Maske auf in Bus, Bahn und im Einzelhandel - das wird in immer mehr Bundesländern Pflicht. Die Grünen fordern nun eine gemeinsame Linie von Bund und Ländern. Nicht nur hier gibt es Kritik am deutschen Flickenteppich bei den Regeln in der Coronakrise.

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Zur Eindämmung des Coronavirus setzen immer mehr Bundesländer auf eine Maskenpflicht beim Einkaufen und im öffentlichen Nahverkehr. Mehrere Landesregierungen wollen dies an diesem Dienstag besiegeln oder darüber beraten. Eine bundesweit einheitliche Linie gibt es bislang nicht: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten hatten sich vergangene Woche nur darauf verständigt, das Tragen von "Alltagsmasken" in Bussen und Bahnen sowie im Einzelhandel "dringend zu empfehlen". Die Grünen fordern nun "eine klare, gemeinsame Linie" von Bund und Ländern, wie Parteichefin Annalena Baerbock der Deutschen Presse-Agentur sagte.

"Ich halte ein Gebot für einen Mund-Nasenschutz im öffentlichen Nahverkehr und beim Einkaufen in Geschäften für richtig", sagte Baerbock. "Es muss klar sein, da, wo man, wie im ÖPNV, direkt auf Menschen trifft, muss ein Mund-Nasenschutz getragen werden." Eine solche Maskenpflicht wird häufig auch als eine Art Gegenpart zu den ersten Lockerungen von Anti-Corona-Massnahmen gesehen, die am Montag in Kraft getreten waren.

Wer auf eine Maskenpflicht setzt:

Die Sachsen waren die ersten, dort gilt schon seit Montag eine Maskenpflicht für Geschäfte und den Nahverkehr. Thüringen will ab Freitag nachziehen, Bayern kommende Woche. In Mecklenburg-Vorpommern sind Masken ab kommendem Montag Pflicht, aber nur im Nahverkehr. In Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt deutet sich ebenfalls eine Maskenpflicht für Einzelhandel und ÖPNV an, in beiden Ländern berät an diesem Dienstag die Landesregierung darüber. Einer zuvor ausgesprochenen Empfehlung seien die wenigsten Menschen gefolgt, sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) am Montagabend im MDR. Der Berliner Senat spricht ebenfalls über das Thema - wobei es hier in der Koalition zuvor noch unterschiedliche Positionen gab.

Warum nicht gleich eine bundesweite Pflicht?

Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) sagte am Montagabend auf diese Frage in den ARD-"Tagesthemen", man habe sich bei der Konferenz der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten an Empfehlungen des Robert Koch-Instituts orientiert. Solche einfachen Masken - die keine medizinischen Schutzmasken sind - könnten demnach bei richtiger Anwendung einen Zusatznutzen bringen - wenn man sich trotzdem an Kontakt- und Abstandsregeln hält. Deshalb seien sie gerade in geschlossenen Räumen zu empfehlen, sagte Braun. "Aber von einer Verpflichtung war da keine Rede."

Corona-Flickenteppich:

Unterschiedliche Handhabungen in den Bundesländern gibt es auch bei

  • Kitas: Derzeit gibt es nur eine Notbetreuung für jüngere Kinder, der Zugang dazu ist zumeist vom Beruf der Eltern abhängig - etwa für Ärzte, medizinisches Personal oder Feuerwehrleute. Details regeln die Länder für sich, eine von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) angestrebte bundesweite Regelung war nicht zustande gekommen.
  • Einzelhandel: Nach mehrwöchigen Schliessungen haben vielerorts am Montag wieder kleinere und mittlere Geschäfte geöffnet. Doch in den Bundesländern gelten keine einheitlichen Regeln und Termine zur Wiedereröffnung von Geschäften jenseits des Lebensmittelhandels.

Kritik an unterschiedlichen Regeln:

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte am Montagabend in der ARD über die unterschiedlichen Regeln verschiedener Bundesländer: "Ich halte das nicht für optimal." Kanzleramtschef Braun mahnte: "Wir können die Wirkung unserer Massnahmen nur dann wirklich gut beurteilen, wenn wir gleichzeitig handeln - also in abgestimmten Zeiträumen - und wenn wir im Grossen und Ganzen das Gleiche tun."

Junge-Union-Chef Tilman Kuban forderte als Konsequenz mehr Macht für die Bundesregierung: Die unterschiedlichen Lockerungen der Corona-Massnahmen in den Bundesländern bei Kinderbetreuung, Ladenöffnungen oder Maskenpflicht zeigten nun, dass in besonderen Krisenzeiten mehr Kompetenzen auf Bundesebene gebündelt werden müssten, sagte Kuban der "Rheinischen Post" (Dienstag). "Die Entscheidungen darüber sollten dann jeweils beim Bund und die Ausführung und Kontrolle bei den Ländern liegen. Alles andere verunsichert die Menschen und führt zu Wettbewerbsverzerrungen."

Die Angst vor der zweiten Welle:

Letztlich geht es beim Thema Maskenpflicht auch um die Frage, wie trotz der ersten Lockerungen ein erneuter Anstieg der Infektionszahlen verhindert werden kann. Der Berliner Virologe Christian Drosten warnte am Montag im NDR-Podcast: Wenn die sogenannte Reproduktionszahl nach Lockerung der Massnahmen wieder über 1 kommen sollte - also ein Infizierter wieder mehr als einen anderen Menschen ansteckt -, könne die Epidemietätigkeit in nicht erwarteter Wucht wieder losgehen. Schon Ende vergangener Woche hatte er angesichts von Erkenntnissen aus der Spanischen Grippe vor der Gefahr einer zweiten Welle gewarnt, die nicht mehr nur an einzelnen Orten losrollt.

Bundeskanzlerin Merkel hatte am Montag angesichts von Diskussionen über weitere Lockerungen eindringlich dazu aufgerufen, bei der Einhaltung der Regeln nicht nachzulassen. "Wir dürfen uns keine Sekunde in Sicherheit wiegen", sagte die CDU-Politikerin. In einer Schaltkonferenz des CDU-Präsidiums machte sie nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ihrem Unmut Luft und sprach gar von "Öffnungsdiskussionsorgien" in einigen Ländern.

"Die grösste Gefahr, die besteht, ist, wenn wir zu schnell zu viele Öffnungen machen", sagte Kanzleramtschef Braun in der ARD. "Zu Hause bleiben und Kontakte vermeiden ist einfach. Jetzt müssen wir aber auch darauf achten, dass wir in der Öffentlichkeit Kontakte vermeiden, und das ist die grosse Aufgabe der nächsten Wochen."

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) geht davon aus, dass die verhängten Kontaktbeschränkungen noch länger dauern werden: "Sicher ist mit Monaten zu rechnen und nicht mit Wochen", sagte Kretschmann (Grüne) den Funke-Zeitungen auf eine entsprechende Frage. "Abstandsgebot, keine Gruppen, Hygienemassnahmen werden uns noch lange begleiten."  © dpa

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