- Gesundheitsminister Jens Spahn hat im Kampf gegen die Corona-Pandemie für bundeseinheitliche Massnahmen geworben.
- Dabei plädiert er abermals für einen Lockdown.
- Spahn und RKI-Präsident Lothar Wieler rufen zudem dazu auf, sich regelmässig testen zu lassen.
- UPDATE vom 09. April, 11:17 Uhr: RKI rechnet ab Mitte nächster Woche wieder mit zuverlässigeren Corona-Zahlen.
Gesundheitsminister
"Ich empfehle uns allen, den Parteienstreit - Wahljahr hin oder her - herunterzufahren und uns auf das Wesentliche zu konzentrieren, die Bekämpfung der Pandemie", sagte Spahn am Freitag in Berlin. "Es braucht einen Lockdown, um die aktuelle Welle zu brechen."
So ernst ist die Situation tatsächlich
Eine Bund-Länder-Runde sei eigentlich das richtige Format, um neue Massnahmen zu beschliessen. "Aber wenn manche schon die Einschätzung der Lage nicht teilen, dann wird es natürlich schwierig", kritisierte Spahn.
Die für Montag geplante Bund-Länder-Runde zu verschieben und nur eine kurze Rücksprache zu halten, reiche angesichts der Infektionslage jedenfalls nicht aus.
Spahn betonte, die aktuellen Infektionszahlen seien bereits sehr hoch, spiegelten wegen der Oster-Feiertage aber womöglich noch nicht einmal das wirkliche Infektionsgeschehen wider. In den Krankenhäusern zeige sich, wie ernst die Situation tatsächlich sei.
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Nach Daten vom Freitag haben die Gesundheitsämter in Deutschland dem RKI binnen eines Tages 25.464 Corona-Neuinfektionen gemeldet, gut 3.500 mehr als vor einer Woche. Zudem wurden innerhalb von 24 Stunden 296 neue Todesfälle verzeichnet, gut 60 mehr als vor einer Woche. Das RKI geht jedoch davon aus, dass sich in den Ferien meist weniger Menschen testen lassen, was zu einer geringeren Meldezahl an die Gesundheitsämter führe.
RKI: Ab Mitte nächster Woche wieder zuverlässigere Corona-Zahlen
Nach dem Verzug bei Tests und Meldungen rechnet das Robert-Koch-Institut (RKI) ab Mitte nächster Woche wieder mit verlässlicheren Daten zur Pandemie. Das sagte RKI-Präsident Lothar Wieler. "Die Fallzahlen und auch die Sieben-Tage-Inzidenzen sind im Moment nicht so zuverlässig, wie wir es gerne hätten." Das liege hauptsächlich daran, dass es über die Feiertage weniger Arztbesuche gegeben habe.
Wieler betonte, es gebe aber ausreichend weitere Daten, die Aufschluss über die tatsächliche Situation gäben. "Diese Entwicklung zeigt leider, dass die Lage sehr, sehr ernst ist." Nach Daten aus rund 70 Kliniken bundesweit müssten immer mehr und auch immer jüngere Menschen wegen schweren Atemwegsinfektionen in Krankenhäusern behandelt werden. Die Intensivstationen füllten sich rasant.
"Wir befinden uns in der dritten Welle, ausgelöst durch die Variante B.1.1.7." Diese sei noch ansteckender, noch gefährlicher und dadurch schwer einzudämmen. Es würden zwar immer mehr Menschen geimpft, aber es werde noch dauern, bis die Impfungen einen Effekt auf der Bevölkerungsebene zeigten. Er rief dazu auf, Impfangebote wahrzunehmen.
Spahn sieht Impfstart bei den Hausarztpraxen positiv
Den Einstieg der Hausarztpraxen in die Corona-Impfungen beurteilte der Bundesgesundheitsminister als positiv. "Beim Impfen sind wir auf einem guten Weg. In den vergangenen Tagen wurden so viele Menschen geimpft, wie nie zuvor", sagte Spahn. Demnach hatte es am Donnerstag mit 719.000 Impfungen an einem Tag einen weiteren Tagesrekord gegeben.
Dieser Anstieg in den vergangenen Tagen sei darauf zurückzuführen, dass einerseits mehr Impfstoffe verfügbar gewesen seien und auch die Hausärzte in die Corona-Impfungen eingestiegen seien.
Demnach hätten Stand Freitagmorgen 14,7 Prozent der Deutschen eine erste Impfung erhalten. Insgesamt verabreicht wurden laut Spahn seit dem Start der Impfkampagne im Dezember damit rund 17 Millionen Impfdosen.
In den ersten zwei Wochen würden die Arztpraxen mit dem Impfstoff von Biontech beliefert, bekräftigte Spahn. Ab Mitte April gebe es etwa zur Hälfte Biontech und zur Hälfte Astrazeneca, später auch den Impfstoff von Johnson & Johnson. Biontech liefere bisher sehr verlässlich und auf den Wochentag genau. Das habe man bei den anderen Herstellern noch nicht erreicht, hier sei teils nur die Lieferwoche bekannt, nicht aber der Tag.
Spahn bekräftigte ausserdem, dass das Risiko, dass vollständig Geimpfte das Virus weitergeben, noch geringer ist als bei negativ Getesteten. "Das heisst, wir können jeden, der die zweite Dosis erhalten hat zwei Wochen später so behandeln, als hätte er gerade aktuell einen negativen Test gemacht." Das sei kein Privileg oder Sonderrecht. "Jeder kann sich kostenlos testen lassen."
Spahn ruft Beschäftigte zum Testen in Unternehmen auf
Der Bundesgesundheitsminister rief Beschäftigte zudem dazu auf, sich in ihren Unternehmen häufiger auf SARS-CoV-2 testen zu lassen. Es sei wichtig, dass die Firmen kostenlose Tests anböten - aber mindestens ebenso wichtig sei, dass die Mitarbeiter diese auch nutzten.
Derzeit nutzten nur etwa 20 bis 40 Prozent der Beschäftigten regelmässig die Möglichkeit, "auch in Unternehmen, die das sehr grosszügig anbieten".
RKI-Präsident Wieler betonte, durch Tests könnten Infizierte früher erkannt werden. "Das geht aber nur, wenn die Tests in einer bestimmten Frequenz sind." Schutzmassnahmen dürften trotz der Tests aber nicht aufgegeben werden. "Wir können das Virus nicht wegtesten", sagte er. (ff/ank/dpa)
Dieser Artikel wurde erstmals am 09. April um 10:45 Uhr veröffentlicht und später aktualisiert.
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