In welchem Ausmass sich Kinder mit SARS-Cov-2 infizieren und wie die daraus resultierende Erkrankung COVID-19 bei ihnen genau verläuft, wird aktuell weltweit erfoscht. Neue Studien zeigen nun, dass sie das Virus auch ohne Symptome wochenlang ausscheiden können. Dennoch sind bei der Bedeutung von Kindern fürs Infektionsgeschehen noch viele Fragen offen.

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Auch ohne Anzeichen einer Erkrankung können Kinder und Jugendliche womöglich lange Zeit den COVID-19-Erreger ausscheiden. Forscher aus Südkorea konnten das Virus bei den Heranwachsenden zwei Wochen lang nachweisen, bei jenen mit Symptomen waren es fast drei Wochen. Sie stellen ihre Ergebnisse im Fachmagazin "Jama Pediatrics" vor.

Die Frage, ob Heranwachsende tatsächlich auch so lange Zeit andere Menschen anstecken können, beantwortet die Untersuchung nicht. Das sei eine der Schwächen der Studie, schreiben zwei US-Ärztinnen in einem begleitenden Kommentar. Sie liefere aber dennoch wichtige Erkenntnisse zur Rolle von Kindern im Infektionsgeschehen.

Eine Bestätigung für die bisherige Beobachtung, dass Kinder und Jugendliche zumeist nur leicht erkranken, liefert eine Studie aus Grossbritannien im "British Medical Journal". Weniger als ein Prozent aller mit COVID-19 ins Krankenhaus eingelieferten Patienten war demnach jünger als 19 Jahre. Sechs dieser Patienten starben, aber alle hatten andere schwerwiegende gesundheitliche Probleme.

"Eltern dürfen sich von den Ergebnissen der Studie beruhigt fühlen", sagt Ko-Autorin Louisa Pollock laut einer Mitteilung der University of Edinburgh. "Sie bestätigt, dass nur sehr wenige Kinder ernsthaft von COVID-19 betroffen sind. Wenn die Kinder zur Schule zurückkehren und in den Wintermonaten, ist es wichtig, dass wir COVID-19 bei Kindern weiterhin überwachen."

Coronavirus bei Kindern: Auch ohne Symptome lange nachweisbar

Die koreanischen Forscher hatten insgesamt 91 Heranwachsende unter 19 Jahren untersucht, bei denen zwischen Mitte Februar und Ende März dieses Jahres das Virus SARS-CoV-2 festgestellt worden war. Die meisten waren als Kontaktperson getestet worden.

Da in Südkorea alle Infizierten - ob mit oder ohne Symptome - in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen in Quarantäne kommen, konnten die Wissenschaftler den Verlauf der Erkrankung im Detail untersuchen. Alle paar Tage wurde ein neuer PCR-Test zum Nachweis der Viren vorgenommen. Erst wenn zwei Tests im Abstand von 24 Stunden negativ ausfielen, durften die Patienten aus der Quarantäne.

22 Prozent der Heranwachsenden hatten während des ganzen Klinikaufenthalts keinerlei Symptome. Die übrigen zeigten früher oder später typische Anzeichen der Erkrankung, etwa Fieber, Husten, Durchfall oder einen Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns. Erbgut des Erregers wurde im Schnitt über durchschnittlich fast 18 Tage nachgewiesen, bei den Patienten ohne Symptome waren es im Schnitt 14 Tage. Bei jenen mit Symptomen waren es durchschnittlich 19 bis 20 Tage.

Die lange Zeit, die das Virus ausgeschieden werde, sei überraschend und alarmierend, schreiben die Forscher. Und sie folgern aus ihren Analysen: Bei Kindern und Jugendlichen lässt sich eine Infektion anhand der Symptome nur unzuverlässig frühzeitig erkennen. Unglücklicherweise legten die Daten nahe, dass die einzige Möglichkeit zur frühzeitigen Diagnose einer Corona-Infektion sei, intensiv zu testen.

Virennachweis muss nicht gleich Übertragung bedeuten

Die Umsetzung dürfte angesichts begrenzter Test- und anderer medizinischer Ressourcen wie Personal und Krankenbetten aber schwierig sein, schränken die Wissenschaftler ein. Auch die möglichen psychischen Folgen, die bei Kindern auftreten könnten, die ohne Beschwerden in Quarantäne kommen, müssten bei Beratungen über das weitere Vorgehen berücksichtigt werden. Sie weisen auch darauf hin, dass derzeit nicht klar sei, ob der Nachweis von Virus-Erbgut bedeute, dass die Patienten ansteckend sind.

Es sei denkbar, dass ein positiver Test zwar genetisches Material erkenne, es aber keine lebensfähigen Viren mehr gebe, die andere Personen anstecken könnten, schreiben auch Roberta DeBiasi und Meghan Delaney vom Children's National Hospital in Washington in ihrem Kommentar. Möglicherweise sei auch die Menge an Viren für eine Ansteckung zu gering. Schliesslich könne es zudem bei der Probenentnahme zu Fehlern kommen, die ein falsches Ergebnis lieferten.

Auf die Bedeutung einer Komplikation bei Kindern weist die Studie aus Grossbritannien im "British Medical Journal" hin. Darin hatten die Wissenschaftler unter anderem Daten von insgesamt 651 Kindern und Jugendlichen unter 19 Jahren ausgewertet. 116 von ihnen wurden auf die Intensivstation verlegt.

Ein besonders hohes Risiko dafür hatten Patienten, die ein sogenanntes Multisystemisches Entzündungssyndrom (MIS-C) bekamen. Dies betraf 52 Kinder und Jugendliche. Sie litten unter Bindehautentzündungen, einem Hautausschlag und Magen-Darm-Problemen wie Bauchschmerzen, Übelkeit und Durchfall. Als neue Symptome identifizierten die Wissenschaftler in dieser Patientengruppe Kopfschmerzen, Müdigkeit, Muskelschmerzen und Halsentzündungen. (dpa/kad)

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