FFP2-Masken schützen gar nicht vor Viren? Das steht in einer Gebrauchsanleitung, die sich in sozialen Netzwerken verbreitet. Ein Faktencheck erklärt, was dahinter steckt – und weshalb der Hinweis nicht bedeutet, dass die Maske nicht vor SARS-CoV-2 schützen kann.
Am 19. Januar hat die Ministerpräsidentenkonferenz in Deutschland eine Pflicht zum Tragen von OP-Masken oder partikelfiltrierenden Halbmasken (FFP2 oder KN95/N95) beim Einkaufen und im öffentlichen Nahverkehr beschlossen. Doch wovor sollen die Masken konkret schützen, was können sie leisten?
In sozialen Netzwerken wird eine Gebrauchsanleitung verbreitet, auf der zu lesen ist, dass die FFP2-Masken nicht vor Viren schützen. Nutzer schliessen daraus, dass diese Masken nicht vor SARS-CoV-2 schützen können und machen Stimmung gegen die Maskenpflicht.
Recherchen von CORRECTIV.Faktencheck zeigen jedoch: Dieser Behauptung fehlt wichtiger Kontext. FFP-Masken müssen zur Eindämmung der Übertragung von SARS-CoV-2 nicht explizit Viren, sondern Aerosole abhalten.
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FFP2-Masken werden ursprünglich im Arbeitsschutz eingesetzt
Über eine Google-Suche fanden wir eine Gebrauchsanleitung der Marke Uvex (PDF-Download), die inhaltlich zu der auf Facebook verbreiteten Beilage passt. Wolf Wagner, Produktgruppenmanager im Bereich Head der Uvex Safety Group, erklärte dazu laut einem Faktencheck des Bayerischen Rundfunks: "FFP2-Masken sind ursprünglich Arbeitsschutzmasken, die im Handwerk eingesetzt werden. Sie werden deshalb standardmässig nicht darauf getestet, dass sie vor Viren wie dem SARS-CoV-2-Virus schützen. Daher übernehmen wir keine Haftung für diese Art der Nutzung."
Doch was bedeutet das für den Nutzen dieser Masken im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus? Andreas Podbielski ist Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene am Universitätsklinikum Rostock. Er erklärte uns: Dass die Masken nicht für Viren geprüft werden, bedeute nicht zwingend, "dass sie nicht die entsprechende Qualität haben oder wirksam sind".
Die Erklärung hierfür liegt in der Art, wie sich SARS-CoV-2 verbreitet und dem Zweck, den ein Mund-Nasen-Schutz erfüllen soll.
SARS-CoV-2 verbreitet sich über Aerosole
Wenn wir ausatmen, verbreiten wir eine Reihe von Gasen und auch Aerosolpartikel in unserer unmittelbaren Umgebung, schreibt das Umweltbundesamt auf seiner Webseite. Das bedeutet: Befinden sich Krankheitserreger wie SARS-CoV-2-Viren in unseren Atemwegen, entstehen Aerosole, die diese Erreger enthalten können. Aerosole sind feinste feste oder flüssige Partikel beziehungsweise "Schwebeteilchen" unterschiedlicher Grösse.
Laut Robert-Koch-Institut (RKI) verbreitet sich das Coronavirus vor allem über "die respiratorische Aufnahme virushaltiger Flüssigkeitspartikel, die beim Atmen, Husten, Sprechen und Niesen entstehen".
Mund-Nasen-Schutz soll die Wahrscheinlichkeit der Übertragung des Coronavirus reduzieren
Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes soll die Wahrscheinlichkeit, dass SARS-CoV-2 von einem Mensch zu einem anderen übertragen wird, reduzieren. Die verschiedenen Maskentypen haben dabei unterschiedliche Schutzwirkungen. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) listet auf seiner Webseite ihre Eigenschaften auf.
FFP-Masken müssen bestimmte gesetzliche Anforderungen und technische Normen erfüllen. Sie zählen laut BfArM zur Produkt-Kategorie "Persönliche Schutzausrüstung" im Rahmen des Arbeitsschutzes. Das heisst: Sie schützen den Träger der Maske vor Partikeln, Tröpfchen und Aerosolen. Wenn sie korrekt sitzen und dich anliegen, bieten sie Fremd- und Eigenschutz.
Das BfArM schreibt für FFP2-Masken, dass sie im Testverfahren mindestens 94 Prozent der Aerosole filtern müssen, bei FFP3-Masken sind es 99 Prozent. "Sie bieten daher nachweislich einen wirksamen Schutz auch gegen Aerosole. Die Prüfnorm ist, gemeinsam mit dem CE-Kennzeichen und der vierstelligen Kennnummer der benannten Stelle, auf der Oberfläche der FFP-Maske aufgedruckt", schreibt das BfArM. Das CE-Kennzeichen zeigt an, dass eine FFP-Maske ein erfolgreiches Nachweisverfahren durchlaufen hat.
"Ausreichendes Schutzniveau"
Ein Sprecher der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) schrieb uns per E-Mail, für FFP-Masken der Norm DIN EN 149 werde nur geprüft, wie dicht sie nach innen mit den jeweiligen Prüfsubstanzen seien.
Eine "Prüfung der bakteriellen Filterleistung" sei für FFP-Masken "grundsätzlich nicht vorgesehen".
Dennoch werde so ein ausreichendes Schutzniveau gegen SARS-CoV-2 erreicht, betonte der Sprecher des BAuA.
"Hier sind die Massnahmen zum Schutz vor biologischen Arbeitsstoffen ausschlaggebend, die der Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe festgelegt hat. Aufgrund der Erfahrungen in Praxen und Laboren sollten [durch] die FFP2-Masken, die ansonsten in grossem Umfang gegen (Fein-)Stäube eingesetzt werden, die Viren (die ja zudem noch von Wasser und anderen Stoffen umhüllt sind) zurückgehalten werden."
Durch einen Filter zu atmen, der einzelne Viren abfangen kann, ist für Menschen zu anstrengend
Um vor SARS-CoV-2 zu schützen, müssen die Masken also eigentlich vor Aerosolen schützen. Andreas Podbielski erklärte im Gespräch mit CORRECTIV.Faktencheck: "Wenn Viren alleine durch die Gegend fliegen, haben sie eine kleinere Partikelgrösse als wenn sie in Flüssigkeitstropfen sind. Jegliche FFP-Masken, auch die, die normgerecht hergestellt und getestet werden, sind natürlich zum Erfassen von Partikeln mit einer gewissen Mindestgrösse geeignet."
Zwar existierten auch Filter, die einzelne Viren abfangen können. Aber durch diese hindurch zu atmen, erfordere einen grossen Druck. Und diesen Druck könnten Menschen mit der Lunge nur bedingt aufbauen. Durch einen solchen Filter zu atmen, wäre nur für wenige Atemstösse möglich. Aber das sei auch überhaupt nicht notwendig, erklärte Podbielski: "Denn die Viren fliegen nicht einzeln durch die Luft, sondern in Aerosolen. Und nur das müssen die Masken abhalten."
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