallen, dass COVID-19 zu ungewöhnlich vielen Thrombosen und Lungenembolien führt. Daraufhin waren die bundesweit geltenden Behandlungsleitlinien geändert worden. Seitdem wird Ärzten empfohlen, Patienten nach individueller Risikoeinschätzung mit einem Blutverdünnungsmittel zu behandeln.

Fast alle untersuchten Corona-Toten waren älter als 50

Das Durchschnittsalter der Hamburger Corona-Toten betrug nach Angaben von Ondruschka 83 Jahre. 75 Prozent der Verstorbenen seien älter als 76 Jahre gewesen. Die Toten im Alter von 29 bis 100 Jahren waren zu 55 Prozent männlich und zu 45 Prozent weiblich.

Nur sieben Tote, also nur gut ein Prozent, waren jünger als 50 Jahre. Sie hätten alle eine Vorerkrankung gehabt, etwa ein Herzleiden oder einen Tumor. In sehr wenigen Ausnahmefällen seien Menschen an COVID-19 ohne erkennbare Vorerkrankung gestorben. Laut einer Hypothese hätten diese Patienten möglicherweise eine extrem hohe Viruslast gehabt oder seien im Moment der Infektion sehr vulnerabel gewesen, sagte Ondruschka.

Übersterblichkeit wegen Corona im April und Dezember

Die 618 Corona-Toten machten rund 3,3 Prozent aller 18.500 Hamburger Sterbefälle im vergangenen Jahr aus. Eine deutliche Übersterblichkeit habe es im April und Dezember sowie - nicht Corona-bedingt - im August gegeben. Seit Januar untersucht Ondruschkas Institut besondere Todesfälle. Darunter seien jung Verstorbene, solche ohne Vorerkrankungen oder mit Virusmutation. Es sei auch schon ein Toter mit der britischen Virusvariante untersucht worden. Diese Person, die nicht aus Hamburg stammte, sei ein "ganz klassischer Fall" gewesen.

Derzeit gehe die Zahl der Corona-Todesfälle in Hamburg und Deutschland zurück, sagte Ondruschka. Auf die Frage, ob die Impfung der Menschen mit höchster Priorität die Sterblichkeit drastisch senken werde, sagte der Rechtsmediziner: "Das ist die sehr optimistische Hoffnung." In seinem Institut seien auch schon Tote untersucht worden, die gegen Corona geimpft waren. Einen kausalen Zusammenhang, also dass die Impfung zum Tod führte, habe man aber nicht entdecken können. Der Rechtsmediziner vermutet, dass in Einzelfällen auch Geimpfte an Corona sterben werden, weil sich der Impfschutz nicht immer komplett ausbilde.

Rechtsmediziner wirbt für Impfung

Die Impfung schütze vor allem vor schweren Verläufen der Krankheit, betonte Kluge. "Wir haben noch keinen Patienten auf der Intensivstation behandelt, der geimpft war." Er appellierte an die Bürger, sich impfen zu lassen. Die Diskussion um den Impfstoff von Astrazeneca irritiere ihn. Die häufigen Nebenwirkungen nach der ersten Dosis seien die völlig erwartbare Reaktion des Körpers und nicht besorgniserregend. "Wir können und sollten sehr, sehr froh sein, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt schon drei zugelassene Impfstoffe haben in Deutschland. Und die Diskussion, welcher Impfstoff besser ist, empfinde ich selber als Luxusdiskussion", sagte der Intensivmediziner. Mit Astrazeneca würden auch die Mitarbeiter des UKE geimpft. (dpa/mcf)

Christian Drosten hält Bedenken gegen Astrazeneca-Impfstoff für unbegründet

Der Virologe Christian Drosten hält Bedenken gegen den Astrazeneca-Impfstoff für unbegründet und ist für einen breiten Einsatz des Präparats. Er sehe keine Veranlassung, das Vakzin aus schwedisch-britischer Produktion in Deutschland nicht zu spritzen, sagte der Charité-Virologe. Wenn er sich die öffentliche Diskussion um diesen Impfstoff anschaue, habe er den Eindruck, dass vieles falsch verstanden worden sei.
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