Kommt eine Mundschutzpflicht auch für Deutschland? Der Präsident des Robert-Koch-Instituts und ein Infektiologe erklären, wann man einen Mundschutz tragen sollte, warum auch selbstgebastelte helfen und was der entscheidende Unterschied zu Schutzmasken ist.
Mundschutz in der Öffentlichkeit: Ja oder nein? Angesichts der in Österreich eingeführten Mundschutzpflicht in Supermärkten stellen sich nun auch in Deutschland viele diese Frage. Bundesweit gibt es dazu noch keine Regelung, erste Städte haben allerdings für öffentliche Gebäude bereits eine solche Regelung erlassen.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) sieht in Deutschland zwar derzeit keine Notwendigkeit für eine Mundschutzpflicht. Allerdings könne ein Mund-Nasen-Schutz für andere durchaus hilfreich sein.
"Es hängt vom Material ab", sagte RKI-Präsident Lothar Wieler am Dienstag. Auch ein selbstgebastelter Schutz halte Tröpfchen zurück, wenn man huste oder niese. "Deswegen ist er für den Schutz von anderen von Relevanz."
Wieler kritisierte, dass in der Öffentlichkeit meist nicht zwischen einer Sicherheitsmaske (Atemschutzmaske) und einem Mund-Nasen-Schutz (kurz Mundschutz) unterschieden werde:
- Eine Sicherheitsmaske umschliesst vollständig Nase und Mund und besitzt eine von drei Schutzkategorien, die professionellen Schutz vor Krankheitserregern oder schädlichen Stoffen in der Luft bieten. Spezialmasken ab Klassifikation FFP2 (FFP steht für "filtering face piece"), die "wirklich Viren abhalten", müssten vor allem von medizinischem und Pflegepersonal getragen werden, um sich optimal zu schützen, betonte Wieler.
- Anders ein Mund-Nasen-Schutz: Ein solcher kann auch selbst hergestellt sein. Anders als ein Atemschutz, der den Träger selbst schützt, halte ein Mundschutz Tröpfchen zurück, die das Virus übertragen könnten. Wieler erklärte: "Der Mund-Nasen-Schutz dient vor einer Infektion anderer, wenn man selbst infiziert ist. Das ist sinnvoll, das empfehlen wir."
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WHO: Kein Nutzen im allgemeinen Mundschutztragen
Ähnlich wie das RKI sieht auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Kampf gegen die Ausbreitung des Virus keinen Nutzen im allgemeinen Mundschutztragen. Es gebe keinerlei Anzeichen dafür, dass damit etwas gewonnen wäre, sagte der WHO-Nothilfedirektor Michael Ryan. Vielmehr gebe es zusätzliche Risiken, wenn Menschen die Masken falsch abnehmen und sich dabei womöglich infizieren.
Infektiologe Johannes Bogner sieht das anders. "Es sollte eigentlich niemand mehr ohne Mund- und Nasenschutz unterwegs sein", betonte der Leiter der Sektion Klinische Infektiologie des Klinikums der Universität München in einem Interview mit unserer Redaktion.
Bogner bezeichnete es als "gefährliche Fake News", dass ein Mund-Nasen-Schutz nichts nütze. "Es ist doch logisch, dass ein Schutz vor Mund und Nase dagegen hilft, dass man das Virus einatmet. Selbst ein einfacher Papier- oder Textilschutz ist besser als nichts", sagte der Mediziner.
Bereits deutlich über 60.000 Corona-Infizierte in Deutschland
Das RKI gab die Zahl der in Deutschland nachweislich mit dem Coronavirus infizierten Menschen am Dienstag mit 61.913 an - ein Plus von 4.615 seit dem Vortag. Die in der US-Stadt Baltimore ansässige Johns-Hopkins-Universität (JHU) meldete 67.051 bestätigt Infizierte. Das RKI, das nur die elektronisch übermittelten Zahlen aus den Bundesländern berücksichtigt, registrierte bislang 583 Todesfälle, die JHU 650 Tote.
Neben einer schweren Lungenentzündung kann der Erreger SARS-CoV-2 offensichtlich auch Herzschäden verursachen. Bei einem Teil der Patienten komme es zu Herzmuskelentzündungen, sagte RKI-Präsident Wieler mit Blick auf Berichte aus Italien. Es gebe Hinweise, dass das Virus diese Entzündung hervorrufe.
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Auch die Deutsche Herzstiftung und der Berufsverband Deutscher Internisten verwiesen bereits darauf, dass die Infektion für Menschen etwa mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit einem höheren Sterblichkeits- und Komplikationsrisiko verbunden sei. Generell stellten bakterielle oder virale Infektionen eine zusätzliche Belastung für das Herz-Kreislauf-System dar. Diese Zusatzarbeit könne ein durch Erkrankung geschwächtes Herz überfordern. (afp/mf)
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