Ärzte aus der ganzen Welt haben Erstaunliches festgestellt: Während des Lockdowns aufgrund der Coronavirus-Pandemie gab es vielerorts deutlich weniger Frühgeburten als sonst. Dies bestätigten auch Forschungen aus Irland und Dänemark. Über die Ursachen wird gerätselt. Lag es daran, dass die Schwangeren mehr zur Ruhe kamen oder gibt es andere Gründe?
Die harten Lockdowns rund um den Globus haben bei vielen Menschen Spuren hinterlassen, doch es gibt auch Positives zu berichten. Laut der "New York Times" bemerkten Ärzte auf den Intensivstationen für Neugeborene unabhängig voneinander etwas Seltsames: Die Zahl der Frühgeburten ging zurück, in einigen Fällen sogar drastisch.
Die Mediziner tauschten sich darüber auf medrxiv aus, einem Dokumentenserver für Preprints aus den Bereichen Medizin und Gesundheitswissenschaften. Dort werden wissenschaftliche Fachpublikationen als unbegutachtete Manuskripte vor der formalen Veröffentlichung frei zugänglich gemacht.
Weniger Frühgeburten als weltweites Phänomen
Demzufolge wurde beispielsweise im Einzugsgebiet des University Maternity Hospital Limerick in Irland ein Rückgang von extremen Frühgeburten um 73 Prozent verzeichnet. Hierfür wurden regionale Daten von Januar bis April 2020 mit historischen regionalen und nationalen Daten verglichen. Dabei handelte es sich um insgesamt mehr als 30.000 Geburten.
Ähnliches schrieben Forscher des Statens Serum Institut in Kopenhagen auf Medxriv. Ihr Fazit: Laut dem nationalen Geburtenregister seien während des landesweiten Lockdowns in Dänemark 90 Prozent weniger Babys als extreme Frühgeburten zur Welt gekommen als in den fünf Jahren zuvor. Für die Untersuchung nutzten Dr. Michael Christiansen und seine Kollegen die Daten des Neugeborenen-Screenings. Der Datensatz umfasste mehr als 31.000 Säuglinge.
Auch Ärzte in Australien, Kanada, den Niederlanden und den USA haben laut der "New York Times" ähnliche Beobachtungen gemacht, ohne diese jedoch bislang zu veröffentlichen. Zum Teil hatten sich die Mediziner über den Microblogging-Dienst Twitter ausgetauscht.
Mediziner rätseln über die Ursachen
Die Ärzte wissen jedoch nicht, was den Rückgang der Frühgeburten verursacht hat. Sie können lediglich darüber spekulieren, welche Faktoren dazu beigetragen haben könnten.
- Möglicherweise war es der geringere Stress, dem die werdenden Mütter ausgesetzt waren, beispielsweise weil sie nicht mehr zur Arbeit fahren mussten oder mehr Schlaf bekamen. Unter Umständen erhielten sie auch eine bessere Unterstützung durch die Familie.
- Auch die geringere Luftverschmutzung während des Lockdowns wird als Ursache gemutmasst. Hier wäre die Situation ähnlich wie bei einem Rauchstopp während der Schwangerschaft, der die Gefahr einer Frühgeburt ebenfalls deutlich senkt.
- Ein weiterer Faktor könnte sein, dass sowohl die Mutter als auch das ungeborene Kind während des Lockdowns nicht nur vor dem Coronavirus abgeschirmt, sondern auch vor anderen virale Infekten besser geschützt waren.
Wie dem auch sei – eine tiefergehende Auswertung der Daten könnte für die Erforschung der Ursachen von Frühgeburten durchaus nützlich sein.
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Weltweit häufigste Todesursache kleiner Babys
Zur Info: Eine Schwangerschaft dauert in der Regel rund 40 Wochen. Jede Entbindung vor der 37. Woche gilt als Frühgeburt. Gleiches gilt, wenn das Neugeborene unter 2.500 Gramm wiegt. Nach Angaben der Centers for Disease Control and Prevention sind Frühgeborene, insbesondere vor der 32. Woche, einem höheren Risiko von Seh- und Hörproblemen, Zerebralparese und Tod ausgesetzt.
Als extreme Frühgeburten gelten Kinder, die vor der 28. Schwangerschaftswoche zur Welt kommen und weniger als 1.500 Gramm wiegen. Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge ist eine Frühgeburt die weltweit häufigste Todesursache kleiner Babys und die zweithäufigste Todesursache bei Kindern unter fünf Jahren.
Neben der emotionalen Belastung für die Familien, können auch die Kosten für die oft lebenslangen gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Frühchen hoch sein. "Der beste Weg, diese Kosten zu vermeiden, wäre es, Frühgeburten von vornherein zu verhindern", so Dr. Roy Philip, Neonatologe an der Universitäts-Entbindungsklinik Limerick in Irland, gegenüber der "Financial Times".
Verwendete Quellen:
- Nytimes.com: During Coronavirus Lockdowns, Some Doctors Wondered: Where Are the Preemies?
- Medrxiv.org: Reduction in preterm births during the COVID-19 lockdown in Ireland: a natural experiment allowing analysis of data from the prior two decades
- Medrxiv.org: Changes in premature birth rates during the Danish nationwide COVID-19 lockdown: a nationwide register-based prevalence proportion study
- Rnd.de: Weniger Frühchen während des Lockdowns: Mediziner rätseln über Hintergründe
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