- Das Land galt als Vorreiter in Sachen Impfen, verzeichnete zuletzt kaum Neuinfektionen: Nun verzeichnen die Gesundheitsbehörden in Israel wieder einen Anstieg der Infektionszahlen – darunter sind viele jüngere und vollständig geimpfte Menschen.
- Zuvor waren mehrere Ausbrüche in Schulen gemeldet worden, ein besonderer Schwachpunkt soll der Flughafen sein.
- Besonders die Delta-Variante breitet sich aus. Das Land zieht die Notbremse und nimmt Lockerungen zurück.
In Israel lässt das Coronavirus wieder die Alarmglocken schellen. Die neue Lage verlange "Aufmerksamkeit, aber keine Panik" – so drückte es Roni Gamzu, der ehemalige Corona-Beauftragte der israelischen Regierung aus.
In mehreren Schulen gab es Corona-Ausbrüche, die Zahl der Neuinfektionen steigt wieder stark an. Mehr als 100 Neuinfektionen wurden seit Anfang vergangener Woche (21.) täglich von den Gesundheitsbehörden registriert, am Donnerstag sogar 227 Fälle. Zuerst war ein Ausbruch in einer Schule in Binyamina, einer Kleinstadt nördlich von Tel Aviv, bekannt geworden. Dort hatten sich mindestens 45 Schüler der Mittelstufe mit dem Coronavirus infiziert. Auch in der Stadt Modiin gab es einen Ausbruch, der auf einen Reise-Rückkehrer zurückzuführen sein soll.
Sorge auch bei Impf-Weltmeister
Nachman Asch, Chef der israelischen Corona-Taskforce, sagte im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, dass der Anstieg vermutlich durch die hochansteckende Delta-Variante komme. Dabei gilt Israel als Weltmeister und Vorreiter in Sachen Impfung: Von rund neun Millionen Einwohnern sind etwa 5,2 Millionen Menschen vollständig gegen das Coronavirus geimpft.
Das entspricht einer Quote von knapp 57 Prozent. Über 60 Prozent haben eine Impfdosis erhalten. Die weltweite Quote der Vollständig geimpften liegt bei 10,3 Prozent, in Deutschland bei 34,2 Prozent (Stand 26. Juni). Ganz vorne mit dabei sind auch die Mongolei (53,1), Chile (51,4) Island (48,9) und Ungarn (48,4).
Lockerungen zurückgenommen
Zuletzt gab es in Israel wochenlang kaum Neuinfektionen, die Restaurants und Bars waren wieder voll, in Bussen drängten sich die Menschen, die Maskenpflicht war in den meisten Innenräumen Mitte Juni wieder aufgehoben worden. Mit den Lockerungen war Israel früh dran: Viele Beschränkungen fielen schon im Frühjahr. So dürfen Konzerte beispielsweise schon seit Monaten wieder stattfinden.
Nun ist das Virus aber trotz Impfung wieder auf dem Vormarsch und Israel zieht frühzeitig die Notbremse, um den Rückschritt im Keim zu ersticken: Touristen dürfen weiterhin nicht ins Land einreisen – weder doppelt geimpft noch im Juli, wie ursprünglich geplant. Dieser Öffnungsschritt wurde auf August verschoben. Die Maskenpflicht in Innenräumen gilt wieder, Ausnahmen gibt es nur für Sport und bestimmte Personengruppen.
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Frühzeitig die Bremse ziehen
Auch bei grossen Menschenansammlungen wird das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes wieder empfohlen – etwa bei der Pride-Parade am vergangenen Freitag (25.). Die Entscheidungen wurden getroffen, weil die Zahl der Neuinfektionen tagelang über der Marke von 100 lag.
"Wir haben in Ländern wie Grossbritannien gesehen, dass die Zahl der Kinder, die ins Krankenhaus müssen, deutlich steigt. In Israel blicken wir nur auf sehr vorläufige Daten. Dennoch haben wir beschlossen, dies als neuen Ausbruch des Virus in Israel zu behandeln. Wir wollen ihn stoppen. Wie mit einem Eimer Wasser über einem kleinen Feuer", sagte Premierminister Naftali Bennett.
Impf-Empfehlung für Kinder
Mit der Delta-Variante, die zuerst in Indien nachgewiesen wurde, haben sich in Israel nun auch viele jüngere und viele geimpfte Menschen infiziert. Deshalb hat die Regierung nun auch eine Empfehlung für die Corona-Impfung von 12- bis 15-Jährigen ausgesprochen. Es gab zwar bereits ein Angebot dafür, jedoch formulierte die Regierung nun die klare Empfehlung.
Die Quarantänepflicht soll künftig auch für Geimpfte und Genesene gelten. Hatten sie Kontakt zu einer Person mit einer gefährlichen Corona-Variante, müssen auch sie sich in Quarantäne begeben. Bislang waren sie davon befreit. In Israel wird fast ausschliesslich der Impfstoff von BioNTech/Pfizer verimpft, dieser schützt zu 88 Prozent vor der Delta-Variante und zu 95 Prozent vor einem schweren Verlauf. Das berichtet die "Tagesschau".
Schwachpunkt Flughafen
Von den aktuell rund 700 Akut-Erkrankten sollen laut israelischem Gesundheitsministerium 40 bis 50 Prozent geimpft gewesen sein. Chezi Levi, Generaldirektor des israelischen Gesundheitsministeriums, nannte das auf einer Pressekonferenz "besorgniserregend".
Bennett forderte auch die Israelis auf, Reisen - wenn möglich - zu unterlassen. Denn als ein Schwachpunkt in der Corona-Bekämpfung gilt der internationale Flughafen Ben-Gurion bei Tel Aviv. Er ist Israels wichtigster und grösster Flughafen. Zuletzt verzeichnete der Flughafen knapp 18 Millionen Fluggäste jährlich.
Wackelige Normalität
Ausgerechnet über ihn soll aber die Delta-Variante ins Land gebracht worden sein. Eigentlich ist das Testen auf Corona bei der Einreise Pflicht, Berichten zufolge soll die Teststation in den vergangenen Wochen aber überlastet gewesen sein, tausende Reisende sollen ohne Test nach Hause geschickt worden sein. Auch die Quarantänepflicht sei nicht richtig kontrolliert worden.
Bennett liess nun 250 weitere Polizeibeamte einsetzen, um Wiedereinreisende besser zu kontrollieren. "Unser wichtigstes Ziel ist es, die israelischen Bürger vor der Delta-Variante zu schützen, die Amok läuft in der Welt", sagte Bennett. Die vermeintliche Normalität – sie steht auf wackeligen Beinen. Nicht nur in Israel.
Verwendete Quellen:
- Our world in data: Coronavirus (COVID-19) Vaccinations Israel.
- Tagesschau.de: Delta besorgt nun auch "Impf-Weltmeister" Israel.
- Flugplandaten. Flughafen Tel Aviv.
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