Ob in der Zahnarztpraxis oder im OP – der Mundschutz ist gerade bei Ärzten und Pflegepersonal nicht wegzudenken. In Zeiten der Corona-Pandemie sollen ihn jetzt alle tragen. Und plötzlich tauchen Behauptungen auf, durch die Maske atme man zu viel CO2 ein. CORRECTIV.Faktencheck hat das geprüft.

Diese Kolumne stellt die Sicht von CORRECTIV.Faktencheck - Fakten für die Demokratie und Till Eckert dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Die Behauptung in einem Bild, das tausendfach auf Facebook geteilt wurde, ist einfach: "Durch Maskentragen atmen wir mit der Zeit viel CO2 ein. Die Sauerstoffversorgung lässt nach." Ausserdem sammle sich viel Feuchtigkeit in Maske und Lunge, wodurch sich angeblich gefährliche Keime in der Lunge vermehren würden.

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In manchen Varianten des Beitrags wird ausserdem suggeriert, das Tragen einer selbstgenähten Maske führe bei kleinen Kindern zum Atemstillstand.

CORRECTIV hat unter anderem mit dem Robert-Koch-Institut (RKI), der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin und dem Maskenhersteller 3M gesprochen. Sie alle sagen: Bei richtiger Benutzung geht keine Gesundheitsgefahr von den Masken aus.

Studie von 2005 soll beweisen: CO2 im Blut steigt durch das Tragen eines Mundschutzes

Als Quelle für die Behauptungen wurde eine Studie der TU München von 2005 herangezogen, die sich mit der "Rückatmung von Kohlendioxid bei Verwendung von Operationsmasken als hygienischer Mundschutz an medizinischem Fachpersonal" beschäftigte.

Die Studie kam vor 15 Jahren zu dem Ergebnis, das CO2 könne beim Ausatmen durch die OP-Maske nur teilweise entweichen. "Dieser Effekt führte zu dem Ergebnis, dass die Probanden Luft einatmeten, deren CO2-Gehalt höher war als derjenige der umgebenden Raumluft." Dadurch steige die Kohlendioxid-Konzentration im Blut.

Eine Sprecherin des RKI schrieb per E-Mail an CORRECTIV: "Dass man mehr CO2 einatmet stimmt nicht, dass die Atmung behindert wird, schon." Und auch für Kinder gilt, wie uns ein Sprecher der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin mitteilte: "Dass sich CO2 unter einer Maske ansammeln und zur Atemlähmung führen können, ist völliger Unsinn, wenn das Kind gesund und wach ist. Es sollen ja Masken und keine Knebel sein."

Korrekte Handhabung führt nicht zu einer CO2-Ansammlung

Es gibt neben selbstgenähten Masken noch zwei verschiedene Arten. Sowohl der medizinische Mund-Nasen-Schutz als auch die filtrierenden Halbmasken sind durch das Deutsche Institut für Normierung (DIN) zertifiziert und zugelassen. Die filtrierenden Masken sind nicht für Kinder geeignet.

Eine Pressesprecherin des Maskenherstellers 3M erklärt: "Die EN149 Norm setzt klare Grenzen für den Ein- und Ausatemwiderstand von Atemschutzmasken - die Norm 14683 entsprechend für chirurgische Masken." Man könne deshalb davon ausgehen, dass es bei der korrekten Handhabung nicht zu einer Ansammlung von CO2 komme.

Und auch die Autorin der Studie schreibt ganz am Ende ihrer Ausführungen: "Eine kompensatorische Erhöhung der Atemfrequenz oder ein Abfall der Sauerstoffsättigung wurde dabei nicht nachgewiesen." Durch das Tragen einer Maske droht also keine Gesundheitsgefahr durch zu viel CO2 im Blut.

Wird die Maske feucht, kann das zu einer Kontamination mit Bakterien führen

Die zweite Behauptung in dem Bild auf Facebook lautet, es sammle sich viel Feuchtigkeit in Maske und Lunge an, wodurch sich angeblich gefährliche Keime in der Lunge vermehren würden.

Wenn die Maske nach längerem Tragen feucht sei, sollte sie gewechselt und gewaschen werden, schreibt die Sprecherin des RKI. Es könne zu einer Kontamination der Maske mit der Mund-Rachen-Flora kommen – aber mit Bakterien, nicht mit Viren. "Systematische und vergleichbare Studien gibt es hierzu bislang aber nicht." Es vermehren sich also keine Keime in der Lunge.

Das RKI rät, den Mundschutz zeitlich begrenzt zu tragen, zum Beispiel beim Einkauf oder in Bus und Bahn.

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